Kärtsy Hatakka von Waltari
(23.02.2007, Interview geführt von Jack)
Bereits im letzten Interview mit unserem Adjutanten Jack sprach Kärtsy Hatakka seines Zeichens Frontmann, Mastermind und Aushängeschild der Crossover-Könige von Waltari vor knapp einem Jahr davon, dass die „Rock Revolution nicht tot ist, sondern nur schläft“. Im Zuge der Veröffentlichung des neuen Albums RELEASE DATE ging er diesbezüglich ins Detail und verrät uns, was in der Musikbranche und der Gesellschaft falsch läuft und was sich zur Besserung alles verändern muss. Squealer-Rocks.de: Hi Kärtsy! Es sind nicht mal zehn Monate vergangen, seit ich dir Fragen zu eurem Album BLOOD SAMPLE gestellt habe und schon sind Waltari mit einer weiteren verblüffenden Veröffentlichung, die den Titel RELEASE DATE trägt, zurück. Wie habt ihr das wieder einmal hingekriegt?
Kärtsy Hatakka: Die Antwort ist ganz einfach: Um heutzutage als professioneller Musiker bestehen zu können, musst du sehr effektiv und super schnell sein.
Squealer-Rocks.de: RELEASE DATE. Jeder Musiker spricht vom "Release Date" seines neuen Albums, aber Waltari veröffentlichen ein Album das RELEASE DATE heißt. Warum? Nennt ihr dann euer nächstes vielleicht TBA ("to be announced")?
Kärtsy Hatakka: Hey, das wäre eine Idee! (lacht)
Der Titel RELEASE DATE stellt sicherlich eine Art Wortspiel dar. Es handelt vom musikalischen und geistigen Veröffentlichen als (etwas zu großen) Teil des Kommerzes im Leben der Leute heutzutage. Das Business und das Geld regieren… LLEEIIDDEERR… was für eine zerstörerische Kombination! Die Leute sollten wirklich aufwachen! Die Welt (das Rock-Business) ist wirklich auf dem falschen Weg… ich wette, dass nichts Gutes oder Innovatives daraus hervorgehen wird!
Squealer-Rocks.de: BLOOD SAMPLE wurde von der frostigen und düsteren Stimmung des Songs "Helsinki" eingeleitet. Im Gegensatz dazu wird RELEASE DATE von einem Heavy Metal Riffing eröffnet, welches möglicherweise alle Headbanger glücklich macht. Ich denke, dass man auch sagen kann, dass diese CD den Hörern Waltaris härtere Seite offenbart. Also, lag es in eurem primären Interesse ein metal-orientierteres Album zu erschaffen?
Kärtsy Hatakka: Ja, tatsächlich! Wir hatten diese Ideen für das nächste Album bereits, während wir BLOOD SAMPLE aufnahmen. Uns gefiel es wirklich die düstereren und härteren Teile auf dem Album aufzunehmen… wieder nach all den Jahren. Zur gleichen Zeit hatten wir auch die Idee das nächste Mal ein paar Prog-Einflüsse in unserer Musik auszuprobieren, weil wir während der BLOOD SAMPLE Sessions alle eine Menge Prog Rock angehört haben… also, durch Kombinieren dieser beiden musikalischen Ideen verschmolzen sie ganz natürlich zu den kommenden neuen Liedern. Ich denke, jedes unserer Alben muss ein ganz klein wenig an neuen Ideen beinhalten… dieses Mal war es dann Prog Rock mit einem 35 Minuten Epos!! ABER es besitzt noch keinen Jazz oder intellektuelle, musikalische Scheinheiligkeit… es ist immer noch Hard Rock mit einem modernen Aspekt, zu dem man richtig headbangen kann!
Squealer-Rocks.de: Waltari sind trotz allem noch Waltari. Und somit ist es noch immer typisch für euch "verrückte" Lieder zu schreiben, die eingängige Pop-Elemente mit New Metal und so weiter verknüpfen. Dies ist tatsächlich die große Kunst des Komponierens und warum wir Waltari lieben. Um was würdest du Leute bitten, wenn sie "wütend" beim Hören der Diskobeats von "Cityshamaani - The Incarnation Party" werden?
Kärtsy Hatakka: Ich kann nur sagen… ÖFFNET EUREN GEIST! Diese Band steht nicht für Klischees und diesen Multi-Konservatismus, der heutzutage im Denken der Rockbands grassiert. Waltari haben nichts mit dieser Art von altmodischen Freaks zu tun, zum einen stehen wir für musikalische, geisteserweiternde Erfahrungen… erinnere dich zum Beispiel an das erste Mal, als du Metallica gehört hast, das wird man nie vergessen… kannst du beispielsweise das Gleiche über Stone Sour oder Creed sagen…ha. Vielleicht habe ich nur auf eine unliebsame Art Angst… Du verstehst, die Zeiten ändern sich… also sollte die Rockmusik dies auch tun… wie sie es die Jahrzehnte zuvor auch getan hat…
…Zum anderen… wenn wir die Leute verärgern, muss ich sagen, dass sogar DAS eine Art ist etwas zu verändern.
…Unsere Mission ist es starke Gefühle in den Hörern hervorzurufen, ob sie nun positiv oder negativ seien. Jede Antwort auf Musik ist besser als ein gemütliches "OK". Wie der gute, olle John Lydon von PIL schon sang: "Anger is an energy"!
Squealer-Rocks.de: OK, wenn ich schon mal eure neue Metal-Oper "Cityshamaani" erwähnt habe, dann lass uns darüber reden. Ich glaube nicht, dass ich übertreibe, wenn ich sage, dass dieser fünfteilige Akt auf einer Ebene mit "Yeah!Yeah!Die!Die!" und "Evangeliumi" steht. Worin besteht für dich der Unterschied zwischen dem Schreiben eines "normalen" Liedes und solch einer komplexen Arbeit? Wie schwer ist es sich da nicht zu verzetteln?
Kärtsy Hatakka: Danke, ich fühle mich geehrt! Nun ja ich muss sagen, dass mir die Verbindung zu unseren alten Metal-Symphonien auch in den Sinn kam, während wir diesen Epos schrieben… außer dass wir dieses mal kein Orchester verwendeten und uns weniger auf Death Metal konzentrierten als in diesen Arbeiten in den 90ern… wenngleich es in diesem "Lied" auch einige schreiende Gesangsparts gibt.
Musikalische Risiken müssen einfach auf sich genommen werden, so läuft nun mal der Hase in der Rockmusik. Es gestaltet das ganze System wandlungsfähiger und sicher auch interessanter auf lange Sicht hin. Man muss einfach auf sein Gefühl beim Zusammenstellen der Dinge vertrauen… vielleicht verlangt es ein bisschen mehr an musikalischen Fähigkeiten und Erfahrung innerhalb der Band. Sicherlich können wir es uns nicht vorstellen, dass wir die Epen wie vor 15 Jahren auf unserem ersten Album (MONK PUNK, veröffentlicht im Jahre 1991 - Anm.d.Red.) machen. Man muss auch die passende Portion Selbstvertrauen mitbringen, denke ich… (lacht)
Squealer-Rocks.de: Eine weitere Konstante bei euch sind die kritischen Texte. Dieses Mal sprecht ihr über Animalismus und den modernen Menschen. Was wollt ihr mit "the monkeys of 3000" sagen und wie wird diese Entwicklung in Zukunft voranschreiten?
Kärtsy Hatakka: Ich denke, falls die Menschen nun schlussendlich durch diese grausamen Fakten wie z.B. Umweltprobleme, die definitiv die Folge der menschlichen Dummheit sind und gerade unsere Kinder vor diese schwerwiegenden Probleme stellen, aufwachen, dann glaube ich ganz fest daran und weiß, dass die Menschen gerade jetzt damit anfangen MÜSSEN sich wieder auf ihre verlorenen Sinne zurück zu besinnen, um zu diesem hohen geistigen Stand zu gelangen, welcher mit Sicherheit gebraucht wird, um unter den Kräften des Universums zu überleben… hört sich ein bisschen weit entfernt von der Art zu leben an, wie sie uns in den letzten 200 Jahren beigebracht wurde…unglücklicherweise aber die falsche Art.
Die Popularität beispielsweise von Yoga heutzutage und all den ähnlichen Techniken, stellt den lebenden Beweis des eindeutigen Verlangens der Völker dar die Situation wieder in die richtige Richtung zu lenken… in Richtung der funktionierenden Symbiose zwischen Mensch und Natur… das unsterbliche Paar, ob wir wollen oder nicht! Die lange Phase der Industrialisierung und der mehr oder weniger gierigen Art sich die Kraft dieses Planeten zu Nutze zu machen, schien letztendlich nicht zu funktionieren… ABER… die Tiere denk mal… scheinen noch immer eine funktionierende Beziehung zur Natur zu haben… sie handeln sehr viel weiser und selbst ihre physischen Voraussetzungen sind sehr viel weiter als die der Menschen… oh Donnerwetter, es scheint als müssten wir Menschen noch immer lernen wie man lebt und diesen Planeten am effektivsten nutzt… um etwas zu erreichen… ohne es gleichzeitig zu verlieren.
Squealer-Rocks.de: Euer Featuring mit der finnischen Gruppe Värttinä ("Spokebone") markiert das große Finale des Albums. War dies euer erster Kontakt mit Ethno-Elementen?
Kärtsy Hatakka: Nein, nicht wirklich… einer unserer größten Hits in den 90ern… auch wenn er (zumindest bei den europäischen Radiostationen) nicht der größte war, basierte im Gesangspart auf der lappischen Ethnogruppe Angelit, mit ihrem orginalen "joiching" Stil.
Squealer-Rocks.de: Am 23. Februar wird das "Release Date" von RELEASE DATE sein. Wann und wo werden wir in den Genuss kommen dieses Konzept live auf der Bühne zu bewundern? Sind ein paar Festivalauftritte geplant?
Kärtsy Hatakka: Wir haben jetzt, während ich dies schreibe, bereits ein Festival in Deutschland am 27. Juli bestätigt (Eier mit Speck Festival - Anm.d.Red.)… weitere Informationen über Auftritte in Deutschland folgen im Frühling auf unserer Homepage.
Squealer-Rocks.de: Obwohl RELEASE DATE einige mögliche Hits besitzt, die im Fernsehen oder Radio gespielt werden könnten, denke ich, dass dies in Deutschland nicht passieren wird, da es ein Land der Rocker ohne Plattform im Fernsehen ist. Traurig aber wahr. Ich vermute mal, dass sich die Dinge in Finnland in eine andere Richtung entwickeln.
Kärtsy Hatakka: Ja, in Finnland ging gerade, Anfang dieses Jahres, ein brandneuer Radiosender auf Sendung mit dem Namen "Radio Rock", der sich nur der harten Musik widmet und in den meisten Städten Finnlands zu hören sein soll. Sie nahmen unseren neuen Song "Wish I Could Heal" unverzüglich in ihre Playlist auf. Ich glaube fest daran, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren auch auf andere Teile Europas ausweiten wird. Es ist einfach eine unvermeidliche Entwicklung in Anbetracht der Zukunft, glaubt es oder nicht!
Squealer-Rocks.de: Kärtsy, vielen Dank, dass du meine Fragen beantwortet hast. Schlussendlich gehören die letzten Worte dir!
Kärtsy Hatakka: Danke! Waltari will eine Rockband sein, die den Leuten zeigt, dass es noch immer möglich ist mit Vorurteilsfreiheit, geistiger Offenheit und Ehrlichkeit eine lang anhaltende Kariere als professioneller Musiker zu schaffen, ihr müsst nicht die Ärsche der Zigarren-Kerle lecken und euch selbst als Musikmarionette darstellen, wie die Leute in den Superstar-Sendungen, was nichts weiter als ärmliche Unterhaltung ist. Man kann ein Rock-Musiker mit einer riesigen Glaubwürdigkeit sein und noch immer mit der spaßigen Welt der Musik herum experimentieren. Ich bin mir auch sicher, dass die Leute schlussendlich lieber diese Musik, die eine Aussage hat, hören - nicht zuletzt Zuhause über ihre Kopfhörer. Lasst uns diese dumme Illusion von Stilen und anderen dummen engstirnigen, scheinheiligen Schranken brechen! Lasst uns Rockmusik zu einem wichtigen Teil unseres Lebens und unseren Erfahrungen machen, nicht nur eine nette Hintergrundmusik für all die Rock Omas und Opas, die man ständig im Radio hört, wenn man im Büro sitzt und sich zu Tode langweilt! Ich denke, dass auf diese Weise auch die Verkäufe und alles wieder in die Höhe gehen würden, falls die Firmen und Labels in der Lage wären den Leuten genug unvergessliche Momente anzubieten, das funktioniert immer. Man muss in der Lage sein etwas anzubieten, was der andere nicht hat!
Die Rock Revolution ist nicht tot… sie hat nur geschlafen. Waltari wollen noch immer die Welt verändern! Rock on!
Grüße
Kärtsy
DISCOGRAPHY:
1989 - Mut Hei EP
1991 - Monk Punk
1992 - Torcha!
1993 - Pala Leipää
1994 - So Fine
1995 - Big Bang
1996 - Yeah!Yeah!Die!Die!
1997 - Space Avenue
1998 - Decade
1999 - Radium Round
1999 - Evangelicum / Evankeliumi Show
2000 - Channel Nordica
2001 - Back To Persepolis
2004 - Rare Species
2006 - Blood Sample
2007 - Release Date
SQUEALER-ROCKS Links:
Waltari - Blood Sample (CD-Review)
Waltari - Release Date (CD-Review)
Kärtsy Hatakka von Waltari (Interview)
Kärtsy Hatakka von Waltari (Interview)