Squealer-Rocks.de CD-Review
Saga - 20/20

Genre: Progressive Rock
Review vom: 05.07.2012
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 06.07.2012
Label: Ear Music



Die Fakten:
Ende 2007 verlässt Sänger Michael Sadler nach 30 Jahren Saga. Der Nachfolger, Rob Moratti, ist ein grandioser Vokalist und singt die ebenso grandiose Scheibe “The Human Condition“ ein.
Die Tour zum Album gerät zur mittleren Katastrophe, da der neue Frontman trotz stimmlicher Brillanz kaum Charisma besitzt und die seit Jahren eh nur dreistelligen Besucherzahlen noch weiter nach unten gehen.
Mitte 2011 verkündet die Band dann die Rückkehr von Michael Sadler, „weil das Gefühl wieder passte“. Eine Promo – Posse? Sicherlich, und sie erreicht ihren traurigen Höhepunkt, wenn man weiß, dass der aktuelle Output bereits vor dem Wiedereinstieg Sadlers fertig komponiert war.
Klar, die machen alle nur ihren Job, doch einer so authentischen und sonst so ehrlichen Band wie Saga ist ein derartiges Gebaren schlicht unwürdig. Ein einfaches: „es lief für beide Parteien scheisse“ und ich wäre vor Respekt in den Staub gesunken! So aber,...

So, genug Dampf abgelassen. Wie isses denn nun, das Album? Nun, sicherlich nicht „eins der besten der Bandhistorie“, wie uns die Plattenfirma glauben machen will.
„20/20“ ist jedoch den letzten 3 Werken qualitativ und stilistisch ebenbürtig, und die waren ja bekanntlich alle nicht von schlechten Eltern.
Heisst, Abwechslung ist Trumpf, es geht immer dezent proggig zur Sache, ab und an wird auch mal die Heavy Axt geschwungen.

Der Opener bspw. erinnert schwer an „It never ends“ von „10.000“ Days“ und ist ohne Zweifel genau das, was man von den Kanadiern hören will.
Und, trotz all meiner Motzerei: Stelle ich mir diesen flotten Song mit Rob Moratti am Gesang vor, wird mir schnell klar, dass die Saga Kompositionen mit Mr. Sadler einfach besser zünden, schlicht ein Vielfaches an Atmosphäre besitzen.
Nachzuhören auch beim folgenden „Anywhere...“, eine Midtempo – Nummer mit toller dezent proggiger Ausstrahlung und einem lupenreinen AOR Chorus.
„Ellery“ ist eine dieser bandtypischen Wellness – Tracks, die es auf jedem Saga Album der Neuzeit gibt. Zum relaxen ganz nett, aber kein Überflieger. Auch „Spin it again“ wird nicht in die Annalen der Geschichte eingehen. Schade eigentlich, denn die Strophen besitzen mitreißende Harmonien, während der Refrain viel zu ruppig und zu sehr auf Heavy gebürstet daher kommt.

Ein absolutes Highlight dagegen ist die behutsame Ohrenmassage „Another day out of sight“, die - endlich mal wieder! - von Keyboarder Jim Gilmour mit samtweicher Stimme eingesungen wurde. Eine echte, wenn auch ruhige, Hymne. Vor allen Dingen die raffinierten Details, wie das tolle Drumming des neuen Schlagwerkers, Mike Thorne, verleihen dieser vordergründig harmonischen Nummer etwas dramatisches. Vielleicht das beste Stück der Scheibe.
„One of these days“ ist ebenfalls echt klasse und lässt mich manchmal an eine harte, schnelle und proggige Version von Billy Joel denken.
Weniger hektisch, sondern wieder eher in die Richtung Wellness geht „Ball and chain“. Atmosphärisch sehr dicht wird hier ein Klangteppich ausgebreitet, der Stimmungen von Freude bis Melancholie präsentiert. Und wieder: So ein Song wäre ohne Michael Sadler höchstens die Hälfte wert.

Und wie auf Zuruf brilliert der Mann mit der tollen Ausstrahlung bei „Lost for words“, einer fast zuckersüßen Prog – Schmuserei, in den höchsten Tönen, das man sich fragt, weshalb andere Barden mit 60 Jahren nicht mehr so eine Leistung bringen können.
„Show and tell“ ist eine schön rockige, typische Saga – Nummer mit einer wirklich tollen Melodie und schafft das Kunststück, trotz aller Virtuosität und technischen Finessen zum leicht verdaulichen Ohrwurm zu avancieren. Grandios!
Nicht grandios, aber immerhin an der Grenze zum Olymp steht der der Rausschmeißer „Till the well...“ . Ein wunderbarer Mix aus Neo – Prog Tönen a la Marillion und den typischen Saga Hymnen.
Fürwahr, ein perfekter Abschluss eines hochklassigen Albums, das die eingangs beklagte Wut in beeindruckender Form dahinschmelzen lässt.

Promo – Posse hin oder her: Gut, dass er wieder da ist, unser Michael! Wir sehen uns im Herbst auf Tour!

Tracklist:
01. Six Feet Under
02. Anywhere You Wanna Go
03. Ellery
04. Spin It Again
05. Another Day Out Of Sight
06. One Of These Days
07. Ball And Chain
08. Lost For Words
09. Show And Tell
10. Till The Well Runs Dry

Line Up:
Michael Sadler - Vocals
Jim Crichton - Bass, Keyboards
Ian Crichton - Lead Guitar
Jim Gilmour - Keyboards, Clarinet, Vocals
Mike Thorne - Drums

DISCOGRAPHY:

1978 - Saga
1979 - Images At Twilight
1980 - Silent Knight
1981 - Worlds Apart
1982 - In Transit - Live
1983 - Heads or Tales
1985 - Behaviour
1987 - Wildest Dreams
1989 - The Beginner's Guide to Throwing Shapes
1993 - The Security of Illusion
1994 - Steel Umbrellas
1995 - Generation 13
1997 - Pleasure & The Pain
1998 - Phase One
1998 - Detours - Live
1999 - Full Circle
2001 - House of Cards
2003 - Marathon
2003 - Silhouette (DVD)
2004 - Network
2004 - All Areas - Live in Bonn (DVD)
2005 - Chapters Live
2006 - Trust
2007 - World's Apart Revisited Doppel CD)
2007 - 10.000 Days
2009 - Contact: Live in Munich (Doppel DVD)
2009 - The Human Condition
2011 - Heads Or Tales - Live

SQUEALER-ROCKS Links:

Saga - Trust (CD-Review)
Saga - World's Apart Revisited (Doppel CD) (CD-Review)
Saga - The Chapters Live (CD-Review)
Saga - 10.000 Days (CD-Review)
Saga - The Human Condition (CD-Review)
Saga - Heads or Tales Live (CD-Review)
Saga - 20/20 (CD-Review)

Saga - Contact: Live in Munich (Do. -DVD) (DVD-Review)
Saga - Spin it again - Live in Munich (DVD-Review)

Saga und Mir - Münster, Jovel (Live-Review)Saga und The Urge - Münster, Stadthalle Hiltrup (Live-Review)Saga und It Bites - Turbinenhalle, Oberhausen (Live-Review)Saga - Bochum, Zeche (Live-Review)SAGA - Zeche,Bochum (Live-Review)Magnum + Saga - Dortmund, FZW (Live-Review)

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