Maddin's Welt ... ein Malocher mit Meinung


Das ist Maddin, unser Redakteur aus dem Pott, zuständig insbesondere für progressives Griffbrett-Gewichse und überhaupt sonst auch alles. Ruhrpott-Poet, Mon General, Asi mit Niveau, Prog-Kreatur oder einfach nur Arsch: Maddin hat viele Gesichter ... ähm ... Namen. Außerdem hat er Schwein, ein Mentors-Shirt und eine Meinung. Zu fast allem. Und eine Plattform, sie kund zu tun. Nämlich hier. Natürlich repräsentiert Maddin mit seiner Meinung nicht zwangsläufig die ganze Redaktion, eh klar. Also werdet kritische und nicht so kritische Stimmen direkt an Maddin himself los. Und nun lest und streitet ...


Lonely Are The Brave! (04.11.2009)

Dieser Titel des Jorn Lande Albums war so ein Satz, den ich mir gerne aufs bierverschmierte Shirt, respektive in meine Vita, gemalt habe. "The Brave" - in maßloser Selbstüberschätzung verlieh' ich mir selbst dieses edle Prädikat. Schließlich gehöre ich ja zu den Leuten, die das Maul aufmachen, wenn andere ihre verlogene Fresse halten. Wenn die feigen Mitläufer sich abwenden, wenn sie denken, dass Heuchelei mehr einbringt als die Wahrheit. Diese ganzen Windvögel, die nur darauf lauern, dem, der nicht mit dem Schwarm der Meinungslosen mitfliegt, irgendwie zu schaden. Logisch, wenn man immer sagt, was man denkt, ist man oft auf verlorenem Posten. Von daher glaubte ich ernsthaft, mich auch "The Brave" nennen zu dürfen. Welch Irrsinn! Welche Anmaßung!

Die Menschen, die wirklich diese Bezeichnung tragen dürfen, die sind nämlich aus ganz anderem Holz geschnitzt als euer großmäuliger Erzähler, der maximal den beleidigten Unmut gewisser Gruppen und Personen auf sich zieht. Die wahren Mutigen dagegen, die haben ihr Leben riskiert, manche von ihnen haben es gar verloren. Alles für eine Sache, an die sie geglaubt haben. "The Brave" war eine Frau! Die russische Journalistin Anna Polikowskaja wurde 2006 umgebracht, weil sie Machenschaften während des Tschetschenien - -Kriegs aufgedeckt hat, die aus einem Forsyth Roman stammen könnten. Ermordet, weil sie sich für die Rechte von Menschen eingesetzt hat. Ich wiederhole: Gestorben für die Rechte von Menschen!

"The Brave" war ein junges Mädchen! Sophie Scholl kämpfte mit ihrem Bruder Hans gegen die Nazis, und das mitten unter ihnen, nicht aus sicherer Distanz oder unter dem Schutz einer bewaffneten Untergrund -- Truppe. Wegen dem Verteilen von Flugblättern wurde sie 1943 von der Staatsmacht enthauptet.

"The Brave" ist ein Mann! Karlheinz Böhm, einst Mime in schnulzigen Filmen, ist noch mit über 80 Jahren u.a. in Äthopien als Entwicklungshelfer aktiv. Er arbeitet dabei stets gegen die oft korrupten Regierungen und ist somit ein ständiges (Attentats - ) Ziel für entsprechende Hardliner.

Nur drei Beispiele einer endlosen Reihe. Alles Helden der Menschheit, aber - sind wir mal ehrlich -- irgendwie weit weg; räumlich und historisch. Nur einer, der war nicht so weit weg: Dominik Brunner. Der ist nun tot. Nicht gestorben für eine politische, umwälzende Sache. Eigentlich für etwas, was normal sein sollte: er wollte lediglich schwächeren Mitmenschen helfen. Deutschland sollte beten, dass dieser Fall und Brunners posthume Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz nicht über die Grenzen hinaus bekannt wird. Denn dann würde die internationale Gemeinschaft erfahren, wie wir mit echten Helden hier umgehen. Dann würde die ganze Welt sehen, dass dem Abschaum, der diesen braven Menschen getötet hat, eine Strafe droht, die maximal der eines chronischen Ladendiebs entspricht.

(Achtung! Beginn, Satire) Denn -- und da sollten wir alle unser Mitleid walten lassen! - diese armen Jungs haben das ja nur aus Verzweiflung getan, weil sie keine Chance in der Gesellschaft haben. Es werden Gutachter kommen -- völlig weltfremde Wohlstandsbengel -, die den Mördern bescheinigen, dass sie eigentlich gar keine Schuld haben. Herr Brunner war trainierter Kickboxer, er wusste sich also zu wehren. Er hat sogar, nachdem er angegriffen wurde, den ersten Schlag getan. Somit haben die beiden armen Burschen quasi in Notwehr gehandelt. Wir sollten fair bleiben - wir sollten ein Spendenkonto für diese armen benachteiligten Geschöpfe einrichten! Doch stattdessen wird sie ein böser und gemeiner Richter zu mindestens, na sagen wir mal, 2 Jahre Ferienlager mit TV und Tischtennis verdonnern. Und das nur, weil sie sich gegen diesen kickboxenden Raufbold gewehrt haben! (Achtung! Ende, Satire)

Wisst ihr, was wirklich schlimm ist? Schlimm ist, dass meine überzogene Darstellung in Teilen realistisch ist. Denn - und das ist eine regelrechte Pest in unserem Land! - so etwas wie Opferschutz existiert in Deutschland nur auf dem Papier. Das Gewaltverbrecher mit Samthandschuhen angefasst werden, mögen oberschlaue Weltverbesserer als Stammtischparole abtun. Doch nur so lange, bis sie selbst oder jemand aus ihrem engsten Kreis mal hautnah erfahren, was Soziologen meinen, wenn sie davon faseln, dass die Gesellschaft insgesamt nun einmal brutaler wird; da muss mal halt mal in Kauf nehmen, wenn die armen, fehlgeleiteten Kiddies dir den Kopf zu Matsch zertreten. Die Entwicklung geht immer weiter dahin, dass der Täter wichtiger ist als das Opfer. Um ihn wird sich gekümmert, ihn muss man resozialisieren. Die paar gebrochenen Knochen des Geprügelten, die heilen von alleine. Logisch, anders könnte man tausende von überbezahlten Dummschwätzern auch nicht rechtfertigen, die sich um diese "armen Seelen" kümmern.

Resozialisierung? Dreck kann man nicht resozialisieren und ein wildes Tier kann man nicht mit gutem Zureden bändigen. Wer einen am Boden liegenden Menschen mit voller Wucht gegen den Schädel tritt, der verdient es nicht, auch nur einen weiteren Tag am öffentlichen Leben teilzunehmen. Der muss die HÄRTE des Gesetz spüren, wortwörtlich. Es ist wahrhaftig eine Ironie des Schicksals, dass vor kurzem Eduard Zimmermann gestorben ist, der Gründer des "Weissen Rings". Übrigens eine Organisation, die sich für die Opfer von Verbrechen einsetzt. Kennt keiner? Na, ja, die Organisation, die sich für die Täter einsetzt, ist da schon bekannter: die deutsche Justiz! "Lonely are the Brave!"

Natürlich ist in diesem Zusammenhang Zivilcourage ein heißes Thema. Gerne regt sich die empörte Nation kollektiv darüber auf, dass wieder mal niemand geholfen hat, wenn in deutschen Bahnhöfen die Jugend ihre neuesten Werte - Vorstellungen handfest demonstriert. Da muss man doch eingreifen, oder? Hätte doch jeder gemacht! Ich auf jeden Fall! Oder...? Da muss man gehörig aufpassen, denn selten gehen Realität und Vorstellungskraft so weit auseinander wie hier.

Ich für meinen Teil bin eine körperlich ziemlich massive Erscheinung, von Natur aus wenig ängstlich und auch im Faustkampf erprobt. Werde ich Zeuge davon, wie eine Bande Nazis, Rap - Fressen oder sonst eine der intellektuellen Elite zugehörigen Gruppen einen wehrlosen Menschen bedrängt, erwartet man von mir, dass ich mich einmische. Tu' ich's, wenn ich alleine gegen 4- 5 Mann bin? Bisher musste ich diese Frage in der Realität noch nie beantworten und ich bin auch nicht scharf drauf, es auszuprobieren. Denn selbst wenn man, wie Dominik Brunner, alles richtig macht, nämlich sofort per Handy die Polizei ruft, rettet einem noch lange nicht das Leben.

Der eigentliche Skandal liegt aber darin, dass es überhaupt nötig ist, sich im deutschen ÖPNV mit solchen Fragen beschäftigen zu müssen. Die Angst fährt mit! Vielleicht sollten die Betriebe bei ihrer nächsten Fahrpreiserhöhung damit werben: "Den Nervenkitzel gibt's Gratis" oder "Bei uns gibt's für 2,10 Euro einen netten Abenteuer - Urlaub!" Polemik? Mitnichten, meine Freunde. Die Zahl der Straftaten in den U - Bahnen in Berlin ist 17mal und in Hamburg über 36mal so hoch wie die in New York. In New York, dem ach so gefürchteten Moloch! Wie kann das sein? In den 90ern startete der damalige Bürgermeister Guiliani gemeinsam mit dem Polizeichef William Bratton das Projekt "Broken Windows". Neben massiven Neueinstellungen bei der Polizei - auf 200 New Yorker Bürger kommt ein Polizist -- galt Sauberkeit - "Dreck zieht Ratten an" - und eine strikte Ordnung als oberstes Gebot. Heute gilt die U -- Bahn in New York als eine der sichersten der Welt, an jeder Station stehen zwei Polizisten und in jedem Zug fahren zwei Cops mit. Noch sicherer als die Underground in London. Und wer einmal in der britischen Haupstadt erlebt hat, wie locker dort das Reisen unter Tage ist, der kann sich ausmalen, wie man im Big Apple für kleines Geld fährt.

Hätte unser Staat die ganzen Milliarden, die er zur Rettung der ehrenwerten Banker, die das Land in den Ruin gerissen haben, lieber in die öffentliche Sicherheit gesteckt und den jetzt schon chronisch überforderten Polizisten ein paar Kollegen zur Seite gestellt, dann hätten wir etliche Tote weniger.

Aber was erzähle ich da für einen Blödsinn? Die paar Milliönchen, die aus dem Banker -- Spendentopf übrig bleiben, davon bezahlen wir noch ein paar Soziologen, Psychologen und Gutachter für Verhaltensauffälligkeiten. Damit solche armen Jungs, wie die von München auch wirklich und richtig und ganz toll resozialisiert werden. Die Angehörigen von Herrn Brunner können sich ja so lange am Bundesverdienstkreuz erfreuen. Sie haben diesen Titel in seiner schrecklichsten Realität erlebt: "Lonely are the Brave" - Leider!

In diesem Sinne.......keep rockin'!


"Maddins Welt" erscheint in unregelmäßigen Abständen. Die vertretene Meinung spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.


Bisher erschienen:

Lonely Are The Brave! (04.11.2009)

Um Himmels Willen... (17.04.2009)

Frohes neues Jahr! (04.01.2009)

Gerechtigkeit (27.07.2008)

Intermezzo (24.03.2008)

Future World (22.12.2007)

Herbstloch (21.10.2007)

9/11 - ein paar Gedanken... (15.09.2007)

We Are The World (29.07.2007)

Broadway des Pöbels (06.06.2007)

Netzgelaber (12.04.2007)

Wall Of Blödheit! (15.02.2007)

Alles Abzocke, oder was? (01.01.2007)