Die Status Quo AutobiografieAutor: Rick Parfitt, Francis Rossi, Mick Wall Genre: Autobiografie Verlag: Hannibal ISBN-10: 3854453655 ISBN-13: 978-3854453659 Jahr: 2011 Redakteur: Maddin
Das Buch:
Ganze 5 Jahre hat es gedauert, bis sich ein Verlag dazu entschlossen hat, die Autobiographie von 2 der wichtigsten Musiker der Welt ins Deutsche zu übersetzen. Man ist nun echt hin – und hergerissen, ob man sich darüber freuen oder ärgern soll. Klar, man könnte direkt damit loslegen, dass jeder Furz von irgendwelchen B/C /D - Promis mitsamt einer Floskel – Sammlung für den gängigen RTL Zwo Glotzer die hiesigen Buchläden nicht nur überschwemmt, sondern gar in den Bestsellerlisten punkten kann, während dieses Stück Rock’n’Roll Geschichte wohl eher weniger in den Top Ten zu finden sein wird.
Man könnte aber einfach auch sagen, dass unsere Welt ein kleines bisschen besser wird, so lange es Herausgeber wie den Hannibal Verlag gibt. Ich möchte deshalb sofort zu Beginn das Preis / Leistungsverhältnis erwähnen. Um die 20 Euro müsst Ihr auf den Tresen legen für ein Buch im Paperback, mit knapp 400 Seiten und drei dezenten, aber reizvollen Blöcken mit sehr raren und privaten Bildern. Das Teil kommt im Din A 5 Format, ist richtig schwer und der Druck ist gut und relativ groß (man denkt an die Zielgruppe!). Von der materiellen Seite also passt alles – stellt sich nun die Frage nach dem Inhalt.
Fast bin ich geneigt zu sagen, dass dies der beste Roman ist, den ich seit langer Zeit gelesen habe. Roman? Ja, denn genauso unterhaltsam ist der Schinken hier.
Ich habe in den letzten Jahren einige (Auto)- Biographien von Musikern gelesen. Die schwanken von unglaubwürdig und übertrieben / verherrlichend (KISS; Gene Simmons; Mötley Crüe), über eintönig (Lemmy; AC/DC) bis hin zu sympathischen, aber - auch - eintönigen, selbstironischen Erzählungen ohne echte Dramaturgie (Biff).
Keine Frage, jedes dieser Bücher ist lesenswert, aber dieses hier ist anders. ANDERS!
Wobei: Das Konzept könnte simpler nicht sein. Francis Rossi und Rick Parfitt lassen ihre beiden Leben Revue passieren und tun dies in abwechselnder Reihenfolge. 30 Seiten Rossi, dann wieder 30 Seiten Parfitt. Dies passiert zudem in einem derart unaufgeregten Ton, dass so mancher Skandal – Junkie spotten könnte: “ Klar, ein Buch von alten Männern für alte Männer!“.
Nun, da sollten die, die detaillierte Schilderungen über Sex - Parties und ähnliche Protzereien brauchen, doch besser andere Sachen lesen. Doch eins, nur um das mal klarzustellen, sollte man wissen: Über all das, was Mötley Crüe und Konsorten (angeblich) erlebt haben, können Status Quo nur müde lächeln. Und das tun sie!
Denn was die Briten erlebt und durchlebt haben, übertrifft wirklich alles!
Rossi und Parfitt waren die größten Junkies, die man sich vorstellen kann. Morgens eine Pulle Fusel, gepaart mit ein paar Grämmchen Koks? Normal. Das Ganze dreimal pro Tag? Normal. Der Verlust der Nasenscheidewand aufgrund jahrzehntelangen Kokain – Konsums? Normal. Der Herzinfarkt, drei Bypässe und drei Tage nach der OP auf’m Krankenhausflur „eine rauchen“? Normal. Anfang der 80er, nach etlichen Nummer Eins Hits, nicht mal mehr genug Geld für eine muffige Mietwohnung in London? Normal.
Ja, das alles war „normal“ für die Herren. Und genauso „normal“ beschreiben sie ihr Leben. Da wird nichts beschönigt, aber es gibt auch keinen erhobenen Zeigefinger – „Kinder, nehmt bloß keine Drogen!“ - und sie versuchen sich nicht als gezeichnete Besserwisser. Die beiden beschreiben das, was sie erlebt haben so, als würden sie über das Wetter sprechen. Frei nach dem Motto: “ So war es eben, wir wollten es nur mal gesagt haben“.
Das liest sich so leicht, so sympathisch – und vor allem, so glaubwürdig! -, dass man von der ersten Seite an quasi mitfiebert, wie es weitergeht. Obwohl ich schon immer ein Fan von Francis Rossi war, sind es die Parts von Rick Parfitt, die mich am meisten fesselten und mich am häufigsten schmunzeln ließen. Viele Kapitel von ihm enden sinngemäß mit: „…endlich ging es wieder bergauf mit Quo. Doch dann kam der Faktor, der alles wieder kaputt machte…ich selbst!“
Man erfährt außerdem unheimlich viel über die Einstellung, die die beiden zu Status Quo haben. Nämlich, dass es ihr Beruf im Wortsinne ist. Das sind halt zwei Profis, die schon mit 16 Jahren angefangen haben, von der Musik zu leben. Gerade in den 60ern waren sie davon abhängig, wie sehr das Publikum auf ihre Live Performance reagiert. Es gab nur Geld, wenn der Saal getobt hat. Das erklärt auch zum Teil, weshalb Quo bis heute darauf beharren, ihre totgedudelten Evergreens – und von uns Hardcore Fans gehassten! – nicht aus den Setlists zu verbannen.
Apropos Hardcore Fans: In den einschlägigen Foren klagt so mancher Quo – Jünger, die musikalische Seite käme zu kurz. Das stimmt sicherlich. Man liest eine Menge über die verschiedenen Manager der Band, ihren immensen, teilweise lebensentscheidenden Einfluss. Die einzelnen Alben werden aber meistens nur angerissen (immerhin erfährt man, dass Francis Rossi „Rockin‘ all over the World“ anfangs gar nicht mochte). Als Makel sehe ich diesen Umstand allerdings nicht, denn in erster Linie wollte ich vor dem Lesen die beiden Menschen Rossi und Parfitt besser kennenlernen. Das will ich bei jeder Autobiographie.
Aber dies ist die einzige, bei es wirklich funktioniert hat. Die beiden geben kein dämliches Heldengeschwätz von sich, sondern sie erzählen in einer höchst natürlichen Art und Weise, dass auch Rocklegenden nur Menschen sind. So dämlich es sich anhört: Ihre Erzählungen sind einfach nur schön.
Quo hatten schon immer den Ruf, eine der bodenständigsten Bands zu sein und Allüren waren den Gentlemen von jeher fremd. In den drei Jahrzehnten meines Fandaseins habe ich Francis Rossi und Rick Parfitt auch immer so wahrgenommen. Doch dieses Buch setzt noch einmal einen drauf. Jetzt weiß ich, die meinen es echt so. Die sind so. Die sind echt.
Zum Abschluss ein bezeichnendes Zitat von Francis Rossi aus einem „Rock Hard“ Interview auf die Frage, wie lange die Band denn noch machen will: “…ich habe einen Kumpel, der ist Klempner. Der muss bis 65 arbeiten. Warum sollte ich früher aufhören?...“.
Und wie immer:
Wie buchstabiert man Rock’n‘Roll?
S-T-A-T-U-S Q-U-O!!!
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