Squealer-Rocks.de CD-Review
Pavlov's Dog - Echo + Boo

Genre: Progressive Rock
Review vom: 27.10.2010
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Rockville Music



Die Länge ist nicht entscheidend, wie wir ja alle wissen, deshalb könnten naive Gemüter auf die nahe liegende Idee kommen, dass dann ja in der Kürze die Würze läge. Aber, wie schon die Juristen immer sagen, wenn man mal einen Rat will: "Das kommt auf den Einzelfall an!". Und deshalb wird’s bei TheMattes in diesem Einzelfall mal wieder ein wenig mehr, trotz der Tatsache, dass sich alles wie immer nur um eine kleine silbernfarbene Scheibe dreht, diesmal betitelt "Echo & Boo" von der unvergleichlichen progressiven Rockband Pavlov's Dog und ihrem ebenso unvergleichlichen Sänger und Songwriter David Surkamp.
Zusätzlich geht es aber noch um Geheimnisse, die aber an dieser Stelle nicht alle gelüftet werden können, weil ich das Ganze dann wohl doch in ein Bandspecial packen werde, irgendwann einmal, wenn mir danach ist, euch einen noch viel längeren Artikel zu servieren.

Zusätzlich geht es aber noch um Geheimnisse, die aber an dieser Stelle nicht alle gelüftet werden können, weil ich das Ganze dann wohl doch in ein Bandspecial packen werde, irgendwann einmal, wenn mir danach ist, euch einen noch viel längeren Artikel zu servieren.

20 Jahre sind jetzt nach ihrem letzten Album "Lost In Amerika", einem echten Sahneteilchen, vergangen und 35 Jahre nach ihrem beeindruckenden Debut "Pampered Menial". Nun ist "Echo & Boo" erschienen, sozusagen das Alterswerk der beiden verbliebenen Originalmitglieder Michael Safron und David Surkamp (Hoffentlich nehmen sie mir das nicht übel, das mit dem Alterswerk).
Dieses Album könnte man obendrein natürlich auch noch als Sensation bezeichnen, denn Pavlov's Dog galten schon seit Jahrzehnten als mindestens ebenso so tot wie Jim Morrison. Da ich aber schrieb "könnte man….", tu ich's natürlich nicht, denn erstens gehöre ich nicht zu den Menschen, die jedem Gerücht Glauben schenken und zweitens habe ich Pavlov's Dog letztes Jahr schon mal live gesehen (sensationell! Zeche Carl, Essen) und da waren alle ziemlich lebendig. Und ein neues Album war auch angekündigt. So! Davor allerdings hatte auch ich ein paar Jahrzehnte nichts von der Band gehört, die in den Siebzigern zwei Alben für die Ewigkeit geschaffen hatten und dann, so schien es, einfach von der Bildfläche verschwunden waren.

Aber wie war das damals eigentlich….?

Die beiden ersten Platten entwickelten ungeahntes Durchhaltevermögen und wurden im Laufe der Zeit durch diesen Kultfaktor zu echten Longsellern.
…und damit wurden die beiden Alben mit der "Stimme aus einer anderen Welt" zu Klassikern. Dem Infoblatt zufolge wurde "Pampered Menial" erst vor wenigen Jahren in die Liste der bedeutendsten Progressive Rock-Alben aller Zeiten gewählt. Also ehrlich, überall im Netz steht das jetzt, aber gibt es da irgendeinen Beweis für? Nicht, dass die Platte das nicht verdient hätte, aber alle plappern das nach und ich habe das ergebnislos recherchiert. Komisch.
….und in Europa und Deutschland warteten die Fans auf ein Lebenszeichen von Pavlov's Dog und diesem Sänger mit der unvergesslichen hohen Stimme. Nebenbei bemerkt ist die Stimme von David Surkamp noch höher und sauberer als die von Geddy Lee von Rush!
….und in einer kleinen, rußigen Stadt mitten im Ruhrgebiet wartete ein damals noch viel jüngerer und langhaariger Mattes ebenfalls auf Neuigkeiten. Allerdings vergeblich, nix mehr mit Pavlov's Dog und deshalb wandte ich mich erstmal anderen Dingen zu. Wir hatten schließlich Ende der Siebziger und ich war wie heute notorisch untervögelt, so dass ich mir erstmal 'ne anständige Freundin zugelegt habe und….okay, streicht das, weiter im Thema.

In den USA lief die Sache allerdings ein wenig anders, denn weder waren die Musiker von Pavlov's Dog wirklich verschwunden, noch war David Surkamp elendig verreckt oder sonstwie hinterhältig um die Ecke gebracht worden. Er arbeitete danach vielmehr als Musikjournalist und irgendwie hatte er wohl unterschätzt, welchen Eindruck seine Stimme und die Musik von Pavlov's Dog bei vielen Menschen hinterlassen hatten. Das führte dann oft bei Interviews, die David mit Musikern machen wollte, zu komischen Effekten. Die Interviewrichtung begann sich umzudrehen, sobald der Interviewte merkte, wer ihm gegenüber saß, nämlich DER David Surkamp von Pavlov's Dog. Nun gut. Pavlov's Dog wurde dann irgendwann neu gegründet, allerdings wohl mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit, obwohl das 1990 erschienene Album "Lost In Amerika" wirklich und wahrhaftig nicht schlechter ist als die Alben aus den Siebzigern, inklusive der erst 2009 erschienenen Scheibe "Has Anyone….", die ja eigentlich von 1977 stammt.

Pavlov's Dog waren vor allem in unseren Breiten aber mehr als drei Jahrzehnte von der Bildfläche verschwunden. Erst 2004 gaben sie dann zum 30-jährigen Jubiläum von "Pampered Menial" ein Konzert in Originalbesetzung in St. Louis/Missouri, was dann auch den Startschuss für eine neuerliche, auch europäische Präsenz, bedeuten sollte. On Vocals natürlich David Surkamp, der sich bester Gesundheit erfreute und eben nicht, wie idiotische Gerüchte, von Idioten gestreut, behaupteten, am übermäßigen Genuss von Helium(!) elendig verreckt war oder wahlweise auch erstochen wurde. Wat ham wir jelacht!

Nach diesem Jubiläumskonzert kamen noch einige jüngere Musiker hinzu und es folgten Europatouren und jetzt endlich auch das neue Album "Echo & Boo".
Der volle Titel ist eigentlich "The Adventures Of Echo & Boo and assorted small tails" (Die Abenteuer von Echo & Boo und allerlei kleinen Schwänzen) und mit von der Partie sind von der Originalbesetzung noch David Surkamp und Mike Safron, die allerdings auch heute noch die tragenden Säulen dieser Band bilden.

"Echo & Boo" ist, wie die anderen Scheiben auch, voll mit romantischen und manchmal auch melancholischen Liebesliedern. Aber das ist nicht so schlimm, wie es sich anhört, denn wir sind hier nicht auf irgendeinem Schlagersender. Und thematisch bewegt sich das Ganze auch nicht in so engen Grenzen wie, sagen wir mal, die Ausführungen von David Coverdale zu diesem Thema.
"Angeline" jedenfalls beginnt mit klagender Geige und dann ertönt die unverwechselbare Stimme von David Surkamp und ich bin, ruckzuck, wieder in den Siebzigern. Die akustische Gitarre bestimmt das Tempo und wir haben hier einen sehr schönen Popsong, der dann im Refrain kurz mit verhaltenen Riffs glänzt.
"Angeline's Twilight Jump" ist eine traurige Ballade mit klagenden Instrumenten und klagender Stimme vorgetragen. Einfach nur schön! *schnüff*
"I Love You Still" zieht das Tempo ein wenig an, wird dominiert vom Piano und dem mehrstimmigen Gesang. Es scheint mir ein Song zu sein, der vom Rhythmus her stark an die Musiktradition dieser südlichen Region in den USA um St. Louis angelehnt ist. Stammt eigentlich von "Has Anyone….", ist hier aber anders instrumentiert und schlichtweg viel besser.
Das balladeske "I Do So Good Without You" singt David im Duett mit Sara, die mich mit ihrer rauchigen Stimme ganz wuschig macht. Puuuuh, scharf, mein lieber Mann! Bewegend und aufregend!
"Echo & Boo" ist eine Gute Nacht-Geschichte, wie man sie seinen Kindern abends am Bett erzählt, über einen Jungen und seine Reise zu den Sternen. Zuerst mit leiser Stimme von David vorgetragen, dann gesungen zu ergreifender Melodie mit 'ner echten Hookline.
Jetzt wird’s allerdings ein wenig merkwürdig, denn diese sogenannte "Suite" ist mir in ihrer Zusammensetzung und Bedeutung ein Rätsel, was genau genommen auch eine der vielen Absichten einer Suite sein kann. Sie besteht jedenfalls aus zwei Instrumentalteilen ("We Walk alone…."), die eher Soundkollagen darstellen und in denen ein sehr bekannten amerikanisches (Volkslied-)Thema ertönt, das ich aber zum Verrecken nicht benennen kann. Dieses ist zusätzlich mit einem militärischen Rhythmus unterlegt. Kurz ertönt dann das Traditional "Oh, Suzanna" (Text ähnlich wie: dunkel war's, der Mond schien helle, als ein Auto blitzesschnelle, langsam um die Ecke fuhr….) und danach der sehr schöne Song "Ava Gardner's Bust" mit eben dem bekannten Thema am Schluss. Irgendwie klasse, aber auch undurchschaubar, vor allem, weil alles unter diesem Oberthema steht: Was, zum Geier, haben diese vier Songs bzw. Tracks mit dem Tod der nordamerikanischen Industrie zu tun??? Und was, zum Geier, hat das alles mit Ava Gardners Büste zu tun? Augenscheinlich kenne ich mich in dieser doch sehr fremden Kultur nicht so gut aus, wie ich dachte.
"Calling Out For Mine" klingt wie flotter Swing, den man in kleinen, netten Clubs hören kann, und bei dem alles automatisch mitwippt, was mitwippen kann.
"And We All Die Alone" ist ein ergreifendes flottes Stück mit akustischer Gitarre, klagender Geige, leichtem Geklöppel von Mike und emotionalem Gesang (aber das ist er genau genommen ja immer) von David. Thema: Der einsame Tod von Seeleuten. Hübsch! Für den Zuhörer, nicht für die Seeleute, wohlgemerkt!
"Jubilation" erscheint mir wieder wie ein Track wie geschaffen für Clubs und Bars, mit swingenden Drums und schönen Klavierläufen. Aber auch hier fehlt nicht das Solo der Leadgitarre, wehmütig und rührend. Wie ist der Gesang? Siehe oben!
Yep, so musses sein!
"I Don't Need Magic Anymore" beginnt mit einem Klaviersolo (nicht unbedingt meins), aber das gibt sich nach 'ner Zeit und der letzte Song dieser musikalischen Offenbarung schmeichelt meinen Ohren. Bewegend, emotional, mit Hookline undsoweiterundsofort. Toll!

Die Violine klagt und David Surkamp singt mit diesem unvergleichlichen Vibrato, Tremolo und Timbre (oder wie man das sonst nennt). Alle Musiker geben ihr Bestes und das dürfte dann auch wohl reichen, oder?
Was will man mehr?
Nix!
Nur die Zigarette danach!

"Echo & Boo" wird also hiermit von mir und landauf, landab begeistert gefeiert und das nicht etwa aus rein nostalgischen Gründen, sondern weil "Echo & Boo" definitiv ein Highlight in diesem Jahr ist. Und live sind Pavlov's Dog definitiv ebenfalls ein außergewöhnliches Erlebnis mit außergewöhnlichen Musikern und einer außergewöhnlichen Musik. Die schon früher vorhandene ungewöhnliche Instrumentierung ist auch heute noch vorhanden und verleiht der Musik von Pavlov's Dog ihren außergewöhnlichen (ich wiederhole mich wohl) Sound.

"Echo & Boo" ist die Fortsetzung der anderen vier tollen Alben mit ein wenig anderen Mitteln. Und deren Ergebnis ist vor allem ein reduzierter Rockmusik-Faktor. Die anderen Alben sind noch rockiger, deswegen aber an sich nicht schlechter. Mir als altem Rocker fehlt dieser Faktor schon, aber auch hier gibt es, wie schon auf den anderen vier Alben, Gänsehautmelodien, die man niemals wieder vergisst, genauso wie ich die Melodien der meisten anderen Songs von früher niemals vergessen kann.

Kaufen!

Weiterhin ist eine Live-CD angekündigt für den Januar 2011: Pavlov's Dog - Live & Unleashed" (Europa, 2009). Außerdem läuft momentan die Tour! Nix wie hin!
Jabba Dabba Doo!

Hey, you guys and girls from Pavlov's Dog and Rockville, who made all this possible after all these years: I love you all!

Just Mattes


Tracklist:
1. Angeline
2. Angel's Twilight Jump
3. I Love You Still
4. I Don't Do So Good Without You
5. Echo & Boo

6. The Death Of North American Industry Suite
a) We Walk Alone Forever 2:05
b) Oh Suzanna (Traditional, S. Foster 1848) 0:59
c) We Walk Alone Forever Again 1:09
d) Ava Garner's Bust 3:46
7. Calling Out For Mine
8. We All Die Alone 5:03
9. Jubilation 5:35
10. I Don't Need Magic Anymore


Line-up:
David Surkamp - voice, 6 & 12 string acoustic guitar, electric guitar, piano, keyboards, bass & mandolin
Mike Safron - drums & drum programming
Sara Surkamp - voice, guitar, percussion
Nick Schlueter - piano & voice
Abbie Hainz - violin & voice
Rick Stieling - bass
Bill Franco - electric guitar

Mit zusätzlichen Beiträgen von:
Phil Gomez - piano
Jean Baue - soprano voice
Saylor Surkamp - backing voice
Nick Oliveri - backing voice
John Wallach - bass
"Bongo" Billy Costello - drums, arp, chimes, percussion
Greg Siller - cat herder
Keith Moyer - flugel horn
Michael McElvain - piano

DISCOGRAPHY:

David Surkamp mit Pavlov's Dog
1975 - Pampered Menial
1976 - At The Sound Of The Bell
1990 - Lost In America
2009 - Has Anyone Here Seen Sigfried? - The Third Lost Album (1977)
2010 - Echo & Boo
2011 - LIVE and unleashed
David Surkamp
2007 - Dancing On The Edge Of A Teacup


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Pavlov's Dog - Echo + Boo (CD-Review)
Pavlov's Dog - LIVE and unleashed (CD-Review)

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