Squealer-Rocks.de CD-Review
Nazareth - Tattooed on my Brain

Genre: Rock
Review vom: 11.10.2018
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 12.10.2018
Label: Frontiers Records



Manche Dinge entwickeln sich echt anders als man denkt - und manchmal sogar zum Guten! Die Vorzeichen für ein neues Nazareth Album hätten schlechter nicht sein können. Die Kernfrage lautet natürlich: Darf eine Naz Scheibe ohne Dan McCafferty am Gesang überhaupt unter diesem Banner erscheinen?

Simple, wenn auch überraschende Antwort: YES! Doch der Reihe nach: Die letzte Scheibe mit Dan am Gesang war kein überzeugender Abschied, wie ihn dieser Ausnahmesänger verdient gehabt hätte. Es war einer der, wenn nicht DIE schlechteste Nazareth Platte überhaupt. Ideenlos, blutleer - nicht das, was man sich als Abschluss von einer der größten und einflussreichsten Hardrock Bands aller Zeiten gewünscht hätte.

Von daher überrascht es umso mehr, mit welcher Vielfalt, enormem Ideenreichtum und vor allem mit welcher Spielfreude die Schotten auf ihrem 24. Langeisen zu Werke gehen.
Klar, es ist für den Fanboy schon harte Kost, nach 50 Jahren eine andere Stimme zu hören. Doch Carl Sentance macht den Job mehr als perfekt (übrigens mit dem Segen von Dan McCafferty).
Live überzeugt der Frauenschwarm schon lange, veredelt jede Show durch seine tolle Performance und pariert die von Dan McCafferty geprägten Klassiker mit Bravour.
Das Gute: Er kopiert nicht, er klingt eben anders. Seine Vocals sind höher und klarer; natürlich vermisst man die 100 Kippen pro Tag und das Malzgetränk in der Stimme des Barden, was ja stets ein Trademark der Legende war.

So, jetzt ist aber auch gut mit der Nostalgie, kümmern wir uns um das aktuelle Produkt aus Dunfermline.
Allen üblen Befürchtungen zum Trotz donnert der Opener so fett ins Gehör, dass mir fast das Scotish Ale aus der vergilbten Flosse fällt! „Never dance with the Devil“ erinnert dezent an „Miss Misery“ aus den seligen 70ern, kommt dabei extrem hart rüber und man könnte sogar an Led Zep Sachen denken.
Der nachfolgende Titelsong ist DIE Überraschung schlechthin! Bandboss Pete Agnew ist 72 (!) Jahre alt und wummert sich durch eine flotte Nummer, die auch von Billy Talent stammen könnte!
Das absolut Tolle ist, dass die Nummer keineswegs bemüht oder verkrampft nach Trend klingt. Ich mutmaße mal, dass Petes Sohn - an den Drums - hier Hauptsongwriter war.

Die gute Nachricht für alle Naz Traditionalisten: Es bleibt bei diesem einen Ausreisser in die Moderne!
Obwohl: Die einzige Überraschung ist der Song nicht: Der Rausschmeisser „You call Me“ ist eine gaaaaanz ruhige Nummer, die in punkto Atmosphäre ganz schwer an Johnny Cashs „American Recordings“ denken lässt. Schwermütig, fast depressiv, aber einfach wunderbar.

Und natürlich – und zum Glück! - gibt es auch wieder typische Mitsing kompatible Nummern, die in den güldenen 80ern auf MTV rauf und runter gelaufen wären. „Rubik's Romance“ und „Pole to Pole“ sind zwei Kandidaten, die auch den coolsten Altrocker dazu zwingen, das Raucherbein beim Tanz zu schwingen.

Sicher – nicht jede der 13 Nummern ist ein Volltreffer, aber Ausfälle gibt es auch nicht zu vermelden. So erinnert der Ohrwurm „Don't throw Your Love away“ gar an U.S. Bands wie Lillian Axe und streift ganz leicht gar den Metal Bereich. Das war so nicht zu erwarten.

Soooo ---das erste Album ohne Dan! Klar, es wird nie wieder so, wie es mal war. Aber wenn es so bleibt, ist alles gut. Die Scheibe ist erdig und sauber produziert, strahlt eine ungeheure Energie aus, und vermengt Tradition und eine leicht moderne Attitüde perfekt.
Für mich das beste Naz Album seit „The Newz“ – und mindestens genauso gut!

Bleibt nur die Hoffnung, dass auf der kommenden Tour ordentlich Stücke von diesem Klopper gespielt werden.
Für mich DIE Überraschung 2018 und neben dem aktuellen Uriah Heep Dreher ein erneuter Beweis dafür, das sich alle Jungbands, die auf Retro machen, gaaaaanz hinten anstellen müssen, wenn die gestandenen Herren ihr Handwerk ausüben!!!

Tracklist:
1. Never Dance With The Devil
2. Tattooed On My Brain
3. State Of Emergency
4. Rubik’s Romance
5. Pole To Pole
6. Push
7. The Secret Is Out
8. Don’t Throw Your Love Away
9. Crazy Molly
10. Silent Symphony
11. What Goes Around
12. Change
13. You Call Me

Line Up:
Pete Agnew - Bass
Carl Sentance - Vocals
Jimmy Murrison – Guitar
Lee Agnew - Drums

DISCOGRAPHY:

1971 - Nazareth
1972 - Exercises
1973 - Razamanaz
1973 - Loud'N'Proud
1974 - Rampant
1975 - Hair of the Dog
1976 - Close Enough for Rock'n'Roll
1977 - Playin' the Game
1977 - Expect no Mercy
1979 - No Mean City
1980 - Malice in Wonderland
1981 - The Fool Circle
1981 - It's Snaz (live)
1982 - 2XS
1983 - Sound Elixir
1984 - The Catch
1986 - Cinema
1989 - Snakes'N'Ladders
1991 - No Jive
1994 - Move Me
1998 - Boogaloo
2001 - Home Coming (live)
2008 - The Newz
2009 - The Anthology
2011 - Big Dogz
2011 - The Naz Box
2014 - Rock'n'Roll Telephone
2018 - Tattooed on my Brain

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