Squealer-Rocks.de Live-Review
Gotthard und Axxis (04.12.2005, Herne, Gysenberghalle, Maddin)

Die altehrwürdige Eishalle zu Herne machte ihrem Namen alle Ehre. Nachdem sich das Publikum aufgrund des mit 50 – minütiger Verspätung erfolgten Einlasses schon so manchen Allerwertesten abgefroren hat, waren die Temperaturen im Innern der Halle nur unwesentlich wärmer als draußen. Da galt es echten Rock’n’Roll Kampfgeist an den Tag zu legen. Heisst: Erst mit Glühwein, anschliessend beim Abfeiern der Bands dem Körper die nötige Hitze zuführen. Da gibt es wesentlich schlimmeres! Wie z. B. die technischen Schwierigkeiten, die der Grund für die Verzögerung waren. Um 19 Uhr sorgte ein Totalausfall der PA dafür, dass das Konzert kurz vorm Abbruch stand. Riesenlob an die Techniker, die den Schaden noch beheben konnten. Der Dank von knapp 1000 jubelnden Fans war ihnen gewiss.

Im Gegensatz zum Rest der Tour übernahmen in Herne und München Axxis statt der norwegischen Truppe Wig Wam die Anheizerrolle (im wahrsten Sinne des Wortes). Wer Axxis kennt, weiß, dass dies keine Schwierigkeiten für die Dortmunder bedeuten sollte, die ja quasi zudem ein Heimspiel hatten.
Natürlich kann die Band mit Party –Krachern wie "Living in a World“ oder "Little look Back“ überall auf der Welt eine Menge in gute Stimmung versetzen.
Ein fester Bestandteil der Show waren wieder mal Sänger Bernie’s Ansagen, die sich schon mal auf mehrere Minuten hinziehen und streckenweise als Stand up Comedy durchgehen.
Sehr unterhaltsam das Ganze, wenn man jedoch die Rolle des zeitlich limitierten Supports hat, ist es vielleicht ratsamer, die Witze etwas abzukürzen und dafür ein bis zwei Songs mehr zu spielen. Ansichtssache, genauso wie das neue Material vom kommenden Album.
Verstärkt durch eine Sängerin geht die Geschichte in eine ziemlich epische Ecke und Vergleiche mit Nightwish drängen sich da natürlich auf, was nicht überall im Publikum wohlwollend aufgenommen wurde.
Warten wir halt die neue Scheibe ab. Ansonsten war wie immer alles in Ordnung bei Axxis.

Ja – und dann ging’s richtig los! "All we are“ und "Dream on“ vom neuen Knaller "Lipservice“ setzten den Startpunkt für eine gut 2 stündige Show, die nicht mal den Hauch einer Kritik zulässt. Es gibt weltweit wohl nur sehr wenige Bands, die Perfektionismus und Fannähe derart vereinen wie Gotthard. Die Schweizer Rocker funktionieren absolut perfekt auf der Bühne und wirken trotzdem niemals steril oder künstlich. Echte Spielfreude, gepaart mit professionellem Stageacting. Da steht kein Musiker länger als nötig an einer Stelle. Lediglich bei den Balladen kehrt ein wenig Ruhe ein.

Apropos Balladen: Der Anteil der Schmusesongs, die natürlich ein wesentlicher Bestandteil des Gotthard Sounds sind, wurde zugunsten harter Rockstücke erheblich dezimiert. Dennoch ist es fast schon ein Ritual, dass man sich als Mann dann zum Bierstand begibt oder die sanitären Einrichtungen aufsucht, während die Dame des Herzens derzeit verträumt das Feuerzeug schwingt und Sänger Steve Lee anhimmelt.
Kultverdächtige Szene in Herne: Da standen wir mit 6- 7 Mann nebeneinander an der "Pissrinne“, ein Einzelner fing an, und kurz darauf schmetterte die ganze Riege harter Kerle den Kuschelsong "One Life, One Soul“ aus vollem Halse mit. Filmreif!

Ein weiteres Merkmal der Band ist auf jeder Tour die enorme Präsenz von Stücken des derzeit aktuellen Albums. Was in der "Open“ und "Homerun“ Ära noch für Unmut beim Hardrock Publikum sorgte, löst anno 2005 Begeisterungstürme aus.
Ganze 8 Songs von "Lipservice“ gab es zu hören. Da der neuste Output neben dem Klassiker "G.“ – der ebenfalls mit 4 Stücken bedacht wurde – das beste Scheibchen der Schweizer ist, gab es für niemanden Grund zur Klage.

Den absoluten Show Höhepunkt gab es dann, als Drummer Hena zum Solo ansetzte: Nach ein paar Takten wurde am Mischpult ein weiteres Drumkit hochgefahren, an dem Sänger Steve saß. Zunächst "duellierten“ sich die Zwei, dann wurde synchron weiter gehämmert. Unnötig zu erwähnen, dass der Jubel bei den Fans jetzt keine Grenzen mehr kannte.
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass auch eine fantastische Lichtshow geboten wurde, unterstützt von drei riesigen Video – Leinwänden.

Irgendwann war dann aber mal Schluss, und mit Led Zeppelins "Immigrant Song“ wurde noch einmal der Geist der 70er beschworen. Wiederholt seien hier die Tontechniker erwähnt, die es geschafft haben die akustisch absolut problematisch zu nennende Eishalle zumindest "gut“ zu beschallen. Da habe ich an selber Stelle schon klangtechnische Katastrophen erlebt.

Möchte auch noch darauf hinweisen, dass ich vor dem Konzert ein Interview mit dem Gitarristen Freddy geführt habe, das in den nächsten Tagen hier veröffentlicht wird.
Also, dranbleiben.

Setlist Gotthard:

1. All We are
2. Dream on
3. Hush
4. Mountain Mama
5. Let it be
6. Top of the World
7. I wonder
8. Said and done
9. One Life, One Soul
10. Nothing left at All
11. Sister Moon
12. The other side of Me
13. Firedance
14. Drum Solo
15. Homerun
16. Mighty Quinn
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17. In the Name
18. Heaven
19. Lift U up
20. Anytime, Anywhere
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21. Immigrant Song