Squealer-Rocks.de Live-Review
Uriah Heep und Nazareth (24.05.2011, Oberhausen, Turbinenhalle, maddin)

Na, wer sagt’s denn? In Zeiten, in denen überhöhte Ticketpreise zu einem echten Problem geworden sind, bekommt man gleich 2 britische Rock Legenden, nebst angesagtem Newcomer und gut 4 Stunden Live Mucke für unter 40 Euro geboten. Gut 1000 Zuschauer wussten dieses Angebot zu schätzen und schufen eine stimmige Atmosphäre in der baufälligen Turbinenhalle zu Oberhausen. Von dem maroden Zustand mal abgesehen bietet der Saal jedoch gute Konditionen für ein Konzert. Die Halle ist schön breit, an beiden Seiten mit Tränken ausgestattet und zudem ist die Akustik dort stets ausgezeichnet. Beste Voraussetzungen also für einen netten Freitagabend. Doch „nett“ war es garantiert nicht, eher…,doch der Reihe nach:

Bereits Zehn Minuten vor dem offiziellen Beginn stürmten die Newcomer The Brew die schön große Bühne. Im UK ist das Trio zur Zeit mächtig angesagt und man muss den Jungspunden neidlos eine perfekte, sehr energiegeladene Performance bescheinigen. Überdies wurde dem Support ein satter Sound und eine ordentliche Lightshow zugestanden, was wiederum für die Souveränität der beiden Headliner spricht, die keine fiesen Mätzchen gegenüber ihren Vorbands nötig haben.
Das schlug sich auch in der Spielzeit nieder: Der Retro - Rock von The Brew, der an Truppen wie Them Crooked Vultures oder Queen of the Stone Age erinnert, stieß bei einem Großteil des Publikums durchaus auf Begeisterung. In Anbetracht des Legendenstatus, den Uriah Heep und Nazareth besitzen, darf man die Reaktionen des gesetzten Publikums schon fast euphorisch nennen. Zugaben wurden lautstark gefordert und am Ende kam man auf 65 Minuten Spielzeit.

Nach einer nur 15 – minütigen Umbaupause ertönte dann das altbekannte schottische (Braveheart -) Intro und gewohnt relaxt enterten Nazareth die Bühne. Völlig konträr dazu der mächtig harte Sound, den die Nazty Gentlemen boten. Der überraschende Opener hieß „Silver Dollar Forger“ vom 1974er Output „Rampant“. Nicht die einzige Neuerung in der Naz - Setlist. Mit „Changin Times“ und „Morning Dew“ fanden sich zwei weitere Tracks, die in den letzten Jahren quasi nie, bzw. eher selten gespielt wurden.
Der aktuelle Output „Big Dogz“ wurde dreimal zitiert, wobei überraschenderweise das extrem düstere und unheimlich intensive „When Jesus Comes to Town“ beinahe als Gewinner des Abends durchging. Es war fast gespenstisch, wie konzentriert und fasziniert das Publikum diesem dramatischen Song still zuhörte und am Ende eine wahrer Orkan im Publikum losbrach.
Nicht zuletzt auch (wieder mal) ein Verdienst von Dan McCafferty, der anscheinend mit zunehmendem Alter immer besser singt (nur die Sache mit dem Bart, die sollte der sympathische Schotte noch einmal überdenken…).

Der Rest der Band ließ, wie gehabt, ebenfalls nichts anbrennen und bewies, dass man auch mit sehr eingeschränktem Bewegungsradius ein durchaus charismatisches Stageacting auf die Bretter zaubern kann. Dennoch muss man bei aller Begeisterung eingestehen, dass die Songauswahl speziell für diesen Rahmen etwas unglücklich gewählt war. Nahezu zwei Drittel des Publikums bestand nun einmal aus beinharten Uriah Heep Fans, denen, abgesehen von den Highlights, vieles zu sperrig vorkam.
So hätten Naz besser daran getan, mehr „catchy“ Tracks wie „Telegram“, „Holiday“, „Shangai’d in Shanghai“ oder „My White Bicycle“ ins Programm aufzunehmen. Damit wäre so mancher Stimmungseinbruch sicherlich zu vermeiden gewesen.
Sei’s drum – die 75 Minuten werden dennoch jedem Besucher in guter , den Hardcore Fans der besten Rock’n’Roll Band aller Zeiten gar in phänomenaler Erinnerung bleiben.

Kein Zweifel, Nazareth sind die beste Rock’n’Roll Band aller Zeiten. Und nach diesem Abend stimmen mir garantiert über 1000 Leute zu, dass der Titel für die beste Hardrock Band aller Zeiten nur an die Truppe um Mick Box gehen kann.

Was sich nach einer erneut erfreulich kurzen Umbaupause dann 110 Minuten lang auf der Bühne abspielte, ist eigentlich nicht in Worte zu fassen. Uriah Heep legten fulminant mit „I’m Ready“ vom aktuellen, grandiosen Output "Into the Wild" los und spätestens nach „Return to Fantasy“ hatte man als Zuschauer nur noch die Wahl zwischen ungläubigem Staunen oder unkontrolliertem Abzappeln.
Eine regelrechte Soundwand schien uns zu erdrücken – mächtig, aber glasklar.

Mastermind und Obersympathikus Mick Box gab – mit Sonnenbrille – den altbekannten Wizard an der Gitarre, Trevor Bolder den typischen Ruhepol am Bass, Phil Lanzon wollte mit aller Macht beweisen, dass man auch als Keyboarder richtig Stimmung machen kann und Drummer Russel Gilbrook ist eine Liga für sich. Nicht umsonst wurde sein unterhaltsames Drum – Solo schon nach dem 5. Song platziert.
Und dann war da noch er: Bernie Shaw. Der Mann ist zweifellos der beste lebende Hardrock Sänger unter der Sonne! Der Kanadier traf wirklich jeden – JEDEN! – Ton, nicht ohne dabei wie ein Irrer über die Bühne zu toben und selbst bei langen Instrumental - Passagen den Entertainer zu geben. Ein echtes Ereignis!

Das I – Tüpfelchen war die herrliche Setlist. Alte und neue Songs gaben sich im Wechsel die Klinke in die Hand – alles klang wie aus einem Guss. Dargeboten von einer super – professionellen und super – sympathischen und super – spielfreudigen lebenden Legende. Wie sagte der Fan neben mir: „Besser kann man Hardrock nicht machen!“ Recht hat der Mann!

Ein wahrlich denkwürdiger Abend, dem nur ein Makel anhaftet: Warum, verdammt nochmal, gibt es solche Konzerte nicht mindestens einmal im Monat???
Setlist: