 Genesis - Selling England by the Pound (SACD + DVD Audio)
Genre:
Progressive Rock
Review vom: 06.04.2009
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Virgin UK (EMI)
„Can You tell me where my country lies?“ singt Peter Gabriel zu Beginn der wohl schönsten Einleitung der Rockgeschichte und der Hörer ahnt bereits, dass nun erneut ein echter Übersong folgt. Und in der Tat: „Dancing in the Moonlit Knight“ ist gemeinsam mit „The Musical Box“ zumindest in meinen Augen der vielleicht beste Genesis Track überhaupt. Der Wechsel zwischen Aggression und Harmonie, die genialen instrumental Parts, die unglaublichen Melodien - hier wird mal wieder die ganz hohe Schule zelebriert. Dennoch ist „Selling England by the Pound“ in seiner Gesamtheit einen Tick schwächer als die beiden Vorgänger „Nusery Crime“ und - vor allen Dingen - „Foxtrot“.
Das sieht die Mehrheit der Fans jedoch anders, denn „Selling...“ ist der wohl beliebteste Dreher der Briten und landet bei Umfragen wie „Die beste Prog - Platte aller Zeiten“ mit schöner Regelmäßigkeit auf Platz eins. Nicht umsonst waren drei Stücke hiervon auf der letzten Genesis Tour zumindest auszugsweise im Programm.
Sei' s drum, die Geschmäcker sind verschieden und über die Rangliste der frühen Genesis Scheiben zu streiten ist in etwa so, als wenn man darüber diskutiert, ob nun Silber oder Gold schöner aussieht.
In meiner persönlichen Hitparade zieht „Selling...“ jedoch schon deswegen den Kürzeren, weil zwei Songs mindestens eine Liga tiefer anzusiedeln sind als der Rest des Albums und somit den Schnitt nicht unbeträchtlich senken.
Da wäre zunächst das von Phil Collins gesungene „More Fool Me“, das mit Sicherheit kein schlechtes Stück Musik ist und auch wunderbar zu Boston oder REO Speedwagon passen würde. Doch zu Genesis anno 1973? Nee, geht gar nicht.
Von diesen Schmachtfetzen müssen wir auf späteren Veröffentlichungen noch genügend ertragen....
Das coole „I know what I like (in Your wardrobe)" ist ebenfalls nett anzuhören, passt aber keineswegs in den anspruchsvollen Gesamtkontext.
Recht untypisch ist zwar auch das Instrumental „After the Ordeal“, das zunächst gar nicht mit aufs Album sollte. Doch nun sind wir wieder in der Champions League, denn was Steve Hackett mit seiner Gitarre hier „erzählt“, wird viele Jahre später von Saitenflitzern wie Joe Satriani bis ins Detail höchst erfolgreich kopiert werden.
Die längste Nummer des Albums ist neben dem grandiosen Opener ein weiterer Höhepunkt. Das knapp 12 – minütige Epos „The Battle of Epping Forest“, das vom Kampf zweier Straßenbanden handelt, bietet die üblichen faszinierenden Zutaten eines Genesis Longtracks. Neu sind die erstmals eingestreuten Canterbury Elemente, welche dem Stück allerdings etwas von der Dramatik nehmen, die bei „Supper's Ready“ vom Vorgänger noch wesentlich präsenter war.
Davon bietet die tolle Bombast - Balllade „Firth of Fifth“ genug. Hauptbestandteil ist Tony Banks' unbeschreiblich vielseitiges Tastenspiel und der Song ist vom Aufbau her ebenso spannend wie eingängig. Endgültig in den Adelsstand wird das Stück durch Hacketts majestätisches Solo erhoben, bei dem die Seele tatsächlich Flügel bekommt.
Das Abschlussdoppel wird vom überlangen „The Cinema Show“ eingeleitet und die ersten 6 Minuten sind dermaßen wunderschön, dass man das Album eigentlich vom Arzt verschrieben bekommen müsste, so viele Glückshormone werden hier freigesetzt. Das Break, welches dann die restlichen 5 Minuten einleitet, sorgt zunächst für eine kleine Schrecksekunde, weil es nun etwas wuseliger wird. Doch nach einer kurzen Akklimatisierung lässt auch dieser Part keine Flucht zu, dafür sorgen schon die Herren Banks und Hackett mit schlichtweg magischen Harmonien.
Das finale „Aisle of Plenty“ ist eigentlich eine 2- minütige Reprise des Openers „Dancing in the Moonlit Knight“, bei der Gabriel einige Sonderangebote aus dem Supermarkt auflistet(!!!).
Englischer Humor, schätze ich mal...
Insgesamt klingt „Selling England by the Pound“ ein wenig harmonischer als die beiden Vorgänger und trägt ganz leichte Flower Power Züge, doch das mit dem Haare spalten hatten wir ja schon zu Beginn des Reviews. So sei nur noch erwähnt, dass die DVD neben den üblichen Interviews zudem zwei kultige TV - Aufzeichnungen aus dem Jahr 1973 enthält.
Dank der einzelnen Wiederveröffentlichungen im SACD und DVD Audio Format hatte ich nun die höchst angenehme Pflicht, mich sehr intensiv und aus verschiedenen Perspektiven mit den Alben Nr. 2-5 von Genesis zu beschäftigen.
Eine Erfahrung, die ich nicht nur jedem Freund von anspruchsvoller Rockmusik nahe legen möchte. Die Musik, die Genesis seinerzeit kreiert haben ist bis heute unerreicht – und wird es immer bleiben.
Danke dafür.
Tracklist:
1. "Dancing With The Moonlit Knight"
2. "I Know What I Like (In Your Wardrobe)"
3. "Firth of Fifth"
4. "More Fool Me"
5. "The Battle Of Epping Forest"
6. "After The Ordeal"
7. "The Cinema Show"
8. "Aisle Of Plenty"
DVD Extras:
Reissue Interview (2007) Video: Shepperton Studios, Italian television performance (1973); Live in Bataclan, France (1973)
Line Up:
Peter Gabriel - Vocals
Tony Banks - Keyboards
Steve Hackett - Guitar
Mike Rutherford - Bass
Phil Collins - Drums
DISCOGRAPHY:
1969 - From Genesis To Revelation
1970 - Trespass
1971 - Nursery Cryme
1972 - Foxtrot
1973 - Selling England By The Pound
1974 - The Lamb Lies Down On Broadway
1974 - The Lamb Story
1976 - A Trick Of The Tail
1977 - Seconds Out
1977 - Wind And Wuthering
1978 - ... And Then There Were Three ...
1980 - Duke
1981 - Abacab
1982 - Three Sides Live
1983 - Genesis
1986 - Invisible Touch
1991 - We Can't Dance
1997 - Calling All Stations
1999 - Turn It On Again - The Hits
2000 - DVD: The Way We Walk
2001 - DVD: Genesis Songbook
2003 - DVD: Live At Wembley
2004 - DVD: Video Show
2004 - DVD: Inside Genesis 1975-1980
2004 - Platinum Collection
2005 - DVD: Inside Genesis: The Gabriel Years 1970-1975
2005 - DVD: Critical Review: 1970-1980
2007 - Live Over Europe
2007 - Turn It On Again - The Hits (Tour Edition)
2008 - DVD: When In Rome
2008 - Box: 1970 - 1975
2008 - Box: 1976 - 1982
2008 - Box: 1983 - 1998
SQUEALER-ROCKS Links:
Genesis - Genesis: 1970 - 1975 ( Box Set mit 7 CDs + 6 DVDs) (CD-Review)
Genesis - Trespass (SACD + DVD Audio) (CD-Review)
Genesis - Nursery Cryme (SACD + DVD Audio) (CD-Review)
Genesis - Foxtrot (SACD + DVD Audio) (CD-Review)
Genesis - Selling England by the Pound (SACD + DVD Audio) (CD-Review)
Genesis - When In Rome 2007 (DVD-Review)
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