Squealer-Rocks.de CD-Review
Gotthard - Firebirth

Genre: Hardrock
Review vom: 07.07.2012
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Nuclear Blast



So, machen wir es kurz, lassen übertriebenen Pathos beiseite. Man muss heute nicht mehr darüber reden, was für ein Verlust der tragische Tod von Steve Lee ist. Jeder sollte mittlerweile kapiert haben, dass nicht nur Gotthard ihren Sänger, sondern die Rockwelt einen der ganz Großen verloren hat. Und dass die Fans nicht nur trauern, weil ein Frontman par excellence gestorben ist, sondern das auch einer der nettesten und fanfreundlichsten Musiker nicht mehr da ist.
Den Begriff „fanfreundlich“ kann sich freilich auch jeder der anderen Gotthard Musiker auf sein T – Shirt drucken; von daher kann man sich ausmalen, wie schwer es den Schweizern gefallen ist weiterzumachen und den passenden Nachfolger zu finden.

Doch die Band hat wie so oft alles richtig gemacht. Mit Nic Maeder hat man einen Mann gefunden, der in allen Belangen zu Gotthard passt. Der Mann ist Schweizer, was mit Sicherheit ein Aspekt war, da diese Truppe - bei allem Profitum – stets darauf geachtet hat, das es auch zwischenmenschlich funktioniert. Ein „Söldner“, wie der von vielen favorisierte Jorn Lande, kam von daher nicht in Frage. Zudem ist der Bursche ein gestandener Rock'n'Roller, der mit seiner eigenen Combo Maeder in der gleichen stilistischen Ecke unterwegs war.

Stimmlich ist der Gute zwar kein Steve Lee Double, klingt ihm aber verdammt ähnlich. Dennoch kann er genügend eigene Akzente setzen, tönt mal ein bisschen rauer, mal ein bisschen höher als sein Vorgänger. Alles in allem kann man somit sagen, dass die Wahl perfekt ist.
Hoffen wir nur, dass der „Neue“ auch live überzeugen kann.

Zum Album:
Auch hier hat die sympathischste aller Rockbands alles richtig gemacht. Nachdem die letzten drei Scheiben ein bisschen mehr in die moderne Hardrock Ecke tendierten, auch durch den Einfluss von Freddy Scherer als zweiten Hauptkomponisten, wäre ein vierter Output nach dem selben Muster zweifellos etwas ermüdend gewesen.
Also konzentriert sich das Flaggschiff aus den Alpen heuer wieder auf seine Wurzeln, heißt, der traditionelle Hardrock mit saftigem 70er Flair beherrscht zu weiten Teilen die Szenerie.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Songs wie der knochentrockene Opener „Starlight“, der eine krude, aber geile Mischung aus Intro und kloppendem Blues Rock mit AC/DC und Whitesnake Schlagseite ist, versetzen die Altfans direkt in das Jahr 1992, denn GENAU SO haben Gotthard auf ihrem Debut geklungen. Auch die Freunde, die noch nicht so lange dem Schaffen der Jungs aus dem Tessin frönen, dürften ihren Spaß haben, erleben sie doch quasi eine neue Seite „ihrer“ Band.
Gleiches gilt für das folgende „Give me real“, das ….....
“STOP!“, sagt der Herr Chefredakteur, „denke an Deine Zeilenvorgabe!“
OK – also keine Song für Song Kritik. Nicht desto trotz muss man noch ein paar Dinge erwähnen.

Zunächst mal, dass natürlich keineswegs das ganze Album nach dem Muster der ersten 2 Scheiben gestrickt ist. „The story's over“ bspw. ist eine epische Hardrock – Walze, die gut auf „G.“ gepasst hätte, vergleichbar mir „In the name“, während „Right on“ (incl. Vocoder) auf „Human zoo“ bestens im Gehege aufgehoben wäre.
„Take it all back“ wiederum kommt wie eine Halb – Akustische Springsteen Hommage daher und hätte gut und gerne auf „Homerun“ stehen können.

Mit „Yippie aye yay“ hat man eine stampfende Hymne für die kommende Tour parat, die vom Feeling her viel vom Purple Cover „Hush“ besitzt. Das schwer riffende „Fight“ geht als Tribute an alte Whitesnake durch, und auch das schnelle „I can“ hätte Coverdale anno 1979 gut zu Gesicht gestanden. Das sich dramatisch aufbauende „S.O.S.“ dagegen klingt wie ...ähm, Gotthard anno 1992. Tolle Songs, allesamt.

Ein wichtiger Bestandteil von Gotthard waren stets die Balladen. Dreimal darf auf „Firebirth“ gekuschelt werden. Zweimal, wie üblich, zu absolut genialen Harmonien, bei denen man sich fragt, wie es diese Band schafft, gerade in diesem Sektor niemals langweilig zu werden.
Ganz, ganz große Kunst!
Bei „Where are you“ ist alles ein bisschen anders. Diesen Song hat Leo Leonie für Steve Lee geschrieben und ich erzähle jetzt keine Scheiße, wenn ich sage, dass mir beim Schreiben dieser Zeilen die Tränen laufen. Ich glaube auch, dass es jedem langjährigen Fan genauso ergehen wird.

Deshalb möchte ich mein Fazit mit einem persönlichen Statement verbinden: Ich hatte lange überlegt, überhaupt ein Review zu diesem Album zu schreiben.
Ich hatte Angst, nicht die richtigen Töne bezüglich Steve Lee zu finden. Die richtige Balance zwischen dem, was man als Fan der ersten Stunde fühlt und der Verpflichtung, nur das neue Album als solches zu sehen.
Ich hoffe, es ist mir halbwegs gelungen. Denn bei aller Trauer hat die viel bemühte Floskel „es geht immer weiter“, wohl selten eine solche Gültigkeit erfahren wie in diesem Fall.
„Firebirth“ ist das beste Gotthard Album seit „Lipservice“ und Nic Maeder ist der absolut beste Mann für die Band. Er wird und will Steve nicht ersetzen, aber er ist genau der, den die Band nun braucht.
Und wir auch!

Tracklist:
Starlight
02. Give Me Real
03. Remember It's Me
04. Fight
05. Yippie Aye Yay
06. Tell Me
07. Shine
08. The Story Is Over
09. Right On
10. S.O.S.
11. Take It All Back
12. I Can
13. Where Are You

Line Up:
Vocals: Nic Maeder
Guitars: Leo Leoni
Guitars: Freddy Scherer
Bass: Marc Lynn
Drums: Hena Habegger

DISCOGRAPHY:

1992 – Gotthard
1994 – Dial Hard
1996 – G.
1997 – DeFrosted
1999 – Open
2001 – Homerun
2002 – One Life (Best Of)
2003 – Human Zoo
2004 – One Team One Spirit (Best Of)
2005 – Lipservice
2006 - Made In Switzerland - Live In Zürich (CD/DVD)
2007 - Domino Effect
2009 - Need to Believe

SQUEALER-ROCKS Links:

Gotthard - G. (CD-Review)
Gotthard - Human Zoo (CD-Review)
Gotthard - Lipservice (CD-Review)
Gotthard - One Team, One Spirit (CD-Review)
Gotthard - Need to Believe (CD-Review)
Gotthard - Firebirth (CD-Review)
Gotthard - Bang! (CD-Review)

Gotthard - Made In Switzerland (DVD-Review)

Status Quo / Gotthard / Morris - Emden, Nordseehalle (Live-Review)Gotthard und Axxis - Herne, Gysenberghalle (Live-Review)

Marc Lynn von Gotthard (Interview)
Freddy Scherer von Gotthard (Interview)
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