Squealer-Rocks.de CD-Review
Chalice - Overyears Sensation

Genre: AOR / Heavy Rock
Review vom: 21.02.2015
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Keiler Records



Jau – da muss ich mich wohl erstmal in die Ecke stellen und mal schön 'ne Runde schämen. Das gerade ich, als bekennnender Großkotz und Möchtegern – Alleskenner, von Chalice bisher noch keine Notiz genommen habe, ist eigentlich unentschuldbar – zumal die Hamburger bereits mit 2 Reviews bei uns vertreten sind.

OK – eine Entschuldigung gibt es wohl doch: Beide Kritiken sind von Sir Eric und wie jeder geneigte Leser weiß, zieht SQR seine kreative Kraft zum Großteil aus der Abneigung zwischen dem Cheffe aus der Pfalz und dem Großmaul aus Wanne – Eickel. Nun gut – das ist alles dummes Gequatsche und nach zigmaligem Genuss von „Overyears Sensation“ stelle ich mal völlig ironiefrei fest, dass mich lange kein Album dieses Genres, das NICHT aus Schweden stammt (!), dermaßen begeistert hat.

Wobei: Die Sache mit dem Genre ist für einen Schubladen – Fanatiker, wie es Euer – wie immer höchst ergebener - Schreiber nun mal ist, gar nicht so einfach zu klären.
Tönt der schmissige Opener „You better get used to it“ noch schwer nach angerotzem Glam der Marke Crashdiet oder Hardcore Superstar, bewegen sich die Hanseaten mit dem Titeltrack weg von Skandinavien, landen an der U.S. Westküste und sorgen für sonniges Cabrio – Feeling. So haben Van Halen ganz früher mal geklungen – die hatten bloß einen schlechteren Sänger.

Überhaupt: Selten habe ich eine CD gehört, die dermaßen abwechslungsreichen AOR / Hardrock / Heavy Rock bietet. So attestiere ich einer höchst intelligenten Komposition wie „Chasing the Wind“ gar Lillian Axe Niveau, die zwischen einer beinahe tanzbaren Attitüde und ganz dezent proggigen Breaks wechselt und von einem majestätischen Chorus veredelt wird. Irgendwie eine Mischung aus Brian Adams und Saga. Komisch, ne? Ja, hört sich aber schweinegeil an!
Eigentlich sollte dies ins Fazit, ich schreib's aber jetzt, bevor ich es wieder vergesse: Das Album klingt von vorne bis hinten AUSGEREIFT – nach diesem Wort habe ich gesucht.

Soll heissen: Hier sind einfach gute Musiker am Werk, die wissen, wie man hochklassigen Kompositionen den letzten Schliff verpasst. Deshalb ist ein Ohrwurm wie „All about Yor Love“ eben nicht nur eine Nummer zum Mitträllern, sondern wird durch Kleinigkeiten veredelt. Hier und da mal ein kleiner Keyboard Einsatz, dann mal wieder ein Break mit Saga Flair (an den Kanadiern haben die Hamburger echt einen Narren gefressen) und schon geht’s weiter mit einem Chorus, der vom Stil her gut und gerne auch mal an das erste Bon Jovi erinnert, als die noch Musik gemacht haben.

Die genannten Songs sollten reichen, um den Facettenreichtum adäquat zu beschreiben. Wird Zeit, mal die Musikanten von der Waterkant zu loben. Beim wohl besten Song des Albums, „Sign of the Times“, einer höchst epischen Halb – Ballade, zeigt Sänger Gino Naschke mit seiner höchst ungewöhnlichen Stimme, was er drauf hat. Der Mann singt nicht richtig hoch, aber auch nicht rockig. In manchen Momenten, wenn er denn doch mal die etwas höheren Stufen erklimmt, klingt er ein bisschen wie Tobias Sammet, aber eben nur ein bisschen.
Selbst bei der Rainbow – Hommage „Shake the Earth“ finde ich kaum einen Vergleich, auch bei dem dezent rotzigen „Taste it, das wie eine krude Mischung aus Molly Hatchet, AC/DC und U.S. Arena Poser Rock klingt, findet mein Klugscheisser - Hirn keine Paralellen.
Und das – genau DAS! - macht einen guten Sänger aus! Einzigartigkeit!

Sorry – damit sollten die anfangs erwähnten Mucker von der Alster nicht vernachlässigt werden. Vor allem Keyboarder Axel Hoffmann verfeinert den eh schon edlen Sound mit dezenten, aber dennoch prägnanten Tasten – Ideen. Die Soli von Saitenmann Oliver Scheer sind durch die Bank virtuos und – und das ist die Kunst! - absolut eigängig.
Die Drum - and Bass Fraktion soll nicht unterschlagen werden. Die Herren Lagleder und Mehl zimmern ein wunderbares Fundament zusammen, das der fehlerfreien Produktion den letzten Schliff verpasst. Herrlich!!

Fazit: Wir vergeben bei SQR keine Punkte, deshalb gebe ich 9 von 10!
Im Ernst: Gerade in diesem Bereich gibt es aus Skandinavien unzählige Projekte, die zwar sehr gut, aber oft konstruiert klingen; Reissbrett – Musik halt..
Chalice dagegen bedienen die gleiche Zielgruppe, tönen aber absolut frisch und echt. Hier spielt eben eine Band, der man den Spaß an der Musik anhört.
Hammer - Scheibe!!!
Der HSV gewinnt gegen Schweden – wer hätte das gedacht?


Tracklist:
1. You better get used to it
2. Overyears Sensation
3. Rock´N´Roll Machine
4. Chasing the wind
5. Glorious again
6. All about your love
7. Turn away
8. Shake the earth
9. Sign of the times
10. Taste it
11. Don´t tell me lies
12. Last wish

Line Up:
Gino Naschke -Vocals
Oliver Scheer - Guitar
Steve Lagleder - Bass
Michael Mehl - Drums
Axel Hoffmann - Keys



DISCOGRAPHY:

1995 - In Wonderland
1998 - Persistence Of Time
2000 - Digital Boulevard
2002 - Chameleonation
2005 - Shotgun Alley
2007 - Bare
2015 - Overyears Sensation

SQUEALER-ROCKS Links:

Chalice - Shotgun Alley (CD-Review)
Chalice - Bare (CD-Review)
Chalice - Overyears Sensation (CD-Review)

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