Squealer-Rocks.de Live-Review
Custard und Stormrider (09.05.2012, Datteln, RAZ, maddin)

Vorab: Ein Review zu diesem Festival war nicht vorgesehen. Von daher bitte ich um Nachsicht, dass diese Nachschau absolut unvollständig ist und nur dem Umstand geschuldet ist, dass ich rückblickend der Meinung bin, diesem Underground - Highlight in einem offiziellen Rahmen meinen Respekt zu zollen.

Somit auch direkt das Vorab – Fazit: 13 Bands an 2 Tagen für 'nen schlappen Zehner, das geht, oder?
Ja, geht’s denn noch? Da haben sich unter die knapp 150 Zuschauer doch tatsächlich einige Idioten gemischt, die den minimalen Salär noch kritisieren mussten.
Diese Windvögel können sich für ihre Dummheit und 80 Cent eine Tüte Kartoffelchips kaufen!

Egal, der Rest der Meute erfreute sich an den üblichen Annehmlichkeiten, die ein „Mercenaries Metal Meeting“ stets mit sich bringt: Ein halber Liter Qualitätsbier für 1,50 Euro, 'ne Wurst für'n Appel und 'n Ei und 'ne wunderbar lockere Atmosphäre, die Bands und Fans nicht voneinander trennt, sondern für ein echtes „Miteinander“ sorgt.

Mittlerweile hat auch die Ton – und Lichtshow im RAZ an Qualität gewonnen, und die Konzerte versprühen längst nicht mehr den muffigen Jugendheim – Charme von einst.
Zwar kackte am Freitag das Mischpult ab, doch mit einer Verzögerung von einer Stunde ging das Konzert weiter, denn man konnte unkompliziert Ersatz beschaffen.

Leute, wenn bei einem Maiden oder KISS Konzert die Technik platt ist, dann geht Ihr mit Euren 90 Euro Tickets nach Hause und der Urlaubstag ist weg! Hier wird dafür gekämpft, dass es weitergeht!
Dafür ein grooooooßes DANKE an Veranstalter Mörchen und seine Mitstreiter!

So, bevor der Blutdruck in gesundheitlich gefährliche Dimensionen schnellt, kommen wir zum Punkt, zu den Bands:

Freitag:

Dawn of Destiny:
Perfekter konnte dieser Gig nicht datiert sein. Just an diesem Tag war der offizielle VÖ Termin für das beste Album der Bandgeschichte, „Praying to the World“.
Doch alles beten nutzte wenig, der Auftritt begann katastrophal: Man konnte bei den ersten drei Songs quasi keine Gitarre hören. Doch, wie üblich, zockten die Burschen nebst Dame ihren Set voller Energie runter und irgendwann war auch die Gitarre da.

Irgendwann war dann auch das Publikum da, es tobte, es forderte Zugaben und Sängerin Jeanette war sowieso schon da. Sie hat sich das Prädikat „Zauberin des Abends“ redlich verdient. Da gab es offene Münder ob des mega - sympathischen Stimmwunders.
Als dann die Zugabe „Miracles“ durch die Lokalität hallte, war der Gewinner des Abends längst gekürt.

Custard:
Über solche subjektiven Äußerungen wie „Gewinner des Abends“ können Custard nur noch müde lächeln. Die kommen einfach, die spielen einfach. Die sind so lange im Geschäft, die donnern ihren Set durch. Wüsste man es nicht besser, man könnte von Profitum sprechen. Die Überraschung bei dem Metal Urgestein war sicherlich der Aushilfsgitarrist (Custard sind zur Zeit ohne festen zwoten Sechssaiter), dessen Name mir zwar alkoholbedingt entfallen ist, der aber neben Gitarrero Oscar, der stets ein Garant für Stimmung ist, eine mehr als überzeugende Figur abgab.
Der Rest der Band? Wie gehabt. Oberstes Level.
Lediglich die Stunde Verzögerung machte sich bemerkbar, der Saal leerte sich zusehends und auch Euer ergebener Schreiberling musste vor dem letzten Song gehen. Schließlich ist Datteln nicht Berlin oder Hamburg und schon gar nicht Wanne – Eickel. Man musste also froh sein, um halb zwei nachts überhaupt ein Fahrzeug des ÖPNV zu bekommen.
Nur eine Sache noch: Wann sagt eigentlich einer der zahlreichen Custard Fans der Truppe mal, dass „Charons Call“ nur noch langweilig ist???

Samstag:
Als Euer untertäniger Autor die Lokalität betrat, taten Elmsfire quasi das Gleiche. Genauer gesagt, sie stürmten die Bühne, neudeutsch auch Stage genannt.
Wie es so üblich ist, orientierte sich Euer hingebungsvoller Berichterstatter aber erst einmal in Richtung Bierstand; Lage sondieren, Konterbier trinken - man kennt das ja, man muss sich ja zunächst ein bisserl umgucken.

Plötzlich steht unweit der Schänke, aber WEIT von der Bühne, ein durchgeknallter Gitarrist neben mir und dudelt wild drauf los, und das auch noch höchst gekonnt. Bei genauerem Hinhören – der Luftweg zur Bühne war in etwa so groß wie ganz Datteln – war auszumachen, dass der Gute ohrenscheinlich zur Band gehört und wohl die Orientierung verloren hat.

Mal im Ernst: Mehr und besser kann man keine Werbung machen und ich war nicht der einzige, der nun in Richtung Bühne marschierte und Zeuge eines famosen Gigs wurde. Power Metal mit viel Melodie und diversen Härten, sowie ganz dezenten Prog - Elementen, der mich sofort nach Ende dazu veranlasste, mir für 'nen coolen Zehner die CD zu greifen.
Gut, die klingt etwas anders als das, was da live rüberkam, aber geil ist beides.

Danach kamen Sabiendas und ich habe mir - als Metal und Rock Fan - einen Song angeguckt. Nun gut, die machen ihre Sache sicherlich perfekt, aber ich arbeite im Stahlwerk und habe jeden Tag 8 Stunden Krach. In meiner Freizeit höre ich lieber Musik.

Die gab es dann und zwar in allerfeinster 80er Manier:
Distance Call, die Truppe um den BRÜNETTEN Ex- Custard Gitarristen Robert schien mit ihrem Hardrock a la Rainbow und Whitesnake zunächst etwas deplatziert im stählernen Billing. Vor Beginn des Gigs machten gar spöttische Sprüche ob des Poser – Outfits der Truppe die Runde.
Doch, siehe da: Das, was bei großen Festivals mittlerweile Gang und Gebe ist, nämlich eine untypische Band auftreten zu lassen, entpuppte sich auch in der Metropole Datteln als höchst wirksam.
Der Saal füllte sich minütlich und die Stimmung ging ebenfalls nach oben. Ein toller Sound, ein sehr vitaler und virtuoser Robert, sowie Sängerin Korry, die neben ihrem absolut fantastischem Gesang zudem noch reichlich Sympathie - Punkte einsammeln konnte, brachten den kleinen Saal zum kochen.
Dass der Truppe keine Zugabe gewährt wurde, brachte einige, so genannte „feine Herren“, dermaßen in Rage, dass es beinahe zum Disput mit dem Veranstalter kam.
(Gottlob konnte die nahende Revolution mit einem Bier Pilsener Brauart so gerade eben verhindert werden...)

Doch die Gemüter heizten sich schnell wieder auf, diesmal jedoch in positiver Art und Weise:
Götterdämmerung war angesagt! Der Jon Oliva aus Dortmund, Andy, den man aufgrund seines Gesangsstils, seiner Keyboard – Arbeit, seiner Körperfülle und nicht zuletzt seines Genies wegen so getauft hat, legte mit „Babylon“ den besten Song des Festivals aufs Parkett.
Ferryman sind sozusagen ein Ein – Mann - Projekt. Die Truppe, die Andy diesmal um sich geschart hatte, lieferte einen tollen Job ab. Doch es ist dieser Kerl, der die Magie ausmacht. Er wechselt vom reinen Sänger zum Keyboarder, performt mit einer Inbrunst, die ansteckend ist. Dazu Songs, die zwischen Bombast und Melancholie pendeln.
Ja, das war perfekt! Das war mein Highlight!

Apropos Highlight: Nun kamen die Chaoten von Stormrider auf die Bretter. Chaoten? Eigentlich eher weniger. Wenn, dann liebenswerte Chaoten. Denn kaum eine andere Band zeichnet sich so durch Fannähe aus, ist eigentlich eine Bande aus Fans, und brilliert dann auf der Bühne, dass Dir fast die Ohren abfallen.
Der Saal war nahezu rappelvoll, alles brüllte, alles bangte und am meisten brüllte und bangte die Band.
Stormrider machen Metal, aber an diesem verdammten Samstag war es Party und nur Party!
Muss man mehr dazu sagen? Nein, das muss man nicht!
Außer: „Let Metal Reign!“.

Danach hatten Iron Fate „ganz leichtes“ Spiel. Logisch. 3O Fans sind leichter zu erfreuen als 100. Dennoch machten die Burschen eine ganz gute Figur. Trotz der Klasse ihres Sängers, der DIO und Rob Halford perfekt imitieren konnte, sollte sich die Truppe allerdings fragen, warum man nur mit Coverversionen Erfolg hat.

Tolles Festival, muss wiederholt werden. Wunschbands für's nächste Mal? Genau die Gleichen wie am letzten Wochenende!