Squealer-Rocks.de CD-Review
Sylvan - Posthumous Silence - The Show / Leaving Backstage (DVD + DO.-CD)

Genre: Progressive Rock
Review vom: 08.08.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlic
Label: ProgRock Records



Konzeptalben sind ja mittlerweile in nahezu jedem Genre zur Mode geworden. Im Progressive Bereich ist eine durchgehende Geschichte allerdings schon fast Pflicht und stellt für Bands sozusagen die Gesellenprüfung dar. Sylvan legten als „Prüfungsstück“ 2006 „Posthumous Silence“ vor und bestanden locker mit Auszeichnung. Nicht, dass die Hamburger Truppe vorher ein unbeschriebenes Blatt gewesen wäre, aber die Story in der es, grob gesagt, um eine Vater - Tochter Beziehung geht, war schon ein gewaltiges Stück vertonter Emotionen.
Umso lobenswerter ist der Mut, dieses Mammutwerk live und am Stück aufzuführen und das Ganze noch für eine DVD mitzufilmen.
Ganz zu schweigen von dem finanziellen Wagnis, denn Sylvan hatten keinen Sponsor im Rücken, sondern haben die Kiste ganz alleine gestemmt.
Das Ergebnis ist schlicht und ergreifend umwerfend, und wenn das Studio Album die Gesellenprüfung war, dann ist „The Show“ nichts weniger als der Meisterbrief.

Wenn es hier überhaupt irgendwas auszusetzen gibt, dann höchstens das Fehlen des „Zugabenblocks“, doch dazu später mehr.
Ansonsten regiert von der ersten Sekunde an pure Faszination.
Bereits der Beginn des Konzerts mit einem halb transparenten Vorhang und tollen Projektionen sorgt für wohlige Spannung und macht deutlich, wie detailliert die Hanseaten an der Umsetzung ihres Konzepts gearbeitet haben. So ist die Lightshow hier alles andere als reine Effekthascherei, sondern schon fast ein Bestandteil der Musik, so passend werden die ständig schwankenden Stimmungen optisch untermalt.

Dennoch ist die Show nie so überladen, dass die Musiker pure Statisten wären. Blickfang ist natürlich Sänger Marco Glühmann, der entweder ein verdammt guter Schauspieler sein muss oder tatsächlich dermaßen in die Songs versunken ist, dass es schon fast als Trance gedeutet werden kann. Das Wichtigste ist jedoch, wie er singt: makellos.
Die vielen Wechsel zwischen harten, fast schon Metal Parts, und den höchst gefühlvollen Passagen meistert der Frontman exzellent.
Wie auch jeder seiner Mitstreiter an den Instrumenten eine hervorragende Figur abgibt. Das Stageacting ist der Musik und der Virtuosität angemessen ruhig, aber nicht statisch. Da wird sich an härteren Stellen auch schon mal zur „Quo Army“ formiert. Die Mischung aus Konzentration und Spass ist quasi spürbar.

Die Performance von Sylvan verdient somit das Prädikat „überaus wertvoll“ und ich übertreibe nicht, wenn ich „Posthumous Silence“ mit IQs „Subterranea“ vergleiche. Stilistisch und qualitativ!
Gut und schön für die ca. 500 Zuschauer in der Halle.
Doch spätestens seit „Rush In Rio“ wissen wir alle, dass es nicht immer gelingt, einen tollen Live Sound auch bis in die heimische Glotze zu transportieren.
Und jetzt schlägt die Stunde derer, die sich irgendwann mal eine schweineteure Anlage in die Bude gestellt haben: Der 5.1. Surround Sound ist eine Offenbarung! Für DVDs wie diese hier wurden die Dinger einst erfunden.
Klar, auch das nützt wenig, wenn auf dem Bildschirm wacklige Bilder oder hektische Schnitte Augenschmerzen verursachen. Doch auch hier sind wir meilenweit vom Durchschnitt entfernt.
Abgesehen von der überragenden Bildqualität scheinen hier wirkliche Experten an der Kamera und in der Bildregie gesessen zu haben. Raffinierte Schwenks und Zooms, sowie dezente Überblendungen und eine abwechslungsreiche Schnittfolge machen das Konzert nicht nur zu einem visuellen Genuss, sondern sind zudem absolut passend auf die Musik zugeschnitten.

So wirkt der Schluss des Konzerts dann auch wie ein Happy End in einem Film, der einen von Anfang bis Ende gefesselt hat: Gleissendes Licht, jubelnde Fans und überglückliche Musiker, denen man die Erleichterung und den Stolz, dieses „Baby“ heil zur Welt gebracht zu haben, ansieht.
Es folgt der Abspann und man braucht erstmal 'ne gute Viertelstunde um halbwegs die Fassung wieder zu erlangen.
Dann geht’s an die Extras, die es ebenfalls in sich haben. Neben einem Studio Report erfährt man, wie lange die Band dieses einzelne Konzert in einer alten Hamburger Fabrikhalle vorbereitet hat - „34 Days“ waren's. Die Herren Musiker haben selbst beim Bühnenaufbau kräftig Hand mit angelegt.
Richtig schön sind die Bilder, die die Band in den letzten Sekunden vor dem Gang auf die Bühne zeigen. Ja, selbst scheinbar abgeklärte Proggies sind manchmal nervös.
Kurzweilig sind auch die Interviews, in denen die Hanseaten angenehm ehrlich und humorvoll aus dem Nähkästchen plaudern und uns mit Promo – Geschwätz verschonen.
Das Highlight der Bonus Features ist aber zweifellos die Aufnahme des knapp 19 -minütigen Prog – Geniestreichs „Artificial Paradise“, das aus dem eingangs erwähnten „Zugabenblock“ stammt, den man in voller Länge auf der zeitgleich veröffentlichten Doppel CD „Leaving Backstage“ akustisch bestaunen darf.

Der auf CD II enthaltene, nun zum dritten Mal erwähnte „Zugabenblock“, folgte im Anschluss der Posthumous Silence“ Aufführung, seine Dauer beträgt 76 Minuten und ist somit 3 Minuten länger als der eigentliche Hauptteil(!). Die neun Songs bilden einen netten Querschnitt des Schaffens der Band. Natürlich frönen die Hanseaten dem selben Stil wie bei ihrem Konzeptalbum und natürlich spielt man auch hier in der Champions League des anspruchsvollen Rock. Man könnte lediglich von einer etwas zugänglicheren Setlist sprechen, was nur logisch ist.
Da ist dann schon mal Platz für Radio - taugliches wie „When The Leaves Fall Down“. Grundsätzlich aber hat man es hier mit einem kompletten Konzert zu tun - und das alleine auf Disc No.2!
Auf der ersten CD ist das „Posthumous Silence“ Set der DVD enthalten, also eigentlich zwei Konzerte vom selben Abend fürs heimische Ohrenkino.
Tontechnisch gibt es auch an der Audio Fassung nicht das Geringste zu mäkeln. Mehr „Live“ geht nicht - und „besser“ geht wohl auch nicht.

Beim „Entweder Oder“ Spielchen empfehle ich ganz klar die DVD, da diese wirklich bahnbrechend ist, eigentlich aber sollte man das komplette Paket mitnehmen (hier verweise ich auf die Homepage der Band, wo man die Teile günstiger als im Handel abgreifen kann).
Sylvan erreichen locker internationalen Standard und ihr wechselhafter Stil klingt niemals erzwungen oder wie „Prog aus dem Lehrbuch“. Als Parallele nenne ich hier noch einmal IQ und ein größeres Kompliment kann man einer Band wohl kaum machen.

Tracklist:
DVD:
01. Eternity Ends
02. Bequest Of Tears
03. In Chains
04. Bitter Symphony
05. Pane Of Truth
06. No Earthly Reason
07. Forgotten Virtue
08. The Colors Changed
09. A Sad Sympathy
10. Questions
11. Answer To Life
12. Message From The Past
13. The Last Embrace
14. A Kind Of Eden
15. Posthumous Silence
Extras:
- In the Studio 2005 - 2006
- 34 Days
- Bonus Song Artificial Paradise
- Interviews
- Outtakes
- Audiokommentar
- Slideshow

CD:
Disc 1:
01. Eternity Ends
02. Bequest Of Tears
03. In Chains
04. Bitter Symphony
05. Pane Of Truth
06. No Earthly Reason
07. Forgotten Virtue
08. The Colors Changed
09. A Sad Sympathy
10. Questions
11. Answer To Life
12. Message From The Past
13. The Last Embrace
14. A Kind Of Eden
15. Posthumous Silence
Disc 2
01. Lost
02. That's Why It Hurts
03. So Easy
04. Encounters
05. One Step Beyond
06. This World Is Not For Me
07. Deep Inside
08. When The Leaves Fall Down
09. Artificial Paradise

Line Up:
Marco Glühmann – Vocals
Matthias Harder – Drums
Sebastian Harnack – Bass
Jan Petersen – Guitar
Volker Söhl - Keyboards

DISCOGRAPHY:

1999 - Deliverance
2000 - Encounters
2002 - Atrificial Paradise
2004 - X-Rayed
2006 - Posthumous Silence
2007 - Presets
2008 - Leaving Backstage (Do. - CD)
2008 - Posthumous Silence - The Show (DVD)
2009 - Force of Gravity
2015 - Home

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