Squealer-Rocks.de Live-Review
Saga und Mir (07.05.2006, Münster, Jovel, Maddin)

2006 scheint ein gutes Jahr für Saga zu sein. Zunächst der Wechsel zu Inside Out, wo sich die Band in wirklich guten Händen weiß, dann der überraschend hohe Charteinstieg des neuen Albums "Trust“ (Platz 23) und auch bei der laufenden Tournee kann man über gut gefüllte bis ausverkaufte Clubs berichten (in Worpswede mussten sogar zwei Zusatzgigs anberaumt werden, um die Kartennachfrage zu befriedigen).
Das Konzert in Münster stellte eins von Dreien auf Nordrhein – Westfälischem Boden dar, von daher kann die geschätzte Besucherzahl von 600 – 700 und eine zu zwei Dritteln gesäumte Halle als weiterer Erfolg verbucht werden.

Pünktlich auf die Minute bestiegen aber zunächst Sagas Landsleute von Mir die recht große Bühne des wirklich feinen Münsteraner Jovels.
„Nicht Fisch und nicht Fleisch“ umschreibt das Programm der Kanadier wohl am treffendsten. Dabei ging es musikalisch erstmal hörenswert zur Sache. Der Sound war für einen Support mehr als in Ordnung und die ersten beiden Stücke ließen gar Vergleiche mit dem neusten Output von Sieges Even zu: recht ruhiger, melodischer Prog mit tollen Harmonien. Allerdings vergaßen die Jungspunde aus Nordamerika wenigstens ab und zu mal ein bisschen aufs Gas zu drücken und so plätscherte ihr Auftritt mehr oder weniger vor sich hin.

Das quasi nicht vorhandene Stageacting war dann auch nicht gerade hilfreich, die ganze Sache interessanter zu gestalten und richtig peinlich wurde es am Ende des Gigs, als man wohl mit aller Gewalt Stimmung erzeugen wollte und sich an Tralala Ostküstensounds a la Bon Jovi versuchte. Das mag zwar den Einen oder Anderen fröhlichen Zeitgenossen zum Mitsingen animiert haben, aber wirklich weiter bringt so ein Auftritt die Truppe bestimmt nicht. Nach 35 Minuten war der Spuk dann auch vorbei und es wurde wieder etwas voller vor der Bühne.

Nachdem die 5 Saga Musiker unter lautem Jubel um exakt 21 Uhr auf die Bretter stiegen und mit dem Titelsong des neuen Albums loslegen wollten, schien das Konzert unter keinem guten Stern zu stehen. Ian Crichtons Gitarre sagte zunächst nämlich mal gar nix.
Riesenaufregung bei den Bühnentechnikern, Gewusel auf der Bühne, ratloses Kopfschütteln oder verlegenes Grinsen bei Fans und Musikern.
Nach ein paar Minuten ging’s dann los, allerdings war der Klampfensound bis etwa zur Hälfte des Gigs viel zu leise und zu dumpf, was den eh nicht zu Freudenausbrüchen neigenden Ian die Mundwinkel noch ein wenig weiter in Richtung Boden ziehen ließ.

Es sollten im Laufe des Abends noch andere technische Probleme auftreten, insgesamt war der Klang aber in Ordnung. Zudem waren Band und Publikum zu gut drauf, um sich diesen tollen Abend versauen zu lassen.
Die Bezeichnung „gut drauf“ ist bei der Performance von Sänger Michael Sadler noch schwer untertrieben. Ein guter Frontman war er schon immer, aber was er dieses Jahr auf der Bühne abzieht, ist fast schon nicht mehr in Worte zu fassen.
Entscheidend ist nämlich, dass Michael neben seinen sympathischen Ansagen und Publikumsspielchen, sowie den zweifellos schauspielerisch wertvollen, optischen Interpretationen der Songs eine Gesangsleistung hinlegt, die nur phänomenal genannt werden darf.
Wobei sich dieser Begriff selbstredend auch auf die musikalische Leistung der anderen Bandmitglieder übertragen lässt. Es ist schon faszinierend anzusehen, mit welcher Leichtigkeit die Herren so Granaten wie "On the Air“ oder Klassiker wie "Don’t be late“ raushauen. Denn – bei aller Eingängigkeit der Songs – dürfen wir nicht vergessen, dass es sich hier um Prog - Perlen handelt, bei denen sich zwei Drittel aller anderen Bands die Finger brechen würden.

Nicht aus dem Prog Bereich stammt der neue Schlagzeuger Brian Doerner, der aber für uns Kuttenträger aus den 80ern ein alter Bekannter ist, war er doch in der gelobten Ära Kesselklopper bei Helix. Inwieweit er das alte Saga Material nun gut oder weniger gut umgesetzt hat, kann ich nicht beurteilen; das müssen sachkundige Drummer tun.
Hinsichtlich seiner Spielfreude gibt’s nix zu mäkeln und er scheint sich recht wohl bei seinem neuen Arbeitgeber zu fühlen.
Schön unterhaltsam übrigens auch sein Drum Solo mit einer witzigen "Ace of Spades“ - Einlage.

Die Setlist hat mich in positivstem Sinne überrascht: gleich 4 Nummern von "Trust“, zwei von "Network“ und immerhin noch ein Track von "House of Cards“.
Damit ist die „Neuphase“ der Truppe anständig bedacht, was den Set ungemein erfrischt.
Auch bei dem „alten Zeug“ gab’s ein paar Umstellungen, wodurch allerdings "Mouse in a Maze“ seinen Platz im Programm verloren hat.

Aber allen kann man es sowieso nicht recht machen, oder?
Na, ja - - wenn man sich an solchen Kleinigkeiten hochzieht, heißt das ja nur, dass man sonst nix zum Meckern gefunden hat.
Wie soll man das auch, bei einer der besten Live Bands überhaupt, die zu allem Überfluss jedes Jahr besser zu werden scheint?

Setlist:

Trust
That's As Fas As I'll Go
Wind Him Up
On The Air
Keep It Reel
The Flyer
Catwalk
It's Your Life
I'm OK
The Runaway
You're Not Alone
Careful Where You Step
You And The Night
Scratching The Surface
On The Loose
Don't Be Late

Humble Stance
The Perfectionist