Squealer-Rocks.de CD-Review
Nazareth - The Newz

Genre: Rock
Review vom: 27.02.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 29.02.2008
Label: Edel



Fast genau 10 Jahre musste die Naz Fangemeinde auf ein neues Album von Schottlands bester und bekanntester Band warten. Die altehrwürdige Rock – Institution hat aber dennoch keineswegs auf der faulen Haut gelegen. Zunächst mal galt es 1999 den Tod von Drummer und Gründungsmitglied Darrell Sweet zu verkraften und die Band stand kurz davor, sich aufzulösen. Schließlich wurde mit Pete Agnews Sohn Lee ein Nachfolger gefunden, der würdig war, das schwere Erbe anzutreten. Von da an ging es so ziemlich jedes Jahr auf ausgedehnte Tourneen. Bis zu 8 Monate am Stück verbringt die Truppe auch heute noch auf Konzertreisen, die sie von Kanada über Norwegen bis in die Mongolei führen. Zwar waren und sind die Herren von der Insel auch bei uns oft und flächendeckend unterwegs, dennoch nimmt die Sehnsucht nach neuem Studiofutter langsam schmerzhafte Züge an.
Folgerichtig bergen große Erwartungen auch die Gefahr von Enttäuschungen, doch: Hey – wir sprechen hier von Nazareth!

Ich muss allerdings gestehen, dass die ersten beiden Durchläufe von „The Newz“ für mich zwar nicht enttäuschend, aber doch etwas verwirrend waren. Keine Angst, Stilbrüche sind nicht zu vermelden. Die neuen Songs sind weitgehend immer noch die typische Naz Mischung aus erdigem Rock, fettem Blues, ein paar Hardrock Anleihen und den markanten ruhigen Tönen. Es war die Produktion, die mir fast etwas antiquiert erschien. Auch wollte nicht jede Nummer sofort zünden. Aber bei Runde Numero drei fielen sämtliche Groschen:
Der Titel mit der markanten „Z“ Schreibweise; die Tour unter dem Motto „40 Years of Nazareth“. Na klar!! Die schottischen Gentlemen tun genau das, was man nach 4 Dekaden Musikgeschichte tun kann: Sie huldigen sich selber. Sie klingen nicht antiquiert, sondern im besten Sinn old fashioned. Für dieses Klanggewand würden dutzende skandinavische Retro Kapellen töten. Doch Nazareth sind nicht Retro, sie haben diesen Stil erfunden! Wer wissen will, wo Guns'n'Roses, The Quireboys und all die anderen ihre Einflüsse her haben, der bekommt hier eine Nachhilfestunde Rockologie in 13 Lektionen.

Nostalgie Sound hin oder her, eine Kopie vergangener Großtaten ist „The Newz“ mitnichten.
Es gibt sogar ungewohnte Elemente zu hören. „The Gathering“ bspw. ist ein Track, der aufgrund seiner düsteren Atmosphäre in der Tat mehrere Durchgänge braucht, bis er im Gehör einen Stammplatz einnimmt. So dermaßen Heavy, fast schon doomig, hat man die Truppe noch nie gehört. Auch wüsste ich nicht, vorher jemals eine Double Bass Einlage bei Naz vernommen zu haben. Nebenbei sei noch erwähnt, dass Dan McCafferty sich hier die Seele aus dem Leib brüllt, wie seinerzeit bei „Beggars Day“.
Auch der – mutig gewählte – Opener „Goin' Loco“ wirkt zunächst etwas sperrig und mutet wie eine Metal – Blues Nummer an. Selbiges gilt für „Liar“. Die Gitarre scheint, trotz altbekannter Blues Standards, irgendwie tiefer gestimmt zu sein. Doch wie gesagt: Die Verwunderung wird der Faszination weichen.

Drei Exoten sind dann auch genug und ganze zehn Mal darf man entzückt Zeuge davon sein, was eine Legende von einer normalen Band unterscheidet. Gute Laune Songs mit ordentlich Scotish Folk wie „See Me“ oder das ultracoole, wippende „Loggin' On“, bei dem KEINER sitzen bleiben wird, fehlen ebenso wenig wie fast poppige Stücke mit einer kleinen Dosis AOR. „Day At The Beach“ und „Enough Love“ sind Garanten für jeden Melodic Rock Sampler, der was auf sich hält.
Wie sehr auch alte Herren noch aufs Gaspedal treten können, wird eindrucksvoll bei „Road Trip“ demonstriert; „Speed Rock“ würde ich die Sache nennen. Nicht ganz so speedig, aber umso kultiger ist „Keep On Travellin'“. Ein „High Voltage“ Gedächtnis Riff, begleitet von einer saucoolen Slide Guitar, dazu ein Rhythmus der die vertonte Fahrt in einer schnaufenden Dampflok ist. Hammer!!
Ein wichtiger Bestandteil in der Naz History waren immer die Balladen. Von den beiden aktuellen Tränentreibern besitzt zumindest „Gloria“ ganz klar Klassiker – Niveau. Der warme, „alte“ Sound, dazu Dan McCafferties absolut grandiose Gesangsleistung – wahrlich ein Meilenstein.

Es ist den Herren Agnew und McCafferty mit dem neuen Album natürlich nicht gelungen, einen Klassiker wie „Razamanaz“ oder „Loud And Proud“ zu wiederholen. Hatte mit Sicherheit auch kein klar denkender Mensch erwartet. Doch ich behaupte mal kackfrech, dass „The Newz“ das beste Nazareth Studioalbum seit „The Fool Circle“ ist. Zugegeben, im Moment reißt mich die Freude über so ein geiles Scheibchen nach 10 Jahren Abstinenz zu euphorischen Reaktionen hin. Doch gerade die Naz Fans, die am liebsten die früheren Sachen hören, werden diese Scheibe besonders lieben.
Bleibt nun nur noch abzuwarten, wie viele der neuen Tracks den Weg ins Live Programm der Deutschland Tour finden werden. Die startet übrigens in 2 Tagen – Hach, die freudigen Ereignisse nehmen gar kein Ende mehr...

Tracklist:
1.Goin' Loco
2.Day At The Beach
3.Liar
4.See Me
5.Enough Love
6.Warning
7.Mean Streets
8.Road Trip
9.Gloria
10.Keep On Travellin'
11.Loggin' On
12.The Gathering
13.Dying Breed

Line Up:
Pete Agnew – Bass
Dan McCafferty – Vocals
Jimmy Murrison – Guitar
Lee Agnew - Drums

DISCOGRAPHY:

1971 - Nazareth
1972 - Exercises
1973 - Razamanaz
1973 - Loud'N'Proud
1974 - Rampant
1975 - Hair of the Dog
1976 - Close Enough for Rock'n'Roll
1977 - Playin' the Game
1977 - Expect no Mercy
1979 - No Mean City
1980 - Malice in Wonderland
1981 - The Fool Circle
1981 - It's Snaz (live)
1982 - 2XS
1983 - Sound Elixir
1984 - The Catch
1986 - Cinema
1989 - Snakes'N'Ladders
1991 - No Jive
1994 - Move Me
1998 - Boogaloo
2001 - Home Coming (live)
2008 - The Newz
2009 - The Anthology
2011 - Big Dogz
2011 - The Naz Box
2014 - Rock'n'Roll Telephone
2018 - Tattooed on my Brain

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