Maddin's Welt ... ein Malocher mit Meinung
Das ist Maddin, unser Redakteur aus dem Pott, zuständig insbesondere für progressives Griffbrett-Gewichse und überhaupt sonst auch alles. Ruhrpott-Poet, Mon General, Asi mit Niveau, Prog-Kreatur oder einfach nur Arsch: Maddin hat viele Gesichter ... ähm ... Namen. Außerdem hat er Schwein, ein Mentors-Shirt und eine Meinung. Zu fast allem. Und eine Plattform, sie kund zu tun. Nämlich hier. Natürlich repräsentiert Maddin mit seiner Meinung nicht zwangsläufig die ganze Redaktion, eh klar. Also werdet kritische und nicht so kritische Stimmen direkt an Maddin himself los. Und nun lest und streitet ...
Gerechtigkeit (27.07.2008)
Vorbemerkung:
Dieser Beitrag aus Maddin's Welt stammt ausnahmsweise nicht vom Meister himself, sondern wurde uns freundlicherweise von Tina zur Verfügung gestellt, vielen Dank dafür.
„Ey, schreib doch mal einfach ein paar Sätze zur Gerechtigkeit!“ oder:
Der Maddin, der auszog, um Schreiberlinge zu rekrutieren.
Tja, leichter gesagt als getan. Man möge mir verzeihen, dass ich nicht mit der Wortgewandtheit aufwarten kann, wie einige andere, dennoch möchte ich gern einen Versuch starten. Der Aufruf im Forum hat ja schließlich mein weiches Herz auch nicht kalt gelassen. Okay, der drohende Unterton in der Stimme des Herrn ließ mich auch nicht ganz unbeeindruckt. Und so geschah es...
... an diesem Freitag Abend in bis dahin gemütlicher Runde mit ein paar Flaschen kaltem Jever (na ja, scheinbar nicht jede, wie die Motzpuppe Maddin lauthals mokierte) begab es sich, dass das Thema Gerechtigkeit auftauchte. Nicht dringend im Zusammenhang mit kaltem Jever, auch wenn es sicher Hochnot ungerecht war, dass der feine Herr ein seiner Meinung nach „pisswarmes“ erhielt. Wie dem auch sei.
Das Thema Gerechtigkeit ist seit Menschengedenken in jedermanns Kopf – zumeist in den Köpfen, die –ihrer eigenen Meinung nach- ungerecht behandelt werden. Doch was heißt „Gerechtigkeit“ überhaupt? Jeder hat seins und ich das Meiste? Der, der hat, der hat eben und der, der nicht hat, eben nicht?
Gerechtigkeit per Definition bedeutet im Grunde nichts anderes, als einen angemessenen Ausgleich von Interessen. Der Begriff als solches rührt auf das Adjektiv „gireth“ aus dem Althochdeutschen, erstmals im 8. Jahrhundert nachzuweisen. Bedeutung: gerade, richtig, passend. Über das Mittelhochdeutsche „gereht“ und das Gotische „garaiths“ steht das uns heute bekannte Wort „gerecht“ später u. a. für „gradlinig“, „angemessen“ und „gemäß“. Der interessierte und vielleicht auch wohlgesonnene Leser kann und wird sich der konkreten Definition zuliebe gerne detaillierter informieren.
Definitionen zu wälzen ist hier jedoch nicht das Anliegen, sondern ein kleiner Ausflug in die Ansicht der heute bekannten Gerechtigkeit. Hiermit verbunden häufig moralische oder ethische Fragestellungen, die vor 200 Jahren deutlich andere waren als die heutigen.
Ist es gerecht, dass ein pädophiler Mörder, jahrelang in Haft, aufgrund eines sogenannten Verfahrensfehlers, auf freien Fuß kommt? Ist es gerecht, dass Opfer zur Selbstjustiz gegenüber ihren Peinigern greifen? Oder im eigenen Dunstkreis gesehen: ist es gerecht, dass der Kollege den gleichen Job macht wie ich und dafür 500 Euronen mehr verdient? Ist es gerecht, dass sich unsere Politik die Taschen voll macht und den kleinen Bürger schröpft?
Eigene Erlebnisse oder Erfahrungen mit gerecht oder ungerecht wird jeder von uns garantiert schon erlebt haben. Erstaunlicherweise stelle ich immer wieder fest, dass sich der Großteil von ungerecht behandelten Menschen immer um die Achse des ureigensten Daseins dreht. Was ja nicht unbedingt verkehrt ist. Dennoch, die verschiedenen Aspekte der Gerechtigkeit sind doch im Grunde die, die unserem Dasein etwas mehr Nachdenklichkeit verleihen sollten.
Persönlich betroffen ist man durch viele Dinge. Ist es gerecht, dass ich einige Sätze schreibe, über die sich andere anschließend das Maul zerreißen, sich drüber lustig machen, verbale Dresche verteilen?
Ist es gerecht, dass der Busfahrer mich konsequent ignoriert und einfach losfährt, obwohl er sieht, dass ich offensichtlich den Fuß verletzt habe und nur noch ein paar Schritt vom Bus entfernt bin?
Ist es gerecht, dass ich mir kein anderes Auto leisten kann außer einen Uralt-Kadett, der die Umweltplakette nicht bekommt und ich nicht mehr bis vor meine Haustür fahren kann?
Die allgemeine Ungerechtigkeit wird offensichtlich jeden Tag offen zur Schau gestellt, jeder ärgert sich, jeder regt sich auf, doch passieren tut... Nichts.
Ist es gerecht, dass das Rauchverbot unglaublich viele kleine Kneipen zugrunde richtet, dadurch Arbeitsplätze verloren gehen und ein ganzer verdammter Rattenschwanz von Lieferanten gehörige finanzielle Einbußen hat?
Ist es gerecht, dass die Krankenkassenbeiträge einheitlich gesammelt auf 15,5% steigen sollen und die gesetzlichen Leistungen nochmals reduziert werden sollen?
Ist es gerecht, dass die Energiepreise weiter steigen und sich in einer unglaublich hohen Preisspirale drehen?
Ist es gerecht, dass Löhne und Gehälter stagnieren und im Gegensatz dazu sämtliche Lebenshaltungskosten explosiv in die Höhe schießen?
Ich persönlich halte dieses Thema für hochkomplex. Es birgt reichlich Diskussionsinhalt und mindestens ebensoviel Zündstoff. Selten wird man zu diesem Thema mit anderen Menschen konform gehen.
Was ist denn nun Gerechtigkeit? Philosophie? Ethik? Moral? Eigenes Empfinden?
All diese Fragen kann und möchte ich überhaupt nicht beantworten, das wäre für mein Empfinden ziemlich anmaßend. Zu viele Antworten, zu viele Ideen, Möglichkeiten, Alternativen. Selbst bekannte Philosophen sind an dieser Frage gescheitert und tun es auch heute noch. Von daher sehe ich es für mich nicht als tragisch an, sie nicht beantworten zu können. Ich empfinde richtig oder falsch, gerecht oder ungerecht so wie jeder andere Mensch auch. Was auch gut so ist.
Unter’m Strich bleibt doch eines: Solange du oder ich sich im Spiegel noch in die Augen sehen können und sein Handeln vertreten kann.
Wie sagte mein Vater vor einigen Jahren nach einer hitzigen Diskussion über Gerechtigkeit? DU musst dein Leben leben. Mit allen Rechten. Mit allen Pflichten. Aber auch... mit allen Konsequenzen!
"Maddins Welt" erscheint in unregelmäßigen Abständen. Die vertretene Meinung spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
Bisher erschienen:
Lonely Are The Brave! (04.11.2009)
Um Himmels Willen... (17.04.2009)
Frohes neues Jahr! (04.01.2009)
Gerechtigkeit (27.07.2008)
Intermezzo (24.03.2008)
Future World (22.12.2007)
Herbstloch (21.10.2007)
9/11 - ein paar Gedanken... (15.09.2007)
We Are The World (29.07.2007)
Broadway des Pöbels (06.06.2007)
Netzgelaber (12.04.2007)
Wall Of Blödheit! (15.02.2007)
Alles Abzocke, oder was? (01.01.2007)