Mariusz Duda von Riverside

(24.10.2005, Interview geführt von Jack)

Im Monat Oktober des Jahres 2005 musste man verdammt aufpassen, dass man keine der vielen großartigen Veröffentlichungen unwissentlich unter den Teppich kehrte. Neben den „Großen“ wie Helloween usw. konnten gleich mehrere unbekanntere Bands reichlich Pluspunkte bei den Redakteuren von SQUEALER.net sammeln. Darunter sind in erster Linie die polnischen Dark-Progger Riverside gemeint, die für uns einige Fragen beantworteten.

Squealer.net: Hallo, erst einmal möchte ich euch zu euerem neuen Album, SECOND LIFE SYNDROME, gratulieren, welches auf jeden Fall in meiner Jahres Top 10 2005 vertreten sein wird. Wie würdest du das weite klangliche Spektrum der Scheibe beschreiben?

Mariusz Duda: Ich habe gehört, dass die Musik von Riverside auf SECOND LIFE SYNDROM zu metallisch für Art Rock und zu artrockig für Prog Metal sei. Das sollte eigentlich eine negative Kritik sein, aber für mich ist es ein wirklich positiver Kommentar. Er belegt, dass unsere Musik nicht einfach zu bemaßen ist und dass wir unseren eigenen Stil besitzen. Ich glaube, es ist uns gelungen eine sehr zusammenhängende Platte zu veröffentlichen: Die Instrumente ergänzen sich untereinander und die Kompositionen sind miteinander verflochten. Das Album beinhaltet alle Elemente, die charakteristisch für unsere Musik sind: Kontraste, Spannungssteigerung und Spannung, kurze und epische Kompositionen...

Squealer.net: Mit dem unverhofften Erfolg des Debüts OUT OF MYSELF gab es während des Songwritingprozesses zur neuen Platte einigen Druck seitens der Presse und der Fans, dem ihr aber sehr gut standgehalten habt. Was unterscheidet das Arbeiten an neuem Material, wenn man weiß, dass es da draußen einige gibt, die Erwartungen an einen stellen? Stärkt so etwas auch die Geschlossenheit einer Band?

Mariusz Duda: Wir wussten, dass das Aufnehmen eines zweiten OUT OF MYSELF viele Fans befriedigen würde, aber wir können keine zwei Alben aufnehmen, die gleich klingen. Es gibt in der Musik zu viel zu sagen, um sich nur auf die etablierten Vertreter oder Muster zu versteifen. Wir mussten ein Album schreiben, das sich davon unterscheidet, wir mussten ein Risiko eingehen. Wir waren uns auch darüber im Klaren, dass es dieses Mal die Zuhörerschaft spalten könnte. Der zweite Teil der Trilogie erforderte eine "ernstere" Herangehensweise, mehr Schwärze, Verbitterung und Aggression in der Musik. Wir gaben den klaren Klang und die eingängigen Melodien auf. Stattdessen gibt es mehr überzogene Gitarren, mehr "natürliche" Keyboards wie Hammond oder Piano, aggressiveren Gesang und ich gab auch das Spielen der Akustikgitarre auf. Wir verfolgen von Beginn an einen Plan für dieses Album, den wir aufschrieben und an dem wir festhielten. Wann auch immer es Zweifel gab, beriefen wir uns auf ihn.
Ich glaube in unserem Fall wirkte der Stress nicht lähmend - ganz im Gegenteil, der Druck regte uns auf sehr positive Art und Weise an. Wir wollten wirklich beweisen, dass Riverside nicht nur eine "Ein-Album-Band" gewesen sei. Aber an den dritten Teil der Trilogie werden wir wesentlich entspannter rangehen. :-)

Squealer.net: Inhaltlich verarbeitet ihr in den ersten drei Alben eine Konzeptgeschichte; und zwar die eines einsamen Menschen. Wie kamt ihr darauf, euch solch einem Thema für längere Zeit zu widmen? Wie wirkt sich dies auf die musikalische Ausarbeitung aus? Und, habt ihr euch schon überlegt wie diese Geschichte mit dem nächsten Album enden soll?

Mariusz Duda: Der Gedanke an eine Trilogie wurde, nachdem wir OUT OF MYSELF aufgenommen hatten, geboren. Ich dachte bei mir:
Warum nicht drei Alben rund um diese Thematik aufnehmen? Drei verschiedene Arten die Einsamkeit des Held und den Kampf in seinem Inneren wiederzugeben?
Mein Leben, das Leben meiner engen Freunde und Verwandten war voll von unterschiedlichen Ereignissen, über die wollte ich schreiben- so etwas wie Seiten eines Tagebuchs kreieren. Sie alle in einer fiktiven Geschichte zusammenzusetzen, würde einen interessanten Effekt ergeben.
So entschied ich, dass es eine Trilogie werden würde.
Die Geschichte spielte eine entscheidende Rolle beim Aufnahme Prozess von SECOND LIFE SYNDROM. Wir hatten das Hauptkonzept und einen Rahmen für die ganzen Aufnahmen - es half uns das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Eine Geschichte - drei Alben. Ich will nicht enthüllen, wie das dritte Album sein wird. Es wird sich aber auf alle Fälle von OUT OF MYSELF und SECOND LIFE SYNDROM unterscheiden. Der Held wird sicherlich mehr über sich selbst erfahren und vielleicht findet er die Antwort auf die Frage, die er in der Komposition "Before" stellt. Wir werden sehen. :-)

Squealer.net: Mit dem über 15-minütigen Titeltrack "Second Life Syndrome" habt ihr euch ganz ehrlich gesagt ein Denkmal gesetzt! Ob dunkle oder hoffnungsvolle Momente oder einen Pink Floyd Part ("Shine On You Crazy Diamond") zum Beginn, dieser Song vereint wahrlich einige Komponenten und stellt eines der Highlights der Platte da. Wie sieht grob das Schreiben an einem solchen "Epos" aus?

Mariusz Duda: Diese Komposition beinhaltet alle für unseren Stil charakteristischen Elemente. Wir wollten sie in diesem Stück betonen. Das Gitarren/Keyboards Intro, die komplizierte Rhythmusstruktur mit melodischem Gesang, die Gegensätze, die Stimmungsschwankungen, Trance und Staffelung von Spannung... Zudem konnte Grudzien (Piotr Grudzinski, Gitarrist - Anm.d.Red.) so längere Soli spielen (lacht). Wir haben eine lange Zeit daran gearbeitet - jeder Part musste sich so entfalten, dass er zu den anderen passt. Wir hielten Ausschau nach den besten Lösungen und Kombinationen. Die 16 Minuten sind einfach so entstanden (lacht).

Squealer.net: Da man, wenn man überhaupt Bands heranziehen möchte, um den Sound von Riverside zu beschreiben, Anathema und Porcupine Tree nennen müsste, frage ich dich einfach mal nach den Verbindungen zu diesen Truppen. Was hältst du von ihnen und welchen Einfluss haben sie wirklich auf euch?

Mariusz Duda: Anathema und Porcupine Tree sind zweifellos sehr wichtige Bands in Grudziens und meinem Leben. Anathema ist noch immer eine seiner Lieblingsbands, während ich früher Fan von Porcupine Tree zu UP THE DOWNSTAIR, THE SKY MOVES SIDEWAYS oder SIGNIFY Zeiten war. Porcupine Tree ist wahrscheinlich die einzige Band, die frischen Wind in die so genannte progressive Musik der 90er gebrachte hat, das ist letztendlich, was ich glaube. Und na ja, ich mochte sie schon immer wegen des Gesangsstils - nicht so aufbrausend, sondern irgendwo mittendrin in der Musik, aber mit dem Augenmerk auf Melodien gerichtet. Das Selbe trifft auch auf die Wahl ihres Sounds zu. Lieber drei einleuchtende Noten als zehn zu anspruchsvolle. Ich denke, dass Porcupine Tree einigen Einfluss auf die Musik von Riverside hatten, aber keinen größeren als viele andere Bands. Riverside ist das Ergebnis gereifter Köpfe, die bereits mit unterschiedlichen Musikrichtungen vertraut waren. Als wir die Band gründeten, hatten wir bereits einige Erfahrung gesammelt und waren nicht großartig begeistert von der Musik unserer Idole(lacht).
Das Wichtigste war immer gewesen das zu spielten, was wir fühlen, und nicht das, was in diesem Moment angesagt oder der neuste Schrei ist. Egal welche Richtung die Bands, mit denen wir verglichen werden, das wären Anathema, Porcupine Tree oder Opeth, einschlagen - wir werden unseren eigenen Weg gehen.

Squealer.net: So, jetzt hast du ausnahmsweise auf SQUEALER.net mal die Gelegenheit dazu, für deine Kollegen Werbung zu machen: Welche(s) Album/Alben des Jahres 2005 kannst du den Leserinnen und Lesern unsere Seite wärmstens empfehlen?

Mariusz Duda: Um ehrlich zu sein, ich habe keine wirklich großartigen Alben in diesem Jahr gehört. Möglicherweise liegt es daran, dass ich zu vertieft in die Arbeiten zu SECOND LIFE SYNDROME gewesen bin. Ich habe mir eher ältere Scheiben und meine eigenen Ideen anstelle neuer Musik angehört. Na ja, so kann's manchmal geh'n (lacht). Aber nun, da ich mir etwas Ruhe gönnen kann, werde ich versuchen die neue Rush DVD zu würdigen. :-)

Squealer.net: Blicken wir mal etwas nach Vorne: Was möchtet ihr in den nächsten Jahren im Hinblick auf Alben, Konzerte etc. erreichen?

Mariusz Duda: Wir planen eine Tour, "Second LIVE Syndrome", für April/Mai 2006. Zudem haben wir vor, etwas später im nächsten Jahr, auf einigen Festivals aufzutreten. Und natürlich wollen wir mit den Arbeiten am dritten Teil der Trilogie beginnen, so dass er irgendwann Mitte 2007 veröffentlicht werden kann.

Squealer.net: Wie in SQUEALER.net Interviews üblich gehören dem Befragten die letzten Worte: Was willst du noch unbedingt loswerden?

Mariusz Duda: Nur ein Wort: "Schmetterling"!


DISCOGRAPHY:

2004 - Out Of Myself
2005 - Second Life Syndrome
2006 - Voices In My Head (Re-Release)
2007 - Rapid Eye Movement
2009 - Anno Domini High Definition
2011 - Memories In My Head (EP)
2013 - Shrine Of New Generation Slaves

SQUEALER-ROCKS Links:

Riverside - Second Life Syndrome (CD-Review)
Riverside - Voices In My Head (EP) (CD-Review)
Riverside - Rapid Eye Movement (CD-Review)
Riverside - Anno Domini High Definition (CD-Review)
Dream Theater - Bonn, Museumsplatz (Live-Review)
Riverside & Last Supper - Karlsruhe, Substage (Live-Review)
Riverside, Jolly & Dianoya - Substage, Karlsruhe (Live-Review)
Mariusz Duda von Riverside (Interview)


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