Squealer-Rocks.de CD-Review
Pride of Lions - Immortal

Genre: Melodic Rock / AOR
Review vom: 15.09.2012
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 21.09.2012
Label: Frontiers Records



Welcher kundige AOR / Melodic Rock Fan hätte nicht ein paar hundert Euro darauf gewettet, dass die neue Pride Of Lions Scheibe ein Meisterwerk wird? Lediglich der Wettpartner, den hätte man kaum gefunden. Schließlich geht die Sonne auch jeden Tag auf ... .
Der Regel der Naturgesetze nahezu gleich, serviert uns Jim Peterik mit beängstigender qualitativer Konstanz den vierten Streich seiner Löwenbande, und man ist komischerweise kein bisschen erstaunt darüber, dass hier - trotz der bärenstarken aktuellen Konkurrenz in diesem Genre ( Eclipse, Asia, Toby Hitchcock (!) oder H.E.A.T.) nicht nur die beste Melodic Rock Produktion 2012 vorliegt, sondern der beste AOR Output der nächsten 2 oder 3 Jahre – je nachdem, wie lange es dauert, bis das nächste Pride of Lions Wunderwerk erscheint.
Keine reißerische Floskel, sondern eine Tatsache: Jim Peterik kann nur von sich selbst übertroffen werden!

Mehr als 5 Jahre hat es gedauert, bis es neues Futter für die Fans der Lions gab. Fünf lange und bange Jahre, denn Jim Peterik tobte sich zunächst genre - treu bei seinem Ex- Sänger Jimi Jamison aus, bevor er dem Rock den Rücken kehrte und sich in souligen Gospel - Gefilden niederließ.
Gottlob wurde unsere un - gospeligen Gebete erhört und mit 60 Jahren kehrt der Übervater des Melodic Rock zurück in unsere Kirche.

Doch keine Angst, Gospel und ähnliches Gedöns hat er nicht mitgebracht. Dennoch hat sich einiges getan im Songwriting. Alles klingt ein kleines bisschen gesetzter und auch reifer. Zudem hat Jim den von vielen so geliebten / gehassten „Musical / Drama“ - Faktor nochmals erhöht.

Bevor jedoch die alten Survivor Fans jetzt schon das Kotzen kriegen, nenne ich mal flott ein paar Klopper, die den Angstschweiß schnell vertreiben sollten:
Der Rausschmeißer „Ask me Yesterday“ ist eine treibende, hart rockende Nummer mit dem genialen Wechselgesang Peterik / Hitchcock und erreicht beinahe die Göttlichkeit des überirdischen „Heaven on Earth“ vom Vorgänger. Hierzu will man sterben!!! Das ist keine Musik mehr, das ist Religion!!!
Bei „Vital Signs“ spricht der Titel Bände. Nicht umsonst heißt der Song so wie das beste Survivor Album. Noch Fragen?
Die werden mit dem Oberklasse Midtempo - Track „If it doesn't kill me“ eindrucksvoll beantwortet. Das ist kein guter Melodic Rock, das ist die Definition des Genres!
Auch das stampfende „Coin of the realm“, eins der härtesten Pride of Lions Stücke überhaupt, ist bester, ach, Quatsch: DER beste Arena - Rock, den man sich vorstellen kann.

So – und nun kommen wir zu dem Punkt, der uns vor Ohren führt, weshalb Jim Peterik der Beste der Besten ist. Man muss sich fragen, warum dieser Mann nicht einfach sein erfolgreiches Schema durchzieht, sondern sein eh schon höchst voluminöses Spektrum noch erweitert.
Die Antwort ist simpel: Weil er es kann und weil er sich einen Scheiß um Konventionen kümmert.
So ist der Titelsong eine der besten, wenn nicht die beste Peterik Komposition überhaupt. Eine von vorne bis hinten durchdachte epische Wohltat, die in ihrer Theatralik an Jim Steinmann Großtaten erinnert. Sozusagen symphonischer Melodic Rock. Sozusagen großartig. Sozusagen das BESTE!!!
Hier feiert eingängige Pop Rock Mucke eine Hochzeit mit intelligentem Songwriting und wir sind die Trauzeugen!

Symptomatisch für die dezenten Neuerungen ist auch das fesselnde „Delusional“, das eher an Peteriks Solo Album „Before the storm“ als an eine typische Löwen - Nummer erinnert. Der Track beginnt fast schon Country mäßig und verwandelt sich dann in eine höchst pathetische Hymne, die zwischen Kitsch und Rock pendelt.
Noch deutlicher wird der „neue“ Weg bei „Shine on“: Zu Beginn singt Toby Hitchcock in reiner Musical - Manier, in meinen Augen etwas zu hausfrauengerecht, doch kurz darauf gibt es lupenreinen, flotten Radio – Rock zu hören, den die Hausfrau am Bügelbrett immer noch nett findet und der auch den mit Bierpulle schunkelnden Herrn des Hauses in wahre Verzückung versetzt.
Gleiches gilt für „Tie down the wind“, zu dem man tatsächlich gut mit der Flasche Pils in der Hand schunkeln kann.
Somit kann man Pride of Lions nicht nur musikalisches Genie, sondern auch eine Art von Sozialarbeit attestieren. Der Hausfrieden ist hier nämlich nicht in Gefahr.

Das sieht bei den 3 Balladen jedoch schon etwas anders aus. 3 von 11 sind für meine Begriffe etwas zu viel, zumal keine der Schnulzen ein echter Überflieger ist und das Schmuse – Trio etwas zu klebrig geraten ist.
Das kann man natürlich auch genau andersherum sehen.

Aber irgendeinen Aufhänger brauche ich ja, um meinen Vergleich mit dem Vorgänger „The Roaring of dreams“ zu ziehen. Und eben diese drei Heulsusen veranlassen mich zu dem Urteil, dass die Aktuelle in ihrer Gesamtheit einen kleinen Tacken schwächer ist.
Aber was heißt das schon in den Sphären, in denen dieses Werk schwebt.
Ja, dieses WERK! Ein Begriff, den man sonst nur bei progressiven Konzeptalben benutzt.

Jim Peterik, der im übrigen beinahe alle Gitarren und Keys im Alleingang eingespielt hat, lässt JEDE andere Band dieser Gattung im Regen und in Demut stehen.
Führt man sich dann noch vor Augen, dass der Mann aus Chicago, Illinois, wie schon erwähnt, bis vor kurzem noch mit seinen anderen Projekten beschäftigt war und das Songwriting dementsprechend in kurzer Zeit passiert ist, fällt einem gar nix mehr ein.
Höchstens noch das hier: Auch ein Jim Peterik kann frühestens mit 67 in Rente gehen! Er hat also noch pflichtgemäß mindestens drei Alben abzuliefern! Falls nicht, scheiss' ich ihn bei der entsprechenden U.S. Behörde an. Und das ist mein Ernst.
Und es wird auch Euer Ernst sein, wenn Ihr dieses Album gehört habt.

Durchlauf 1-5: Du schüttelst nur ungläubig den Kopf! „Das gibt’s doch gar nicht!“

Durchlauf 6 – 10: Du heulst Dir die Seele aus dem Leib!

Durchlauf 11 – 50: Du bist süchtig und merkst langsam, dass jedes kleinste Detail, jeder Ton raffiniert ausgetüftelt ist und Du spürst, was Göttlichkeit bedeutet.

Durchlauf 51 - ? : Entzug wäre lebensbedrohlich!


Tracklist:
1. Immortal
2. Delusional
3. Tie Down the Wind
4. Shine On
5. Everything That Money Can’t Buy
6. Coin of the Realm
7. Sending My Love
8. Vital Signs
9. If It Doesn’t Kill Me
10. Are You the Same Girl
11. Ask Me Yesterday 

Line Up:
Toby Hitchcock: lead vocals
Jim Peterik: lead and harmony vocals, acoustic and electric guitar, all keyboards, bass (on 10), percussion.

Add. Musicians:
Kelly Keagy: drums on 1, 2, 5, 8, 9, 10
Ed Breckenfeld: drums on 3, 4, 6, 7, 11
Bobby Lizik: bass on 1, 2, 5, 6, 8, 9
Klem Hayes: bass on 3, 4, 7, 11
Mike Aquino: additional lead guitar on 3, 5





DISCOGRAPHY:

2003 - Pride of Lions
2004 - The Destiny Stone
2004 - Black Ribbons (Maxi CD)
2006 - Live in Belgium
2007 - The Roaring Of Dreams
2012 - Immortal
2016 - Fearless

SQUEALER-ROCKS Links:

Pride Of Lions - The Roaring Of Dreams (CD-Review)
Pride Of Lions - Live in Belgium (CD-Review)
Pride of Lions - Immortal (CD-Review)
Pride of Lions - Fearless (CD-Review)

Pride Of Lions - Live In Belgium (DVD-Review)

Jim Peterik von Pride Of Lions (Interview)
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