Squealer-Rocks.de CD-Review
Gotthard - Need to Believe

Genre: Hardrock
Review vom: 18.09.2009
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Nuclear Blast



Als Gotthard Fan der ersten Stunde, sprich des Debut - Albums, kann man nicht anders, als ein Review mit der bewegten musikalischen Vita der Schweizer zu beginnen. Man wiederholt sich zwar bei jeder Veröffentlichung, aber das MUSS NUN MAL SEIN! Schließlich neigen ja gerade wir älteren Semester zu nostalgischen Ausflügen in die Vergangenheit und eine Band wie Gotthard hat rein dienstgradmäßig immer ein kleine Rückschau verdient, oder?

Es begab sich also im Jahre 1992, als wir Ohrenzeuge davon werden durften, dass es außer Krokus – die sich zu dieser Zeit gerade mal wieder auflösten oder wiederformierten oder erneut auf der Suche nach sich selbst waren - noch andere Eidgenossen gibt, die der hohen Kunst des kernigen Hardrocks mächtig waren. Da wurden uns Perlen wie „Standing in the Light“ oder „Downtown“ präsentiert, die nicht nur Krokus, sondern Whitesnake gleich mit in den Schatten stellten. Diese Energie, dazu diese fantastische Stimme – das war schon eine kleine Sensation. Natürlich nur in Insiderkreisen, schließlich reden wir ja von den 90ern! Die nächsten beiden Scheiben hielten das Level, der berühmte „G.“ gilt bei vielen Fans bis heute als bestes Album der Band.

Dann der Bruch: Die Truppe merkte , dass sie von den überschäumenden Reaktionen der Kritiker und Metal Fans zwar leben konnte, aber nicht besonders gut. Also sprang man zunächst auf den „Unpluged“ - Zug auf, um dann anschließend mit sehr radiotauglichen Veröffentlichungen geradewegs in die Küchen der Hausfrauen zu brettern.
Wir Metal Fans tobten vor Wut, brüllten Sachen wie „Verrat“, kauften aber trotzdem die CDs und rannten zu den Konzerten . Denn eins waren Gotthard auch zu dieser Zeit: geniale Songwriter und noch genialere Live Musiker, die auf ihren Konzerten auch stets die hart rockende Vergangeheit berücksichtigten.
2005 dann endlich die Rückkehr zu alten Tugenden: „Lipservice“ ist ein Meilenstein in der Historie der mega - sympathischen Band und stellte die 1. Garde der Uralt - Fans, wie auch die Ladies, die sonst eher Chris de Burgh hören, zufrieden. Das muss man auch erstmal schaffen...
Doch diese unwiderstehliche Mischung aus saftigen Hardrock - Ohrwürmern und absolut hinreißenden Balladen – da gibt es weltweit außer Gotthard wohl nur ganz, ganz wenige Bands, die das so gut können.
Der 2007er Ouput „Domino Effect“ setzte dann noch ein wenig mehr auf Härte und ließ gelegentlich sogar fast düstere Töne zu, war dennoch zu jeder Sekunde Gotthard pur.

Und heute? Ein paar Zeilen hab' ich ja noch übrig, um euch zu erzählen, was wir denn von „Need to Believe“ zu halten haben.
Kurzum: Was auf „Domino Effect“ noch manchmal etwas zu unentschlossen klang, findet hier seine Erfüllung.
Pathetisch ausgedrückt: Der Kreis schließt sich.
Sachlich gesprochen: Besser kann man Moderne und Tradition im Hardrock nicht verbinden!

Bereits der Opener „Shangri La“ donnert im wahrsten Sinne des Wortes durch die Boxen: Ein dezent an Aerosmith / Led Zep angelehntes Riff, eine wummernde Groove – Fraktion, und über all dem thront Steve Lees unvergleichliche Stimme, die eine wunderbar hymnische Melodie intoniert.
Hart, roh, rockig!
Das nachfolgende, fast speedige „Unspoken Word“ ist schon beinahe Metal. Und der Chorus? Ach Leute, was soll ich sagen? Ein Traum!
Der Titelsong ist eine Art Halbballade und irgendwann hat David Coverdale auch mal so gut gesungen wie es der Frontman aus Lugano hier tut.

„Unconditional Faith“ ist eine Ami - Nummer mit dezentem Country Flair, wie sie Boss Springsteen in seinen guten Tagen hätte bringen können. Das mächtige „I Don't Mind“ ist eine Reise in die Vergangenheit und beginnt mit einem Riff, wie es seinerzeit bei „Downtown“ zu hören war.
Wir sind wieder zu Hause!
Es folgt das ungewöhnliche „Break Away“, eine Midtempo - Nummer mit extrem prägnantem Schlagzeug und einem Chorus zum Niederknien – für so eine akustische Großtat ruiniere ich gerne meine Gelenke.
Mit der Startnummer Sieben geht die erste Voll – Ballade an den Start: Muss man bei Gotthard noch irgendwas dazu sagen? Muss man nicht! „Don't Let Me Down“ wird bei den nächsten Männerabenden für Verbrüderungen und feuchte Augen sorgen, das ist mal klar.

Harte Klampfen, fast schon Modern Metal, so beginnt „Right from Wrong“. Trotzdem wird hier jeder Traditionalist mitbrüllen – einmal, zweimal, hundertmal!
Ein dezenter Tribut an „Still Loving You“ eröffnet „I Know, You Know“. Insgesamt ein Vergleich, der ein riesengroßes Kompliment sein soll. Der Rest des Stückes erinnert auch leicht an die Scorps, ich sage nur: “Rhythm of Love“.
„Rebel Soul“ ist ein knüppelhartes, übles und dreckiges Stück Rock'n'Roll, das durch seinen tollen Refrain gerade noch die Kurve kriegt, um nicht als „Motörhead - Style“ in die Wertung zu rasen.
Hart, härter, Gotthard!

Wer hätte nicht darauf gewettet, dass der letzte Song eine Ballade ist? Doch Obacht, meine Freunde.
„Tears to Cry“ ist zwar Kuschelfutter, aber so hart gezockt, dass uns echt der Kopfhörer vom Schädel fliegt. Da dröhnen zwei Klampfen, da werden die ruhigen Stellen von Orchester - Klängen überbrückt, da singt Steve Lee mal romantisch, mal beängstigend hoch, mal bluesig / rauchig.
Der Bonus Track der Limited Edition, die für 16 Euro durchaus preiswert ist, nennt sich „Ain't Enough“ und ist nichts anderes als eine leichte Adaption von Songs wie „Fist in Your Face“ und „Standing in the Light“. Somit also absolut hörbar.

Wieder einmal ist es den Schweizern gelungen, jeden Fan zufrieden zu stellen. Gotthard legen nun das dritte Referenzwerk in Sachen Hardrock in Folge vor und haben weit und breit keine Konkurrenz zu fürchten. Das I – Tüpfelchen ist, dass „Need to believe“ noch einen Tacken besser und voluminöser als der Vorgänger produziert ist. Es hat sich also bezahlt gemacht, diesmal einen externen Produzenten (Richard Chycki) hinzuzunehmen.
Weltklasse! Wir freuen uns auf die Tour mit Europe!

Tracklist:
1.Shangri-la
2. Unspoken Words
3. Need To Believe
4. Unconditional Faith
5. I Don't Mind
6. Break Away
7. Don't Let Me Down
8. Right From Wrong
9. I Know, You Know
10. Rebel Soul
11. Tears To Cry

Line Up:
Steve Lee - Vocals
Leo Leoni - Guitars
Freddy Scherer - Guitars
Nicolo Fragile - Keyboards
Marc Lynn - Bass
Hena Habegger - Drums








DISCOGRAPHY:

1992 – Gotthard
1994 – Dial Hard
1996 – G.
1997 – DeFrosted
1999 – Open
2001 – Homerun
2002 – One Life (Best Of)
2003 – Human Zoo
2004 – One Team One Spirit (Best Of)
2005 – Lipservice
2006 - Made In Switzerland - Live In Zürich (CD/DVD)
2007 - Domino Effect
2009 - Need to Believe

SQUEALER-ROCKS Links:

Gotthard - G. (CD-Review)
Gotthard - Human Zoo (CD-Review)
Gotthard - Lipservice (CD-Review)
Gotthard - One Team, One Spirit (CD-Review)
Gotthard - Need to Believe (CD-Review)
Gotthard - Firebirth (CD-Review)
Gotthard - Bang! (CD-Review)

Gotthard - Made In Switzerland (DVD-Review)

Status Quo / Gotthard / Morris - Emden, Nordseehalle (Live-Review)Gotthard und Axxis - Herne, Gysenberghalle (Live-Review)

Marc Lynn von Gotthard (Interview)
Freddy Scherer von Gotthard (Interview)
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