Marc Lynn von Gotthard
(27.09.2004, Interview geführt von Eric)
Gerade erst haben die Schweizer Veteranen von Gotthard ihr Best-of Album "One Team, One Spirit" veröffentlicht, das nicht nur den Schlusspunkt in der Zusammenarbeit mit der Plattenfirma, sondern auch den mit Gitarrist Mandy Meyer setzt. Bei diesen und anderen Fragen des Interviews, dass zu unserem Gotthard-Spezial gehört, stand uns Bassist Marc Lynn ausführlich Rede und Antwort.
Squealer.net: Hallo Marc, "One Team, One Spirit" stellt den Schlusspunkt in eurer Zusammenarbeit mit BMG dar. Es gab viel zu lesen und zu hören über diese Trennung. Um Klarheit zu schaffen - erzähl uns doch bitte mal aus deiner Sicht, warum ihr jetzt getrennte Wege geht und wie sich das Verhältnis mit BMG zum Ende darstellt.
Marc Lynn: Mit der BMG Schweiz hatten wir den richtigen Partner in diesen ersten 13 Jahren. Wir hatten ein gutes Team am Start, was sich auch auszeichnete und denen wir sehr danken. Leider waren wir nicht zufrieden mit der BMG in anderen Ländern. Z.B. In Deutschland. Da unser Plattenvertrag 2004 zu Ende ging wollten wir für unsere Zukunft auch für das Ausland einen besseren Partner finden. BMG international kam für uns überhaupt nicht mehr in Frage. Danach geht es wie in jedem Business, man schaut sich die Offerten an und analysiert sie. Die Idee, die Schweiz selber zu machen lag natürlich auf der Hand, worauf wir unser eigenes Label gründeten. (G.records) - Im Ausland sind wir nahe am Abschluss der Verhandlungen mit den größten Indies, denn wir denken das diese mehr flexibel und auch besser für uns sein werden. Es ist nur noch ne Frage der Zeit bis auch diese News in die Öffentlichkeit gehen werden.
Squealer.net: Ihr habt euer eigenes Label gegründet - was hat euch zu diesem Schritt bewogen?
Marc Lynn: Man kann flexibler Arbeiten und auch viel dynamischer. Man hat keine riesen Maschinerie die koordiniert werden muss und man muss sich bei einer Idee nicht bei jedermann die Meinung und Bewilligung einholen. Ich denke wir werden sehr positive Erfahrungen machen.
Squealer.net: Gotthard hat ohne Zweifel einen Wandel durchgemacht in der musikalischen Ausrichtung. Weg von den härteren Tönen eines "Dial Hard"-Albums, hin zu softeren (und erfolgreichern) Songs. Damit steht ihr wahrlich nicht alleine da, viele Bands ändern ihre musikalische Ausrichtung im Laufe der Zeit (AC/DC mal ausgenommen, hehe). Verstehst du dennoch den Aufschrei, der damals mit der Veröffentlichung von "Open" durch das Lager der Fans ging?
Marc Lynn: Sicher verstehen wir das. Man muss sich aber auch verändern, entwickeln und versuchen! Frage ist, was bringt man nach einer Akustik Scheibe wie d-frosted? Erstens haben wir mit dieser CD sehr viele neue Fans gewonnen, auf der anderen Seite waren wir vor der Entscheidung wohin. Wieder zurück? Dann hätten wir noch eine oder zwei Cd's im gleichen Stil (G.) machen können. - Aber dann? Ich denke wir haben die rechte Entscheidung genommen gleich etwas zu verändern und versuchten durch diese Art und Weise die alten und neuen Fans zu vereinen. Sicherlich kein einfacher Weg, aber wir konnten über die letzten Jahre die Fans behalten auch wenn seit der Open-Cd die Band bei jeder Cd wieder etwas härter wurde. Sicherlich gibt es Fans denen das nicht passt und die uns lieber in der Heavy Metal Ecke sehen würden.. aber die gibt es immer. Das wären auch die gewesen die als erstes gesagt hätten "Ist ja nichts Neues" wenn wir dazumal nach der d-frostet an G. angeknüpft hätten Man muss mit der Zeit gehen und das machten wir.
Squealer.net: Die Schweiz macht in den letzten Jahren mit etlichen hervorragenden, jungen Hardrock-Kapellen von sich reden. Neben den etablierten wir Gotthard und Krokus sorgen beispielsweise Shakra, Crystal Ball oder auch Sideburn für Furore. Liegt den Schweizern der harte Rock im Blut oder siehst du euch, zusammen mit Krokus, als Wegbereiter einer Bewegung?
Marc Lynn: Wir lieben einfach Rock in jeder Art. Oh ja, wir haben einige Bands bei uns die auch sehr gute Starts hatten. Es ist einfach schwer weiter zu gehen und weiter zu kommen und fast alle dieser Bands die du Aufzählst schaffen es irgendwie nicht sich zu verbessern. Aber was ich an diesen Bands schätze ist, dass sie alle Ihren Weg versuchen zu gehen und damit wohl für andere Bands ein wenig vorbildliche "Wegbereiter" sind. Bewegung - nein, glaub ich nicht. Bewegung wäre auch was Neues. Es gibt wenig Neues auf dem Markt. Deshalb versucht man es jetzt auch, die alten Bands zu pushen damit die Industrie Ihr Versagen in Sachen Cd-kopieren, Musicstars etc. wettmachen kann.
Squealer.net: Vermutlich habt ihr die Frage schon tausendmal gehört, also stellen wir sie natürlich auch: Wie sieht euer Verhältnis zu Krokus aus? Hättet ihr ein Problem, mit Marc Storace & Co ein Bier trinken zu gehen?
Marc Lynn: Wir kennen Krokus sehr gut. Der Drummer arbeitet bei unserer alten Plattenfirma (BMG) also sehen uns regelmäßig. Der Bassist ist ein alter Kumpel von unserem Drummer Hena und auch von mir. (Marc) Storace kenne ich noch aus früheren Tagen. Fernando kennen wir natürlich auch noch aus den Anfangstagen von Gotthard, ist man sich doch immer wieder über den Weg gelaufen. Also wir hätten kein Problem, denn wir trinken ab und zu schon eins zusammen
Squealer.net: Velvet Revolver knackten mit "Contraband" die US-Charts mit dem höchsten Wert, den jemals eine Rock-Band in der ersten Woche erreicht hat. Dessen ungeachtet klagt die Branche über wegbrechende Verkaufszahlen durch Sharing-Börsen im Internet. Was glaubst du, liegt der Grund tatsächlich darin oder spielt die Präsentation der Musik als Massenware ohne echten Wert ("Deutschland sucht den Superstar") auch eine Rolle?
Marc Lynn: Die Branche hat in den letzten Jahrzehnten einfach nicht Ihren Job gemacht. Jede Plattenfirma bastelte an Ihren eigenen Kopierschützen und Lösungen für die anstehenden Probleme, anstatt sich zusammen an einen Tisch zu setzen. Sorry, Job not done!
Schnelles Geld war die Lösung (Superstars etc.)! Leider ist das ein Rad das sich immer schneller dreht und einfach nicht zu machen ist über lange Zeit. Junge Bands fehlen, denn die aufzubauen kostet Zeit und Geld und das war nicht da. Was passiert? Man ist kein Schritt weiter und beginnt damit Labels zusammenzuschließen oder wie Warner zu minimieren. Doch das selbe Problem ist immer noch da. (Natürlich auch ein Fehler der Gesetzgebung). Velvet Revolver beweist das es geht, das die Fans wieder auf Musik stehen und warten. Wenn ein Produkt wirklich gut ist dann werden es die Fans auch kaufen und nicht kopieren etc.
Squealer.net: Es liegt zwar schon ein paar Jahre zurück, als Gotthard begann, den Schweizer Rock-Olymp zu erobern. Weisst du trotzdem noch, wer euch damals beeinflusst hat, genau diese Art von Musik zu machen?
Marc Lynn: Vor allem Bands der 70' und Anfangs 80' Jahre. Bands wie Beatles, Zeppelin, Deep Purples, Whitesnake, Dio etc etc etc. Wir alle liebten diese Art von Musik und haben tonnenweise Songs versucht nachzuspielen als wir unsere Instrumente lernten. Das prägt.
Squealer.net: Die Trennung von eurem Gitarristen Mandy erfolgte ohne die leider viel verbreitete schmutzige Wäsche. Nach allem, was zu lesen war, hatte ich den Eindruck, dass ihr die Trennung vollzogen habt, bevor richtig Trouble entstehen konnte. Liege ich damit richtig?
Marc Lynn: Ja dem ist so. Mandy hat sich über all diese Jahre nie richtig in die Band einfinden können obwohl wir Ihm immer wieder versuchten ins Boot zu ziehen. Wir wollten von Ihm auch einiges mehr an Leistung die einfach nie kam. Er fühlte sich nicht mehr Wohl und das fügt einen nicht zusammen. Es war auch für uns nicht schön nach all den Jahren, hatte man doch einiges erlebt.
Squealer.net: Erzähl uns noch was zum neuen Mann bei Gotthard, Gitarrist Freddy Scherer.
Marc Lynn: Freddy kennen wir schon seit Jahren. Ich habe schon vor Gotthard mit Ihm zusammen bei China gespielt. Er und die Band trafen sich immer wieder und er begleitete uns auch mal zu Konzerten. Ein alter guter Bekannter. Freddy kommt durch seine letzten Projekte mehr aus dem Punk orientierter Ecke. Er ist ein sehr guter Gitarrist und wir erhoffen uns den lang ersehnten fünften Mann der uns positive Inputs in Sachen Songwriting und Business geben kann. Er ist sehr professionell und sehr direkt - zielstrebig.
Wir erhoffen uns das Beste und werden es sehen mit der nächsten Cd. Live haben wir mit Ihm dieses Jahr ein paar Konzerte gemacht und es klappt fantastisch!
Squealer.net: Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Was dürfen wir in den nächsten Monaten und Jahren von Gotthard erwarten? Gibt es Pläne, was das Songmaterial angeht, oder lasst ihr euch selbst überraschen, was beim Songwriting rauskommt?
Marc Lynn: Wir lassen uns selber ein wenig überraschen. Da wir einen neuen Mann haben mit Freddy wissen wir natürlich noch nicht recht wohin es gehen wird, das macht aber alles sehr interessant. Wir beginnen im Oktober mit dem Songwriting und gehen danach ins Studio. Wo, Wie und mit welchem Produzenten sind wir noch am Checken. Die Cd sollte im Frühling auf den Markt kommen und ich denke, dass wir das bis dahin schaffen werden.
Squealer.net: That's it - vielen Dank für eure Zeit, SQUEALER.net wünscht euch alles Gute für die Zukunft!
DISCOGRAPHY:
1992 – Gotthard
1994 – Dial Hard
1996 – G.
1997 – DeFrosted
1999 – Open
2001 – Homerun
2002 – One Life (Best Of)
2003 – Human Zoo
2004 – One Team One Spirit (Best Of)
2005 – Lipservice
2006 - Made In Switzerland - Live In Zürich (CD/DVD)
2007 - Domino Effect
2009 - Need to Believe
SQUEALER-ROCKS Links:
Gotthard - G. (CD-Review)
Gotthard - Human Zoo (CD-Review)
Gotthard - Lipservice (CD-Review)
Gotthard - One Team, One Spirit (CD-Review)
Gotthard - Need to Believe (CD-Review)
Gotthard - Firebirth (CD-Review)
Gotthard - Bang! (CD-Review)
Gotthard - Made In Switzerland (DVD-Review)
Status Quo / Gotthard / Morris - Emden, Nordseehalle (Live-Review)
Gotthard und Axxis - Herne, Gysenberghalle (Live-Review)
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