Squealer-Rocks.de Live-Review
Nazareth und Tri State Corner (01.03.2008, Essen, Weststadthalle, maddin)

Nazareth gehören neben Status Quo zu den alteingesessen Institutionen, die ihre Fans hier in Germany nahezu jährlich mit einer Gastspielreise beehren. Eigentlich ist ein Naz Konzert also nichts besonderes mehr, eher eine Art angenehmer Routine. Auch das Motto „40Th Anniversary Tour“ war nun nicht sonderlich originell, denn die Schotten bestücken ihr Live Set eh hauptsächlich mit den Hits aus den 70ern. Es war das zeitgleich mit Beginn der Deutschland Tournee veröffentlichte Album „The Newz“, welches Spekulationen über das Programm auslöste. Der neue Output der Herren ist nämlich ein kleines Meisterwerk und kann es locker mit alten Klassikern aufnehmen. Werden die neuen Songs also auch auf der Bühne ihre verdiente Würdigung erfahren? Antwort wird vertagt, denn....


...um genau 20 Uhr stürmten zunächst die Jungs von Tri State Corner die ausladende Stage. Und die Multi Kulti Truppe passte als Support zu Nazareth ungefähr so gut, wie ich auf eine Kundgebung gegen das Bier trinken.
Die jungen Burschen (lediglich Ex Rage Drummer „Efti“ passte alterstechnisch zum Publikum) wirkten optisch eher wie für deutlich jüngere Linkin Park Fans zugeschnitten. Wobei ich auch schon mal eine kleine musikalische Parallele genannt habe. Man kann den Stil der Band wohl ohne schlechtes Gewissen als Modern / Nu Metal bezeichnen. Das die Band wider Erwarten nach 45 Minuten als Sieger vom Feld ging und einen beachtlichen Teil der Leute auf ihre Seite gezogen hatte, lag an genau drei Dingen:
1. Ihre Idee, griechische Elemente wie bspw. die Buzuki in ihren Stil mit einzubeziehen ist nicht nur originell, sie funktioniert auch bestens. Wirklich stark, dieser „Gyros Metal“.
2. Tri State Corner legen eine Spielfreude an den Tag, die einfach ansteckend ist. Vor allem Sänger Lucky ist ein Frontmann allererster Güte. Er springt in den Fotograben, animiert ständig zum mitklatschen und hat zudem eine sehr sympathische Ausstrahlung nebst einer tollen Stimme.
3. Die Musik ist einfach gut! Die Mischung aus Härte und Melodie lässt öfters an Bands wie Disturbed denken und erreicht streckenweise auch deren Niveau. Daumen hoch für Tri State Corner!

Doch bei aller Wertschätzung für die Nachwuchs Rocker: Als das altbekannte schottische Folk Intro lief und das Licht im Saal ausging, waren die Burschen längst vergessen. Die Legende betrat gemächlichen Schritts die Bühne und legte mit „Beggars Day“ überraschend hart los.
Es ist einfach unglaublich, dass Dan Mc Cafferty diese Nummer heutzutage mit seinen 60 Jahren noch besser singt, als vor 27 Jahren auf der legendären „Snaz“ Live Scheibe.
Doch was war denn gestern mit unserem Dan los? Nach dem zweiten Song sorgte seine Ansage für Verwirrung und Erheiterung im Publikum: „The next song is from the new album and it is called „Keep on Travellin'“. Diese Nummer hatte die Band jedoch gerade vorher gespielt! Im Auditorium machten Begriffe wie „Altersdemenz“ und „besoffen“ die Runde. Der Gute kriegte dann aber noch die Kurve und leitete mit seiner berühmten „a song from 150 years ago“ Ansage den wohl besten Nazareth Song „Razamanz“ ein und alles war wieder in Ordnung. Bis auf diesen kleinen Fauxpas kann man dem Sänger ohnehin nichts vorwerfen. Seine Kommunikation mit den Fans war wie immer toll und sein schottischer Humor ist stets eine Bereicherung für Naz Konzerte.

Tatsächlich steckte die Setlist, von den unvermeidbaren Standards mal abgesehen, voller Überraschungen. Ganze 4 Songs vom neuen Album wurden gespielt, deren Auswahl jedoch nicht unbedingt glücklich war. Das schwermütige „The Gathering“ zu spielen, war wohl eher unklug. Der Track ist zwar absolut toll, aber man braucht selbst in der Studio Fassung mehrere Durchläufe, um Zugang zu dieser Nummer zu finden. Die quasi nicht vorhandenen Publikumsreaktionen hierbei dürften wohl auch dazu führen, dass der Song in Zukunft vielleicht nicht mehr gespielt wird.
Die anderen neuen Stücke kamen dafür umso besser an, auch wenn viele Fans tatsächlich nur wegen den alten Gassenhauern gekommen waren.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass die Stimmung bei „Love Hurts“ den Siedepunkt erreichte. Auch das ziemlich früh gespielte „This Flight Tonight“ war ein Stimmungsmacher. Es sind halt die großen Single Hits, die die Leute hören wollen.
Die Hardcore Fans hatten dafür ihren Spaß bei dem knochenharten „Expect No Mercy“ und - auch eine Überraschung – dem grandiosen „Big Boy“.

Der Sound war wirklich erstklassig. Laut, aber glasklar. Die Lightshow war in Ordnung und die Stimmung in der gut gefüllten Weststadthalle auch.
Und dann war da noch ER! Pete Agnew am Bass! Die personifizierte Spielfreude, der Inbegriff von Sympathie. Dieser Mann spielt Uralt Songs, die er bestimmt schon im Schlaf zocken kann, mit einer solchen Verbissenheit und Genauigkeit, dass man sofort merkt: ein Vollblutmusiker, in dessen Adern tatsächlich kein Blut, sondern Rock'n' Roll fliesst.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Pete und sein Kumpel Dan nicht so schnell in Rente gehen und uns noch viele Jahre erhalten bleiben.
Denn solche Konzerte wie gestern, die sind es, die machen das Leben lebenswert.

Setlist:
Beggars Day
Keep on Traveling
Razamanaz
This Flight Tonight
A Day at The Beach
My White Bicycle
Big Boy
Enough Love
Bad Bad Boy
Whisky Drinking Woman
The Gathering
Love Hurts
Hair of the Dog
Expect No Mercy
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Dream on
Morning Dew