Squealer-Rocks.de Live-Review
Civil War und Custard (17.02.2014, Bochum, Matrix, maddin)

Verkehrte Welt am ungeliebten Sonntag Abend: Die meisten Zuschauer fanden sich in der aufgrund miserabler Sound – und Sichtverhältnisse ebenfalls ungeliebten Matrix nicht bei den neuen schwedischen Stars Civil War, sondern beim Opener Custard in dem schlauchförmigen Kellergewölbe ein.

So wurde die Herner Metal Institution um kurz vor 19 Uhr von den ca. 150 Anwesenden auch frenetisch empfangen und Frontsau Olli bekam schon früh fette Resonanzen auf sein berühmtes: „Gebt mir einen Schrei!!!“.
Die 4 Burschen nebst Dame agierten anfangs zwar nicht ganz so spielfreudig wie gewohnt und erst nach der Hälfte des Gigs gab es Positionswechsel und mehr Bewegung der Instrumental Fraktion, aber das sind echt Luxusprobleme.

Denn ansonsten machten die Vanillesoßen – Freunde wieder mal (fast) alles richtig.
Man war wunderbar eingespielt und Stampfer wie das obergeile „Time to Bleed“ vom oberaffengeilen aktuellen Dreher „Infested Anger“ sorgten für massenweise „.Fists in the Air“.
Der bandeigene Mischer Sven schaffte es ab Song Nr. 2 - dem Priest ähnlichen „Creature – sogar, einen für Matrix Verhältnisse sehr guten Sound hinzubekommen.
Es geht also, wenn man den richtigen Mann an den Knöpfen hat.
Einziges Manko – die Setlist enthielt nur 2 Songs des aktuellen, zweifellos besten Outputs der Bandgeschichte. Zudem kam der traditionelle Rauschmeisser „I know You“ zum ersten Mal in der Live History Custards nicht zum Einsatz.
Ein Frevel!
Die Band rechtfertigte dies nach dem Auftritt mit chaotischen Bedingungen seitens des Veranstalters.
Ansonsten wie immer: Daumen hoch!

Die nun folgenden Cantana konnte sich der Verfasser aufgrund dringlicher Verpflichtungen am Bierstand leider nicht ansehen.

Dann gab's eine längere Umbaupause, denn das Bühnenbild des Headliners nebst höchst beeindruckendem Drumkit machte schon einiges her.
Da sind Profis am Werk – das wurde bereits beim Opener „King of the Sun“ überdeutlich.
Civil War gehören in ihrer schwedischen Heimat zu den absoluten Shooting Stars und 4 Mann des Sextetts waren vorher gar Superstars, und konnten Platz 1 der schwedischen Charts für sich einheimsen.
Es handelt sich nämlich um Ex- Sabbaton Mitglieder, dementsprechend agil ging es auf der Bühne zu.
Da wurde gepost, gerannt und gebangt, dass die Schwarte kracht! So – genau so! - muss man Metal auf der Bühne präsentieren, damit der Funke sofort auf das mitllerweile auf ca. 100 Leute geschrumpfte Publikum überspringt.

Und sie hatten IHN! Patrick Johansson (Astral Doors, Lion's Share, Space Oyssey) ist kein Sänger, er ist ein Gott!
Anderen skandinavischen Vokalisten aus der Champions Legaue wie Göran Edman oder Jorn Lande sogar überlegen, kratzt dieser sympathische und bescheidene Mann wirklich am Thron des Übergotts Ronnie James Dio!
Und das Beste: Er singt live noch besser als auf Platte!
Der Sound war auch hier gut und man konnte ihn fömlich spüren, den Atem Gottes, als die Band „Heaven and Hell“ spielte. Selten bis nie hat ein Mensch nach RJD diesen Überklassiker mit einer solchen Inbrunst und Virtuosität intoniert.

Zu den Civil War Songs muss man sagen, dass die Parallelen zu Sabbaton natürlich hin und wieder zu hören sind, man aber keinesfalls eine Kopie erwarten darf.
Ich würde die Truppe eher in der Schnittmenge von Rainbow, Space Odyssey (aufgrund des sehr präsenten Keyboards) und (noch mehr) DIO einordnen.
Soll heißen, die Truppe ist zwar irgendwo Metal, hauptsächlich aber aufgrund des harten Sounds.
Das Songwriting geht eher in die Richtung der genannten Protagonisten.

Dabei sind den Schweden ein paar echte Geniestücke geglückt:
Am prägantesten das direkt als Song Numero Zwo gezockte „St. Patricks Day“, was nichts anderes als ein knüppelharter Tribut an Gary Moores „Over the Hills...“ ist, bei dem Johansson auch mit Klarstimme Gänsehaut erzeugt.
Es sind die teilweise überirdischen Harmonien, die Civil War zu Recht in den Himmel der schwedischen Stars aufsteigen lassen.

Dementsprechend feierte die Hundertschaft Hymnen wie das am meisten nach Sabbaton klingende „I will rule the Universe“ oder das stampfende „Gettysburg“ ab, als wäre der Heiland geboren – dabei stand der auf der Bühne!
Und er beschenkte uns reichlich. Mit Speed - Hymnen wie „Sons of Avalon“ oder Midtempo - Granaten wie „Lucifer's Court“, für die ein Axel Rudi Pell töten würde.

Es ist dem Umstand geschuldet, dass diese Band gerade erst in den Anfängen ist, das man in den 80 Minuten Spielzeit zwei, drei eher durchschnittliche Songs hatte.
Das wird sich bei diesem Potential mit Album Nr. 2 erledigt haben und dann gibt es nur noch Bomben, wie es sich für einen Bürgerkrieg gehört.

Kleine Anekdote am Rande: Die CD der Jungs wurde für 20 Euro verkauft. Auf meine Frage an die schwedische Verkäuferin, warum die so teuer ist, meinte sie: „It's cheap! In Sweden it's 25 Euro!“.
Auf meinen Einwand, dass die Leute in Schweden auch das Doppelte als wir verdienen und die CD hier im Laden max. 15 Euro kostet, guckte mich die nordische Schönheit ungläubig an.
Erst nachdem ein Mitglied der Crew ihr erklärte, dass dies wirklich so sei, schenkte sie meiner sehr impulsiven (es versammelte sich eine kleine Menschenmenge um den Merch – Stand) Argumentation Glauben.
Gekauft habe ich trotzdem, weil man ja die Band unterstützen will – und versucht mal, einer schwedischen Schönheit zu widerstehen, die dann noch einen Button beilegt und mit flehenden Augen haucht: „This for free, if You will buy it“.


FFazit: Es war ein wirklich tolles Konzert, lediglich der Eintritt lag mit über 20 Euro etwas zu hoch.
Als Vergleich: Masterplan haben mit drei Vorbands lediglich 16 Euro aufgerufen.
Civil War werden wir jedoch nicht mehr in Locations dieser Größenordnung sehen.
Sofern sie Johansson als Sänger behalten, wird die nächste Tour als Support einer großen Band sein.