Squealer-Rocks.de CD-Review
Shadow Gallery - Digital Ghosts

Genre: Progressive Metal
Review vom: 21.10.2009
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 23.10.2009
Label: Inside Out



Ich will den tragischen und plötzlichen Tod von Shadow Gallery Sänger Mike Baker hier nicht wieder großartig in den Fokus rücken und gleich eine traurige Stimmung herbeiführen. Dennoch fragt sich die Metalwelt mal neugierig, mal zweifelnd: „Shadow Gallery ohne Mike Baker? Geht das überhaupt? Wie mag das klingen?“.
Nun, diese Fragen werden sich die Verantwortlichen um Gary Wehrkamp sicherlich auch mehrmals gestellt haben. Wobei es wohl recht schnell fest stand, dass man auch ohne den langjährigen Weggefährten weitermachen würde. Nur das ergibt Sinn!

Allerdings wollte die Band zunächst auf einen neuen festen Sänger verzichten und das Album nur mit Gastvokalisten fertig stellen. So erklärt es sich auch, dass die Songs „Venom“ und „Strong“ von Clay Barton (Suspye), bzw. von Ralf Scheepers (Primal Fear) eingesungen wurden.
Ein bisher völlig unbeschriebenes Blatt namens Brian Ashland bewarb sich ebenfalls als Gast am Mikro und überzeugte sowohl musikalisch wie auch menschlich dermaßen, dass er tatsächlich den Posten als neuer, etatmäßiger Frontman bei Shadow Gallery bekam.
Und wie klingt er nun, der Neue? Gut, wirklich gut....

Doch betrachten wir uns erstmal kurz die beiden Tracks, bei denen der neue Mann nicht mit von der Partie ist:
„Venom“, mit Clay Barton am Gesang, ist eine sehr direkte U.S. Metal - Nummer mit einer Stakkato – artigen Strophe und überirdischem Gitarrenspiel vom Mr. Wehrkamp. Fast im Gegensatz dazu steht der extrem hymnenhafte Chorus, sowie der proggige Mittelteil, incl. Retro – Keyboards.
Gutes, aber kein überragendes Stück.

Ralf Scheepers' Leistung bei „Strong“ ist selbstverständlich ohne Fehl und Tadel, zumal sich die Primal Fear Frontsirene hier hauptsächlich in tieferen Lagen austobt. Es gibt klassischen Metal – Stoff, der Savatage Fans runter gehen müsste wie das berühmte Öl. Irgendwann tauchen dann wieder die 70er Keyboards auf, später gibt’s noch dezente Neo - Klassik Rasereien, doch insgesamt ist das Break relativ unspektakulär. Soll heißen, der Song läuft quasi in einem Fluss durch.
Ein absolut überragendes Stück.

Jetzt aber:
Brian Ashley singt anders als Mike Baker und das ist auch gut so.
Sicher, bei den ersten Passagen des 10 - minütigen Openers „With Honor“ muss man sich erstmal an das neue Gesamtbild der Galerie gewöhnen, doch der Gute überzeugt ziemlich schnell mit seinen Qualitäten. Als - ganz vorsichtigen! - Vergleich nenne ich mal Geoff Tate, wenn dieser etwas tiefer singen würde. Kann man aber auch anders sehen. Fakt bleibt, der Mann ist Klasse.
Klasse ist auch der Einstieg in das Album, denn dieser Song hat eigentlich alles das, was Shadow Gallery ausmacht.
Es ist nicht zu fassen, wie viele verschiedene Stilrichtungen und Ideen die Band hier unterbringt, ohne das die Geschichte überladen oder konstruiert wirkt. Das tragende Element sind – wieder mal! - die mächtigen Chöre, die gerne mit Queen verglichen werden. Wirklich, eine sehr mächtige Oper zu Beginn, bei dem mir besonders die schleppenden Parts und die Old – School - Prog Einsprengsel gefallen. Kann man tausendmal hören das Ding – wahrscheinlich der beste Song dieses Jahres!
Kein überragendes Stück, sondern ein Werk für die Ewigkeit!

„Pain“ ist ein Wechselspiel aus balladesken Tönen und extrem fettem Riffing (das ein bisschen zu offensichtlich an „Dead Winter Dead“ von Savatage angelehnt ist) und einem zunächst unspektakulär wirkenden Refrain. Doch irgendwie sind das alles keine richtigen Minuspunkte, weil Shadow Gallery es einfach schaffen, das Ding mit Magie zu füllen. Nach dem dritten Durchlauf ist man süchtig. Vor allem nach dem letzten Drittel, in dem sich die Instrumentalisten eine Schlacht vom Allerfeinsten liefern.
Ein überragendes Stück.
In einem großen Print - Magazin war zu lesen, dass Shadow Gallery eine Mischung aus Queen und Dream Theater sind. Klar, so kann man es sich einfach machen, wenn man keine Lust hat, sich näher mit einem Album zu beschäftigen. Bei „Gold Dust“ jedoch stimmt das zumindest teilweise und das sehr offensichtlich. Natürlich wird hier nicht geklaut und die Melodien sind auch alles andere als Durchschnitt. Doch die gut 6 Minuten wirken irgendwie konstruiert, zusammen gebastelt. Da ein bisschen Raserei, da ein fetter Chor, dann wieder etwas Retro – Prog.
Für Shadow Gallery Verhältnisse zu blass.
Ein nettes Stück.

Der Titelsong sorgt schon in den ersten 30 Sekunden für lachende Fressen! Da wird überaus fröhlich und hoch melodiös leichtfüßiger Prog geboten und in den folgenden knapp 10 Minuten gibt es u .a. mehrere Verbeugungen in Richtung Kanada. Das Bass - Spiel ähnelt dem eines gewissen Geddy Lee doch sehr und das Gitarrensolo bei Minute 8 ist Ian Crichton in Reinkultur. Wirklich nette Gimmicks und eine schöne Hommage an die Idole. Dennoch verliert man nie die eigene Identität und schafft es sogar, einen prinzipiell destruktiven Jazz - Part so mit in den Song einzubinden, dass er nicht störend wirkt.
Ein faszinierendes Stück.

„Haunted“ ist der große Auftritt von Ian Ashley. Nur von Klavier und Chor begleitet, darf der „Neue“ zunächst 4 Minuten lang alle Register seines Talents ziehen, während wir selbiges mit dem Hut tun. Auch nach dem Einstieg der kompletten Band ändert sich wenig am Charakter dieser Komposition: Im Prinzip handelt es sich hier um einen 10 - minütigen Mitsing - Refrain und ich muss gestehen, so etwas noch nicht einmal von Jim Steinmann gehört zu haben. Der Begriff „Hymne“ wäre hier eine Untertreibung. Keine Ahnung, wie die so etwas machen.
Ein absolut geniales Stück.

„Digital Ghosts“ ist im Vergleich zum Vorgänger „Room V“ wesentlich härter, direkter und besser. Es gibt keine Musical - Balladen, dennoch kommen die Gefühle nicht zu kurz. Die Produktion ist sehr roh, dabei gelegentlich etwas zu basslastig, was aber ironischerweise gut zu der Attitüde des Albums passt.
„Legacy“ und „Tyranny“ werden nicht getoppt, aber das war ja auch nicht zu erwarten. Dafür gibt’s mit „With Honor“ den besten Shadow Gallery Song aller Zeiten.
Danke dafür.

Tracklist:

1. With Honor
2. Venom
3. Pain
4. Gold Dust
5. Strong
6. Digital Ghost
7. Haunted

Line Up:
Brendt Allman – Guitars, Vocals, Bass, Keyboards
Carl Cadden-James – Bass, Vocals
Gary Wehrkamp – Guitars, Keyboards, Piano, Vocals, Drums
Brian Ashland - Lead Vocals, Guitar

DISCOGRAPHY:

1992 - Shadow Gallery
1995 - Carved in Stone
1998 - Tyranny
2001 - Legacy
2005 - Room V
2007 - Prime Cuts (Best Of Compilation) 2009 - Digital Ghosts

SQUEALER-ROCKS Links:

Shadow Gallery - Room V (CD-Review)
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Shadow Gallery and support - Turock, Essen (Live-Review)

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