Squealer-Rocks.de CD-Review
Custard - A Realm of Tales

Genre: Power / Melodic Metal
Review vom: 13.04.2017
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 19.05.2017
Label: Pure Steel Records



Das Herner Metal Urgestein Custard – immerhin seit 30 (!) Jahren unterwegs! - bleibt seinen beiden Traditionen treu:
Tradition Nummer eins: Niemals zwei Alben hintereinander mit dem selben Line Up!
Tradition Numero Zwo: Jedes Album ist besser als das vorherige – auch eine Art von „Progressive Metal“.

Prog Metal liefern die Ruhrpott Metaller um Bandgründer und Drummer Chris Klapper natürlich auch anno '17 nur marginal ab – wobei: Von den Kinderlied / Helloween affinen Tunes vergangener Zeiten sind die Herren mittlerweile meilenweit entfernt. Das hat die Truppe auch gar nicht mehr nötig.
Custard klingen heuer so, wie eine erfahrene Band zu klingen hat: Erwachsen und gewachsen!

„Alles wie gehabt“, denke ich beim Opener „Queen of Snow“. Das ist Custard! Speedige Passagen wechseln sich mit schleppenden Parts ab und der catchy Chorus wird von Frontsau Olli wieder mal so geil intoniert, das man beim zweiten Mal instinktiv mitsingt. Lediglich die Worte „Fire and Ice“ hat man irgendwann zu oft in unserer Szene gehört....OK, Luxusprobleme....
Das folgende„ The Pied Piper“ ist da schon innovativer. Knüppelhart gezockt, kratzt man teilweise am Härtegrad von Bands wie Overkill, vergisst aber nicht den typischen, hymnischen Refrain, der zunächst etwas sperrig wirkt, spätestens beim dritten Durchlauf jedoch süchtig macht.
Die Harmonien der beiden Gitarren bringen noch beinahe folkig anmutende Elemente mit ein – Chapeau!

Von den schwarzen Lincoln Hüten kann ich bei „Arabian Nights“ gar nicht genug ziehen! Der - in meinen Augen - viel zu plakative Titel entpuppt sich als einer der besten Custard Songs, ever! OK – Metal Songs mit orientalisch tönenden Anleihen gibt es zuhauf. Custard schaffen es aber gottlob, das Klischee nicht zu überreizen und bieten den ersten WIRKLICH dezent progressiven Song der Bandgeschichte. Hart, dramatisch, sperrig, dennoch eingängig – eine Kombi, die nur die wirklich Guten schaffen. Garniert mit einer unfassbar geilen Drum / Percussion Arbeit.
Damit die Gute Laune trotzdem erhalten bleibt, folgt mit „Snow White“ eine rasante Melodic Metal Nummer, die Helloween, Stratovarius oder auch Axxis nicht besser hinbekommen hätten.

Der Dramaturgie folgend geht es nun minder fröhlich weiter. Was in der Dramaturgie nicht vorhersehbar ist: „The Match Girl“ ist der zwote Song des aktuellen Drehers, der im Rennen um den besten Custard Song ganz weit vorne liegt. Ganz langsam beginnt dieses Mini – Epos, man hört die Sirene Olli im ruhigen Klargesang ungewohnt.....ähh, ja, klar – ruhig! Zum Finale wird die Nummer dann höchst dramatisch, fast dämonisch und rasend schnell. Ohne Scheiss: Am Ende muss man echt einmal durchatmen, so atmosphärisch ist die Nummer.
Da tut es dem angestrengten Ohr gut, dass mit „Daughter of the Sea“ eine relativ simple Heavy Seemanns Weise mit Running Wild Anleihen folgt, die nett anzuhören ist, aber leider einen zu unspektakulären Chorus besitzt.

Noch so'n Titel, den wir ja noch NIEE hatten: „Witch Hunter“. Ach, wie originell. Leider ist der olle Hexenjäger trotz toller Gitarrenarbeit, einem famosen Solo und feinem Gesang die durchschnittlichste Nummer des Albums. Früher nannte man so etwas B – Seite!
Da macht das Riff zu Beginn von „Sign of Evil“ (noch so'n origineller Titel!) schon mehr Spaß. Gute Nummer, die im Midtempo schön krachend vor sich hinstampft und dezent an „Poke the Flames“ erinnert. Kein Überflieger, aber OK.

Wird Zeit, das uns langsam mal wieder ein bisschen Konfekt gereicht wird, oder? Und siehe da, die Klampfen zu Beginn von „Bluebeard“ erinnern gar an Rush! Glaubt's oder nicht. Überhaupt: Der Track ist ziemlich genial. Bis ins Detail ausgearbeitet, mit tollen Melodien ausgestattet, die dezente Prog Note mit einer fesselnden Eingängigkeit gepaart – YES!! Highlight Number Three! Hier macht wirklich jede Sekunde Spaß!
Auch der Rausschmeisser „Forged in Fantasy“ macht nur Spaß. Melodic Metal at its best! Eine schön dramatisch anmutende Atmosphäre, viele Breaks und ein Chorus zum verlieben. Nöö - hier habe selbst ich nix zu meckern! Ich würde sogar so weit gehen, dass dieser Track auch auf auf den ersten beiden Avantasia Alben Bestand hätte.

Wir fassen mal zusammen: Drei Songs, die zum Besten im Bereich Power / Melodic Metal gehören, zwei Nummern, die eher Durchschnitt sind und ein Rest, der locker internationales Format besitzt.
Das Teil ist absolut sauber produziert, der Klang ist perfekt, alles besitzt Dynamik, man ist meilenweit von klinischen Tunes entfernt und dennoch klingt alles extrem klar und gut ausbalanciert.
Den Musikanten hört man an, dass sie ihr Handwerk verstehen, so bleibt wie immer zum Schluss die Frage: Warum sind Iced Earth Headliner auf Festivals und Custard nicht?
Ja, klar - hat ja auch niemand behauptet, die Welt wäre gerecht......

Tracklist:
1. Icy Stare
2. Queen of Snow
3. The Pied Piper
4. Arabian Nights
5. Snow White
6. Snow Away (Intro)
7. The Little Match Girl
8. Daughter of the Sea
9. Witch Hunter
10. Sign of Evil
11. Bluebeard
12. Forged in Fantasy

Line Up:
Oliver „Olli“ Strasser – Vocals
Carsten „Oscar“ Reichart – Guitars
Markus Berghammer – Bass
Chris „Klappman“ Klapper – Drums
Stefan Absorber – Guitars

DISCOGRAPHY:

1997 - Signa Inferre
1998 - God of Storm
1999 - Kingdoms of your Life
2000 - For my King
2005 - Wheels of time
2008 - Forces Remain
2012 - Infested by Anger
2017 - A Realm of Tales

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