Ross the Boss und Ancillotti (10.03.2017, Essen, Turock, maddin)
Man ist doch immer wieder erstaunt, wie sehr die Wahl des Wochentags für die Zuschauerzahl bei einem Konzert entscheidend ist.
Mussten sich Almanac an einem grauseligen Mittwoch mit gut 100 Leuten zufrieden geben, konnten vor Wochenfrist Majesty und Battle Beast das Essener Turock ausverkaufen und auch am gestrigen Freitag war der Laden sehr gut gefüllt.
So konnten Ancillotti um Punkt 20 Uhr in einem schon recht ordentlich frequentierten Saal ihren einstündigen (!) Gig starten.
Ancillotti? Nie gehört! Das ging nicht nur mir so, denn außer Jörg Müller von „The Pit.de“ (wenn DER eine Band nicht kennt, dann gibt’s die auch nicht!) waren die Italiener wohl niemadem im Saal bekannt.
Und der Start lief leider alles andere als gelungen ab, was aber nicht an der absolut tollen Performance der Band, sondern am anscheinend völlig überforderten Mann am Mischpult lag. Gitarre? Fehlanzeige! Gesang? Na, eher halbgar! Nur Drums und ein völlig überstersteuerter Bass waren zu hören und hielten dementsprechend die Begeisterung im Auditorium in Grenzen.
Applaus gab's trotzdem, weil die Truppe eine unglaublich sympathische Ausstrahlung hat, wie ich sie selten erlebt habe.
Nach dem dritten Song jedoch - und zahlreichen Beschwerden ans Mischpult! - wurde der Sound richtig gut und die Band konte endlich auch mit ihrer Musik Punkte sammeln.
Ancillotti machen Hardrock / Metal der alten Schule mit vielen NWOBHM Anleihen und erinnern mich an alte Praying Mantis, Demon, Y&T oder auch Battleaxe. Heisst, viele tolle Melodien, die aber niemals ins plüschige AOR Lager wechseln. Etwas kauzig zuweilen, auch nicht immer Champions League, aber absolut hörbar und on stage (und auch daneben!) sind die alten Recken aus Italy ein Gewinn und bringen eine Menge Spaß!
Und dann? Dann kam der Boss! Der Ross! (um mal im Dieter Thomas Heck Modus zu bleiben!). Komischerweise gab sich der Boss gar nicht so sehr als „Boss“ - nein - -dort stand wirklich eine Band auf der Bühne! Und bereits beim Opener „Blood of the Kings“ wurde deutlich, wer der „Chef“ (irgendwann ist das Wort „Boss“ halt überstrapaziert) auf der Bühne ist.
Sänger Marc Lopes ist kein zweiter Eric Adams, nein, er hat eine völlig andere Stimmlage. Ich würde ihn eher mit Johnny Gioelli vergleichen - -und genauso hyperaktiv ist der Mann auf der Bühne. Er hat die Songs nicht gesungen, er hat sie gefühlt! Und er hat das Publikum mitfühlen lassen.
Er hat gar nicht erst versucht, dem Metal Klischee zu entsprechen. Keine Nietenarmbänder, keine Kutte, ein schlichter schwarzer Pulli und seine Stimme, mehr nicht! Und das hat gereicht!
Als er bei „Thor (The Powerhead)“ mit dem Publikum wirklich JEDES Wort zelebriert hat, da habe nicht nur ich vor Freude geweint!
Die Tränen flossen weiter, als dann noch „Sign of the Hammer“ geboten wurde.
Echt, ohne Scheiss - ich habe jetzt beim Schreiben noch Entenpelle!
Und der Boss? Er ging total auf in seiner Mucke – auch, wenn sein ca. 10 minütiges Solo zu sehr in psychedelische Pink Floyd Gefilde abgedriftet ist.
An den Drums bot Ex – Manowar Kesselklopper Kenny „Rhino“ Earl ein saftiges Fundament für Songs wie „Metal Daze“ oder „Hail to England“.
Am Bass bewies Mike LePond von Symphony X, dass man gut spielen und trotzdem nett sein kann.
Bei Kloppern wie „Kill with Power“ oder ganz alten Sachen wie „Death Tone“ hat man gemerkt, wie sehr die Meute diese Sachen quasi in sich aufgesogen hat. Ich habe selten so eine fast schon sakrale Stimmung in einem Publikum gespürt.
Keiner von denen, die gestern da waren, wollen sich das aktuelle, überteuerte Kasperle – Theater namens Manowar anschauen – sie wollen METAL! Und den bekommen sie vom Boss!!!
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass sich beide Bands anschliesend unter das Volk mischten und sich für jedes Selfie, für jedes Lob, für jeden Händedruck herzlich bedankt haben.
SO geht Metal, Mr. DeMaio!
Setlist Ross the Boss:
1. Blood of the Kings
2. Death Tone
3. The Oath
4. Blood of my Enemies
5. Kill with Power
6. Thor (The Powerhead)
7. Each dawn I die
8. Gloves of Metal
9. Sign of the Hammer
10. Dark Avenger
11. Fighting the World
12. Metal Daze
13. Battle Hymn
14. Hail and Kill
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