Squealer-Rocks.de CD-Review
Meat Loaf - Welcome to the Neighbourhood - Collectors Edition (2 CD + DVD)

Genre: Rock
Review vom: 16.07.2011
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Virgin (EMI)



Klar – es gibt kein schlechtes Meat Loaf Album. Man kann die Werke des sympathischen Texaners allenfalls in die Kategorien „genial“, „fast genial“ und „sehr gut“ einordnen. Rollen wir mal das Feld von hinten auf:

Die Longplayer „Bad Attitude“, „Midnight…“, „Blind Before ….“ und „Couldn’t have…“ gehören zu den Drehern der Sorte „sehr gut“. Soll heißen, man bekommt immer noch feinste Kunst des symphonischen Rocks geboten. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass Meat Loaf sich nur an sich selbst messen kann. Aber den Olymp der pathetischen Liedkunst können diese akustischen Gemälde nicht erklimmen.

Da ist die Mannschaft vom Team „fast genial“ schon besser aufgestellt. „Back Into Hell“ und „The Monster Is Loose“ – auch als „Bat out of Hell 2 +3” bekannt - konnten mit einem Haufen an kurzen Rock – Opern mächtig Punkte einsammeln. Auch der Output vom letzten Jahr, „Hang Cool Teddy Bear“, kratzt trotz ungewohnt moderner Sounds an der Tür der Legenden.
Als „genial“ gilt - natürlich – das Debut „Bat Out Of Hell“. Eine vertonte Legende - damit könnte man eine Religion gründen. Wer hierbei nicht millionenfach Hormone freisetzt, der ist taub oder gefühlstot! Auch der Nachfolger „Dead Ringer“ kann in dieser Liga mitspielen; alleine das Duett „Dead Ringer For Love“ mit Cher reicht aus, um den Geburtenrückgang zu beheben.

Nun merkt der aufmerksame Leser, dass ein Album hier nicht aufgeführt ist. Nämlich das, über welches wir hier reden wollen: „Welcome To the Neighbourhood“ gehört zweifelsohne – ich geb’s zu: dramaturgisch leicht durchschaubar – zu einer vierten Kategorie, die da lautet: “ Das meist unterschätzte Album“.
Es ist mir ein Rätsel, weshalb diese Scheibe bei den Fans nicht den Status hat, den sie verdient. Der Vorgänger „Back Into Hell“ wird locker übertroffen, was in erster Linie am Abwechslungsreichtum in der Nachbarschaft liegt. So war es überaus weise, nur 2 Jim Steinmann Kompositionen mit in die Siedlung zu nehmen. Keine Frage: Der Kracher „Original Sin“ aus der Feder des „Bat out Hell“ - Machers gehört zu den größten Songs, die es jemals zu hören gab. Mehr „Rock Oper“ –Feeling geht nicht und man fragt sich, wie ein einzelner Mensch so etwas kreieren kann. Doch bereits die - dennoch überaus faszinierende – Ballade „Left in the Dark“ beweist, dass Herr Steinmann zwar ein Genie ist, jedoch immer mehr zur Selbstkopie neigt und längst nicht mehr eine 100%ige Klassiker – Quote hat.

Die schufen schon 1996 andere, bspw. Dianne Warren. Die umtriebige Dame, die neben anderen dutzenden Hits u.a. den Altrockern von Aerosmith den „Armageddon“ - Soundtrack „I don’t wanna miss a thing“ auf den geschundenen Leib schrieb, stellte hier eindrucksvoll unter Beweis, dass sie die - aktuell – bessere Komponistin ist. „I’d lie for You (and that’s the truth“) wurde völlig zu Recht ein Riesenhit, denn das Duett von unserem Lieblings -Texaner und der fantastischen Patti Russo steht selbst den größten Kitsch - Bolzen des Debuts in nichts nach. Auch die Numero Zwo aus dem Hause Warren, „Not a dry eye in the house“, stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass es wohl keinen besseren Songwriter in punkto dramatische Balladen als die Lady aus dem sonnigen Los Angeles gibt.

So, genug der Schwermut, denn, wie gesagt, lebt dieses Album eben auch davon, dass es nicht nur die typischen Beziehungskisten eindrucksvoll vertont.
Der Opener „When the rubber meets the road“ donnert stampfend, beinahe Metal – mäßig durch die brave Idylle, lautstark mit kreischenden Gitarren und einem „Hoch die Faust“ - Chorus. Unsere Lieblings – Blondine, Sammy Hagar, hat den flotten Rocker „Amnesty is granted“ nicht nur im Alleingang komponiert, nein, der Ex- Van Halen Fronter unterstützt seinen alten Kumpel hier auch gesangstechnisch. Ein Gipfeltreffen der besonderen Art. Man schüttelt die Rübe, man hebt den Bierkrug, man versucht, die Freudentränen vor den mitrockenden Kumpels zu verstecken. Beim ebenfalls zünftigen „Runnin‘ for the red light“ zeichnet gar Meat Loaf persönlich als Mitkomponist verantwortlich.

Dennoch beenden wir den Abstecher in die Gegend von Nebenan beschaulich und ruhig. Den Tom Waits Klassiker „Martha“ haben schon geschätzte 2 Millionen Idioten gecovert. Warum „Idioten“? Weil man gewisse Songs eben besser nicht covert! Doch Meat Loaf schafft es tatsächlich, den legendären Track so zu singen, dass er - gerade wegen der gegensätzlichen Stimmlage – Respekt vor dem Original ausstrahlt und gleichzeitig innovativ ist. Leute, das hier ist ganz große Kunst! Übrigens: Kennt Ihr eine Band, die etwas von Meat Loaf gecovert hat? Nicht? Denkt mal drüber nach…

Der Dicke covert, wie gerade gesehen, recht gerne. Leider nicht immer mit so einem durchschlagenden Erfolg wie bei der oft geliebten „Martha“.
So können die ersten beiden Bonus Tracks wenig zur allgemeinen Begeisterung beitragen. Von Beatles Songs sollte selbst ein Meat Loaf besser die Pranken lassen. „Come together“ ging schon bei Aerosmith in die Hose und auch über „Let it be“ decken wir besser den Mantel des Schweigens.
Bei Bonbon Numero drei versucht sich der Rock - Tenor am operettenhaften „Oh, What a beautiful morning“ aus dem Musical „Oklahoma“. Na, ja – niedlich…
Beim abschließenden „Is nothing sacred“ gehen die Daumen dann wieder nach oben. Eine typische Steinmann Nummer mit viel Pathos und Patti Russo als Partnerin. Fein.


Damit hätten wir das eigentliche Album ausreichend gewürdigt, doch eine anständige“ Collectors Edition“ sollte natürlich mehr als nur 4 zusätzliche Titel zu bieten haben. Dieses schmucke Teil, mit fettem Booklet im hochwertigen Digi Pack, verdient dann auch tatsächlich das unrockige Prädikat „fett“.
Zunächst gibt es eine komplette Live CD mit 12 Nummern als Beilage, die auch als eigenständiges Live Album eine tolle Figur abgeben würde. Zu hören ist ein Konzert von 1995 aus dem Beacon Theatre in New York. Neben Alltime Classics wie „Bat out of hell“, „Dead ringer for love“ oder dem unverwüstlichen „All revved up with no place to go“, werden auch 4 Songs von “Welcome to the neighbourhood” dargeboten. Die Soundqualität ist exzellent, alles klingt echt und authentisch; hier wurde nichts nachgebessert. Als Gimmick gibt es den „Rocky Horror“ – Klopper „Whatever happened to Saturday night?“ zu hören, doch das wahre Highlight ist das Intro zu „You took the words right out of my mouth” : Statt der gewohnten Einleitung vom Band inszenieren Meat Loaf und Patti Russo den legendären Dialog live mit einer satten Portion Ironie. Herrlich!

Ironie des Schicksals ist es wohl auch, dass dieses Tondokument Meat Loaf in einer Form präsentiert, über die der Gute leider seit etwa 10 Jahren nicht mehr verfügt. Tränen der Wehmut sind von daher erlaubt.

Eine nette kleine DVD rundet das Paket ab. Nicht gravierend wichtig, aber es ist schon sehr kultig, wenn Meat Loaf im Clip zu „I’d lie for you“ als eine Art Tom Cruise in vollschlank den Helden gibt und eine Schönheit aus den Fängen des Unholds rettet. Der Höhepunkt des visuellen Drehers ist erwartungsgemäß das überaus informative Interview.
Das Ganze gibt’s zum Preis einer regulären CD. Willkommen, Nachbarn.

Tracklist:
CD 1:
1. Where The Rubber Meets The Road
2. I'd Lie For You (And That's The Truth)
3. Original Sin
4. 45 Seconds Of Ecstasy
5. Runnin' For The Red Light (I Gotta Life)
6. Fiesta De Las Almas Perdidas
7. Left In The Dark
8. Not A Dry Eye In The House
9. Amnesty Is Granted
10. If This Is The Last Kiss
11. Martha
12. Where Angels Sing
13. Come Together
14. Let It Be
15. Oh, What A Beautiful Morning
16. Is Nothing Sacred (Featuring Patti Russo)
CD 2:
1. Life Is A Lemon And I Want My Money Back
2. Where The Rubber Meets The Road
3. I'd Lie For You (And That Is The Truth)
4. Amnesty Is Granted (Live)
5. You Took The Words Right Out Of My Mouth
6. All Revved Up
7. Dead Ringer For Love
8. I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That)
9. Running' For The Red Light (I Gotta Life)
10. Midnight At The Lost And Found
11. Whatever Happened To Saturday Night?
12. Bat Out Of Hell
DVD:
1. I'd Lie For You (And That's The Truth) (Promo Video)
2. Not A Dry Eye In The House (Promo Video)
3. I'd Lie For You (And That's The Truth) (BBC TotP)
4. Not A Dry Eye In The House (BBC TotP)
5. Interview

DISCOGRAPHY:

1977 - Bat out of Hell
1981 - Dead Ringer
1983 - Midnight at the lost and found
1984 - Bad Attitude
1986 - Blind before I stop
1993 - Bat out of Hell 2 (Back into Hell)
1996 - Welcome to the Neighbourhood
2003 - Couldn’ t have said it better
2004 - Bat out of Hell Live with the M.S. Orchestra
2006 - Bat out of Hell 3 (The Monster is loose)
2009 - Live at Rockpalast
2010 - Hang Cool Teddy Bear
2011 - Welcome to the Neighbourhood - Collectors Edition
2016 - Braver than we are

SQUEALER-ROCKS Links:

Meat Loaf - Bat Out Of Hell 3 (The Monster Is Loose) (CD-Review)
Meat Loaf - Hang Cool Teddy Bear (CD-Review)
Meat Loaf - Welcome to the Neighbourhood - Collectors Edition (2 CD + DVD) (CD-Review)
Meat Loaf - Braver Than We Are (CD-Review)

Meat Loaf - Live at Rockpalast (DVD-Review)

Meat Loaf - Dortmund, Westfalenhalle 1 (Live-Review)

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