Alle Bandmitglieder von Pharaoh

(16.04.2006, Interview geführt von Ingo)

Nach seinem euphorischen Review zu Pharaohs Hammerscheibe “The longest Night” oblag es natürlich unserem Gastschreiber Ingo “Metal” Rieger, seine Helden um ein Interview zu bitten. Und siehe da, die Helden aus den Staaten entpuppten sich nicht nur als extrem angenehme und auskunftsfreudige Metalheads, sondern sind obendrein noch in kompletter Besetzung zum Frage und Antwort Spiel erschienen. Bei soviel Fanfreundlichkeit geht von hier aus mal ein Flehen an alle Konzertveranstalter: Holt diese Band endlich nach Deutschland!

Squealer.net: Zuerst mal herzlichen Glückwunsch zu Eurem tollen neuen Album. Für mich die beste Heavy Metal Scheibe der letzten Jahre! Wie sind denn die sonstigen Reaktionen auf „The Longest Night“ bis jetzt?

Chris Kerns: Vielen Dank für´s Lob! Dir Reaktionen waren bis jetzt sehr wohlwollend, um es mal vorsichtig auszudrücken. Wir hatten das Gefühl, dass wir etwas Besonderes abgeliefert haben, und es ist schön zu sehen, dass so viele Metaller das auch so empfinden.

Matt Johnsen: Die Reviews waren einfach fantastisch. Sehr gut für´s Selbstbewusstsein! So sieht´s aus!

Tim Aymar: Das Feedback von Fans und Presse war bis jetzt wirklich hervorragend, und langsam scheint sich das rumzusprechen. Wir sind alle sehr glücklich mit der Platte, und ich freue mich schon darauf, mit dem nächsten Album anzufangen.

Squealer.net: Verglichen mit Eurem Debut “After The Fire”, ist die Musik auf dem neuen Album etwas progressiver und verschachtelter geworden. Würdet Ihr dem zustimmen?

Tim Aymar: Sehe ich auch so, die Scheibe hat einen etwas progressiveren Touch. Unsere musikalischen Persönlichkeiten kommen besser zur Geltung und unser Zusammenspiel hat sich auch verbessert. Ich denke, das liegt daran, dass wir während der Produktion viel mehr miteinander gesprochen haben.

Matt Johnsen: After the Fire wurde in relativ kurzer Zeit geschrieben. Mit The Longest Night haben wir wesentlich mehr Zeit verbracht, daher sind sie Songs wohl auch komplexer ausgefallen. Ich habe mir zwar nicht direkt vorgenommen, progressive Musik zu machen, aber in letzter Zeit haben sich meine musikalischen Fähigkeiten schon gesteigert und das hört man den Songs wohl auch an.

Chris Black: Wir haben uns musikalisch alle verbessert. Das ermöglicht uns, detailreichere Songs zu schreiben. Außerdem hatten wir mit Matt Crooks einen sehr talentierten Produzenten, der dafür gesorgt hat, dass die Details besser zur Geltung kommen. Wenn der Begriff „progressiv“ bedeutet, dass wir musikalisch vorwärts kommen, dann hoffe ich, dass das auf uns zutrifft!

Chris Kerns: Da stimme ich dir zu, The Longest Night ist progressiver geworden. Aber ich denke, dass die Erwartungen derer, die After The Fire gut fanden, trotzdem bis zu einem gewissen Grad erfüllt werden. The Longest Night besitzt mehr Tiefe, wodurch es wohl etwas schwieriger wird, uns in eine bestimmte Schublade einzuordnen.

Squealer.net: Das Album klingt sehr traditionell, im positiven Sinne. Wo liegen Eure musikalischen Vorlieben bzw. Einflüsse?

Chris Black: Unsere musikalischen Einflüsse liegen definitiv bei einer älteren Generation von Bands. Die meiste Musik, die ich mir anhöre, stammt aus den 70ern und 80ern, aber es gibt auch viele aktuellere Scheiben, die ich mir gerne anhöre. Meine absoluten Lieblingsscheiben sind meist aus älteren Tagen: Spontan fallen mir da Diamond Heads Lightning to the Nations und Slayers Show No Mercy ein. From The 13th Sun von Candlemass würde ich auch noch auf diese Liste setzen.

Tim Aymar: Meine Lieblingsscheiben sind alle schon älter. Ganz vorne dabei sind auf jeden Fall Judas Priest – Screaming For Vengeance, AC/DC – Highway To Hell, Metal Church – The Dark, Metallica – Master Of Puppets, Queensryche – Rage For Order und alles von Ronnie James Dio. Meine musikalischen Einflüsse sind aber sehr breit gefächert. Meine frühesten musikalischen Erfahrungen hatte ich mit Klassik, Pop, ein wenig Jazz und Rhythm and Blues. In diesen Bereichen gibt es Komponisten, die mich beeinflusst haben, genauso wie im Hardrock- und Metal-Bereich. Ich habe zum ersten Mal Metal gehört, als ich noch sehr jung war, so um die 10, glaube ich. Amerikanischer Metal hat sich aus Bands wie Iron Butterfly, Hendrix oder Ted Nugent entwickelt, und jenseits des großen Teichs waren The Who, Black Sabbath, Deep Purple, Led Zeppelin, und Judas Priest tonangebend. Diese Bands hatten früher einen großen Einfluss auf mich. In meiner Teenagerzeit coverten wir Sachen von Aerosmith, Iron Maiden, Scorpions, Rainbow, Sabbath, Dio, AC/DC, Accept, Motorhead, Van Halen, Metallica oder WASP.

Chris Kerns: Wir könnten jeder eine lange Liste von Bands aufschreiben, von denen wir Fans sind. Mein persönlicher Geschmack reicht von AOR über klassisches Zeug bis hin zu Death Metal usw.

Matt Johnsen: Ich höre mir so ziemlich alle Metalvarianten an. Das Eine beeinflusst einen natürlich mehr, das Andere weniger. Einige Bands aus derselben stilistischen Ecke wie wir, die mich inspirierten, sind z. B. Angra, Secrecy, Forbidden und Rage.

Squealer.net: Auf Euren Alben gibt es viele zweistimmige Gitarrenparts. Wie wollt Ihr das live umsetzen?

Matt Johnsen: Wenn wir jemals dazu kommen, live zu spielen, werden wir wohl auf Sessiongitarristen zurückgreifen. Unser Sound würde ziemlich dünn klingen, wenn ich auf der Bühne der einzige Klampfer wäre. Selbst wenn ich einen Partner fände, würde wohl alles noch etwas mager klingen.

Chris Black: Wir werden die Songs sorgfältig aussuchen und alles im Proberaum ausprobieren müssen. Einige Songs würden mit zwei Gitarren funktionieren, andere eher nicht. Drei Gitarristen würden uns viele Möglichkeiten eröffnen, aus technischer Sicht wäre das allerdings ein Albtraum. Im Endeffekt würde das auf Kosten des Publikums gehen. Außerdem würde ich nicht mit denen tauschen wollen, die diese Parts lernen müssen, haha!

Squealer.net: Eure beiden Alben wurden von Cruz Del Sur veröffentlicht, einem kleinen italienischen Label. Leider war über Euer erstes Album in der europäischen Metal-Presse so gut wie nichts zu lesen, und kaufen konnte man das Teil nur über Mailorder. Seid Ihr mit der Promo- und Vertriebsarbeit Eures Labels zufrieden?

Tim Aymar: Cruz Del Sur haben bis jetzt einen guten Job gemacht, und sie scheinen sich weiter zu verbessern. Sie glauben an Pharaoh und das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich kann nicht sagen, dass ich von ihnen enttäuscht bin.

Matt Johnsen: Man muss halt irgendwo anfangen, und bis jetzt sind wir mit Cruz Del Sur zufrieden. Wir haben für After The Fire einige sehr gute Reviews eingefahren, einige sogar in großen Magazinen. Ich denke schon, dass einige Leute zumindest schon mal von uns gehört haben.

Chris Black: Es ist eigentlich kein Wunder, dass der Underground übersehen wird, wenn die Majors so eine Menge Unsinn veröffentlichen. Aber wir haben das vorher gewusst, und Cruz Del Sur auch. Die Diehard-Fans werden uns trotzdem finden. Haben sie ja auch.

Squealer.net: Wie ist denn die Situation in Eurer Heimat? Angeblich ist traditioneller Metal in den Staaten ja nicht gerade ein Verkaufsrenner. Habt Ihr viele Fans in Pennsylvania?

Tim Aymar: Unsere Art von Musik führte schon immer eher ein Untergrunddasein, und es gab in den USA nie einen großen Trend in diese Richtung, aber das ist eine gute Sache. Alles, was hier zum Trend wird, wird auch schnell wieder fallen gelassen. Von daher ist es ganz gut, das Metal hier nicht zum Mainstream wird. Wie groß unsere Fanbasis in Pennsylvania ist, kann ich Dir gar nicht sagen. Gute Frage.

Chris Black: Da wir noch nie live gespielt haben, hatten wir auch noch nicht viel persönlichen Kontakt mit Fans. Daher wissen wir gar nicht genau, wer und wie viele sie sind. Ich könnte mir vorstellen, dass sie ein wenig wie wir sind: Smart, hungrig (vermutlich auch sehr durstig!) und immer
auf der Suche nach dem Heavy Metal, die ihre Ohren und Herzen packt!

Squealer.net: In Deutschland gibt es einige kleine Festivals, die sich auf Power Metal spezialisiert haben, wie das Headbangers Open Air oder das Keep It True Festival, bei denen in den letzten Jahren auch viele US-Kapellen aufgetreten sind. Könntet Ihr Euch das auch vorstellen? Gibt es irgendwelche Pläne, mal in Europa zu spielen?

Tim Aymar: Ich würde es absolute klasse finden, bei all diesen Killer-Festivals in Europa zu spielen. Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Vielleicht wissen wir im nächsten Jahr, ob so eine Reise möglich wäre. Im Moment ist das allerdings nur eine schöne Idee.

Matt Johnsen: Das ware super, wenn wir bei einem solchen Festival spielen könnten, und sei es nur, um die anderen Bands zu sehen! Es schmerzt schon zu wissen, dass man, um manche US-Bands zu sehen, nach Europa fliegen muss! Wenn Pharaoh irgendwann mal die Möglichkeit haben, eine Tour zu machen, werden wir definitiv nach Europa kommen.

Squealer.net: Wird es ein weiteres Pharaoh Album geben? Habt Ihr womöglich schon mit dem Songwriting begonnen?

Tim Aymar: Ja, wir warden auf jeden Fall noch eine weitere CD für Cruz Del Sur aufnehmen. WIe ich gehört habe, haben die anderen Jungs auch schon angefangen Songs zu schreiben. Ich bin schon sehr gespannt darauf!

Matt Johnsen: Ich wünschte, ich könnte schneller schreiben. Ich versuche mein Bestes, dass es läuft, aber weiß der Himmel, wann ich damit fertig bin. Chris Kerns allerdings haut immer einen Song nach dem anderen raus. Keine Ahnung, wie er das macht!

Chris Kerns: Ja, wir haben schon mit dem Songwriting angefangen, auch wenn wir uns noch in einem frühen Stadium befinden. Die guten Reaktionen auf The Longest Night haben uns klargemacht, dass wir eine Menge Arbeit in die neue Scheibe stecken müssen, um uns weiter zu verbessern.

Chris Black: Die guten Kritiken haben uns sehr motiviert, und wir hoffen, dass wir diese Energie ins Studio übertragen können, wenn wir das nächste Album aufnehmen. Aber wie Chris schon sagte, wir müssen uns auf die Sache konzentrieren und uns daran erinnern, wie hart wir an The Longest Night gearbeitet haben. Das war nicht einfach, und bei der nächsten Scheibe wird es nicht anders sein.

Squealer.net: Spielt Ihr noch in anderen Bands, oder ist Pharaoh Euer einziges Projekt?

Tim Aymar: Ich bin im Moment nur bei Pharaoh, und das wird in nächster Zeit wohl auch so bleiben. Möglicherweise kommen Gelegenheiten, an anderen Dingen zu arbeiten. Natürlich gibt es da auch noch die zweite Control Denied CD, die noch fertiggestellt werden muss. Aber mein Hauptaugenmerk liegt ganz klar auf Pharaoh. Außerdem produziere ich Eternal Tragedy, das Debut meiner Frau Stefania.

Matt Johnsen: Dies ist mehr oder weniger mein einziges Projekt. Ansonsten spiele ich noch Leadgitarre auf der Dawnbringer-Scheibe, einer anderen Band von Chris Black.

Chris Black: Die neue Dawnbringer, In Sickness and In Dreams, müsste nächsten Monat bei Battle Kommand Records rauskommen. Es ist ein schnelles und irres Album, das wohl nicht viele Pharaoh-Fans ansprechen wird. Andererseits, vielleicht ist der durchschnittliche Pharaoh-Fan offen gegenüber verschiedenen Stilrichtungen, so wie wir auch. Man weiß ja nie… Auf jeden Fall ist es ein hausgemachtes Album, was mit Bandmaschinen in Kellern und Schlafzimmern aufgenommen wurde! Ich spiele auch noch Bass und singe in einer Band namens Superchrist, die dreckigen Metal im Stil von Motörhead oder Venom spielt. Demnächst erschein eine Single bei Famine Records. Außerdem helfe ich noch bei der Black Metal-Band Nachtmystium aus, die in ihren Kreisen recht bekannt sind. Ich bin also ständig mit Metal oder Musik im Allgemeinen beschäftigt. Aber in letzter Zeit hatte Pharaoh ganz klar Priorität.

Squealer.net: Vielen Dank für das Interview! Gibt´s noch irgendwas, das Ihr loswerden wollt?

Tim Aymar: Gern geschehen!

Matt Johnsen: Wenn ihr bei squealer.net alles gelesen habt, geht doch mal auf lotfp.com. Noch ein großartiges Internet-Magazin. Check it out!

Chris Kerns: Danke für deine Zeit und deinen Support. Hört euch die Samples bei www.solarflight.net an und wenn es euch gefällt, bestellt unsere CD!

Chris Black: Wenn´s Euch nicht gefällt, bestellt sie trotzdem!


DISCOGRAPHY:

2003 - After the Fire
2006 - The Longest Night
2008 - Be gone

SQUEALER-ROCKS Links:

Pharaoh - The Longest Night (CD-Review)
Pharaoh - Be Gone (CD-Review)
Alle Bandmitglieder von Pharaoh (Interview)


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