Fix von Odroerir

(15.10.2010, Interview geführt von Reaper)

Man könnte fast sagen: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Denn bereits ein halbes Jahr ist vergangen, seit Odroerir mit „Götterlieder II“ ein wirklich bezauberndes Album veröffentlichten. Der Brief mit Fragen war schnell bestückt und machte sich auf den Weg… nun, mit den ersten fallenden Blättern des Herbstes, kehrt der Bote mit froher Kunde zurück.

Squealer-Rocks.de: Heil Odroerir, der Skalden labend Met! Einen besseren Bandnamen hättet ihr, in Anbetracht eurer musikalischen Ausrichtung wahrlich nicht wählen können - wenngleich wohl nicht nur ich mich frage, wie man ihn denn nun richtig ausspricht (grinst). Habt ihr euch damals für diesen Namen entschieden, da ihr euch seiner Bedeutung wohl bewusst ward, oder war es eher eine Bauchentscheidung?

Fix: Als ich im Herbst anno 1998 die Band ins Leben gerufen hatte, suchte ich gleichzeitig einen adäquaten mythologischen Namen dafür, um auch das lyrische Konzept dementsprechend zu veranschaulichen.
ODROERIR war der Favorit gewesen und passte einfach am besten dazu, auch bedingt durch die dahinter stehende Geschichte.
Da Met eh zu einem meiner bevorzugten Getränke im Alkoholbereich zählt, musste und konnte es auch nur dieser Bandname werden. Honigwein säuft übrigens jeder bei uns gerne und im Übermaß!!!
Den Namen richtig gekonnt aussprechen wird aber wahrscheinlich nur jemand können, welcher der altnordischen Sprachen mächtig ist - da gab's echt schon diesbezüglich die komischsten Betonungen!?!

Squealer-Rocks.de: Wenn wir schon bei Bedeutungen sind - man spürt förmlich in eurer Musik und euren Texten, dass euch die alte Sagenwelt sehr am Herzen liegt. Wie wichtig ist es, dass man voll und ganz hinter der Musik und ihren Inhalten steht, die man macht?

Fix: Zu meinem Teil muss ich hierzu sagen, dass ich mich schon sehr lange mit der Vor- und Frühgeschichte, überwiegend von Mittel- und Nordeuropa, mit all seinen Facetten intensiv beschäftige, sei es von Archäologie angefangen, über die historischen Überlieferungen, Sagen, bis hin zur Mythologie und Glaubensvorstellungen der vorchristlichen Ära.
Hierbei wird viel drüber gelesen, Re-enactment dargestellt, Museen begutachtet und was mir besonders am Herzen liegt, ist der Besuch bzw. die Exploration der uns erhaltenen geschichtlichen Kulturdenkmäler und Monumente aus jener Zeit. Dazu gibt's auch ein paar interessante Fotos auf unserer Homepage zu sehen.
Ergo ist die Musik und die Lyrik dazu eine ehrliche, profunde und künstlerische Synthese bzw. Quintessenz aus dem Interesse hierfür und keine momentane kommerzielle Modeerscheinung bzw. eine diesem Trend hinterherlaufende halbgare Anbiederung.

Squealer-Rocks.de: Was ist so besonders an den Überlieferungen, wie man sie in der Edda findet, dass sie solch eine Anziehungskraft zu entwickeln in der Lage sind?

Fix: Ganz einfach, es ist ein Teil unseres Kulturerbes.
Wenn man sich nun mal mit der ganzen Thematik aus regionalen und überregionalen Gebieten auseinandersetzt, stößt man unweigerlich neben der Germania von Tacitus irgendwann auch mal auf die EDDA.
Sie ist leider nur eines der wenigen Überlieferungen aus der heidnischen Ära der Germanen.
Zwar wurde sie erst in der späten Wikingerzeit und im hohen Norden niedergeschrieben und auch mit christlichen Elemente verflochten, aber meines Erachtens nach besitzt sie noch genügend vorchristliche Elemente aus der allgemeinen Glaubenswelt der Germanen.
Ich weiß zwar auch, dass sich viele Bands ihrem Inhalt bedienen, bzw. genügend mit eigenen Ansichten und anderen Versatzstückchen zum Teil auch verballhornen, aber ich muss ehrlich zugeben, dass mir keine adäquate komplette Vertonung bekannt ist, die unverfälscht rüberkommt oder auch mal die entsprechenden Bilder beim Hören evoziert.
Es wird uns mittlerweile vorgeworfen, dass wir momentan lyrisch nicht gerade innovativ sind und ein schon tausendfach abgegrastes Gebiet feilbieten, aber irgendwie hat da keiner mitbekommen, dass der Grundgedanke dazu bei uns schon vor über zehn Jahren entstanden ist und daher bis zur Vollendung auch konsequent durchgezogen wird. Ergo ist die Thematik mit diesem Album noch lange nicht abgeschlossen.

Squealer-Rocks.de: Entstand die Idee, Teile der Lieder- und Prosa-Edda zu vertonen, aus dieser Faszination heraus? Oder wolltet ihr vielmehr ein Gegengewicht zum verklärten Mythenbild, welches in der Gesellschaft vorherrscht, schaffen?

Fix: Beides würde ich mal sagen. Natürlich war der erste Beweggrund die Faszination über germanische Mythologie und historischen Überlieferungen. Gleichzeitig wollte ich auch von Anfang an einen lyrischen Gegenpool für das ganze stereotype und klischeehafte Krieger- und Supergermanengeschwafel setzen, der unweigerlich in so vielen Pagan Metal, Mittelaltercombos oder sonstigen nicht hörenswerten Musikrichtungen und auch schriftlichen Abhandlungen integriert ist, welches einen eigentlich eher zum Lachen animiert.
Da bekommt man manchmal ein haarsträubendes Mischmaschgeschwülst von sporadischem Halbwissen, neuzeitlichem Gedankengut und gesellschaftlicher Unzufriedenheit vorgesetzt, sodass man sich schon schämen müsste, wenn sich unser eins ebenso damit beschäftigt.
In der Allgemeinheit gibt's eh schon zu wenig objektive Aufklärung über einheimische geschichtliche Zusammenhänge und indigener Religion, da braucht man nicht noch zusätzlich ein infantiles, verschrobenes Gedankengut, welches Kritikern dieser Subkultur nur noch mehr Nährboden bietet.

Squealer-Rocks.de: Fast zwangsläufig kommt da mit der Vereinnahmung durch rechtsgerichtete Gruppen in Berührung. Hattet ihr schon einmal Probleme mit solchen oder antifaschistischen Gegenbewegungen?

Fix: In Bayern gab's mal auf dem "Zwergenaufstand-Festival" eine Anzeige vom Staatsanwalt (die hatte glaube ich jede Band dort bekommen???), von welcher ich aber erst nach zwei Jahren erfahren habe, da sie eingestellt wurde.
Man erzählte mir am Telefon, weil ich nachgehackt habe, das Einer von uns wahrscheinlich irgendwann mal n Hitlergruß in der Öffentlichkeit gemacht haben müsste, was ich natürlich negierte und darauf den netten Herrn am anderen Ende der Leitung bat, mir doch bitte die korrekte Anklage vorzulesen. Dabei kam heraus, dass wir wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole - und jetzt kommt's - von "keltischen Runen", (wahrscheinlich von Anonym) angezeigt wurden. Ich klärte den offensichtlich Ahnungslosen auf, dass keine keltischen Runen existieren bzw. dass dies zwei separate archaische Schriften sind. Auch erzählte ich ihm, dass die "lustigen Kostüme" auf der Homepage, von uns allgemein auch Re-enactment bzw. Living History genannt werden.
Ansonsten sind allgemein in dieser Szene Christian Dornbusch und seine Kohorten immer wieder aktiv, um unbedingt etwas nicht politisch Korrektes hineininterpretieren zu können. Aber zu diesem leidigen Thema habe ich mich schon genug geäußert, daher muss es hier nicht noch ein weiteres Mal offeriert werden.

Squealer-Rocks.de: Kommen wir jetzt zu eurem neusten Werk, zu dem ich euch wirklich von Herzen gratulieren möchte. Mit "Götterlieder II" setzt ihr den auf "Götterlieder" eingeschlagenen musikalischen Weg konsequent fort, wobei über weite Strecken Metal- und Rockelemente in den Hintergrund treten. Vielmehr wird das Album dominiert von erzählenden Liedtexten und fesselnden, folkloren Melodien, so dass es wahrlich ein Genuss ist, es immer und immer wieder zu hören.
Gestalteten sich die Arbeiten an diesem zweiten Teil schwieriger als noch am ersten, da fünf Jahre zwischen dem Erscheinen der beiden liegen?


Fix: Nicht unbedingt, der Hauptfaktor ist und bleibt eigentlich immer die Zeit dafür, welche natürlich stets fehlt. Viele von uns spielen auch noch in anderen Bands und außerdem wohnen wir alle nicht gerade an einem Ort, was die Arbeit mit der Band nicht erleichtert. Selbst die Durchführung einer vollständigen Probe von uns braucht schon ein logistisches Feingefühl und eine ellenlange Planung im Voraus.
Desweiteren bin ich auch nicht unbedingt der schnellste Songschreiber, dazu sind wir leider nicht gerade die besten Musiker, was sich immer wieder - gerade im Studio - aufs Neue beweist.
Dann schleift es mal hier, mal dort und konventionell arbeiten müssen wir leider auch noch.
Also es gibt genug Gründe für die temporäre Diskrepanz!!!
Ich habe zwar schon wieder fast zwei vollständige Alben in petto, aber die vollends bis zum letzten Detail auszuarbeiten, scheint mir momentan unmöglich.

Squealer-Rocks.de: Woher nehmt ihr die musikalische Inspiration für eure Musik?

Fix: Das ist so unterschiedlich wie die eigenen Lieder selbst. Die schönsten Ideen habe ich meistens nach einem genialen Urlaub, aber auch Wut und Hass inspirieren mich zum Komponieren. Selbst depressive Phasen und - man sollte es nicht glauben - das Gefühl der Verliebtheit bringt einen dazu, Songs zu schreiben. Aber was ich eigentlich dazu am nötigsten brauche, ist genügend Zeit und Ruhe. Wie ich schon so oft erwähnte, ist Komponieren eine Art Katharsis für mich. Darin sublimiere ich ergo nur mein Innerstes nach außen, eben in Gestalt von Liedern. Natürlich beeinflusst mich auch andere Musik, um selbst was zu kreieren, die kommt, zumindest was den Folkloreanteil betrifft, aber nicht aus dem Metalbereich.

Squealer-Rocks.de: Neben den verschiedenen traditionellen Instrumenten ist auch der vielstimmige Gesang ein markantes Element auf euren Alben. Wie wichtig oder schwierig ist das Arrangement all dieser kleinen Details?

Fix: Gerade auf die Details und die mehrstimmigen Arrangements lege ich sehr großen Wert, und das nicht nur beim Gesang. Das ist zudem für mich ziemlich schwierig, dies auszutüfteln und verlangt daher auch viel Zeit sowie immer wieder Kopfzerbrechen. Die entsprechenden Folkloreinstrumente müssen auch noch einigermaßen gelernt bzw. beherrscht werden, bevor sie einen Platz in den Liedern bekommen. Bei "Idunas Äpfel" z.B. habe ich ein mannigfaltiges Streicherensemble in einer Art Filmsoundtrack entworfen, mit zum Teil gegenläufigen Melodien. Aber was bekommt man dann in diversen Rezensionen zu lesen: "schöne Geige" und "schöne Keyboards". Wir sollten doch lieber minimalistischen Klischee Pagan Metal machen, um die Hörer nicht gar zu sehr zu strapazieren!?

Squealer-Rocks.de: Da jedes einzelne Lied auf "Götterlieder II" auf seine eigene, ganz besondere Weise zu beeindrucken vermag, fällt es unglaublich schwer ein bestes auszumachen. Welches Stück ist dein persönlicher Favorit?

Fix: Ich versuch im Allgemeinen die Lieder so unterschiedlich wie möglich zu gestalten, um auch ihren Wiedererkennungswert hervorzuheben und um für ausreichend Abwechslung zu sorgen.
"Allvater" find ich persönlich trotz alledem als besonders gelungen und ich weiß nicht, ob ich das nochmals, zu mindestens von der Länge her, toppen kann!? Aber das dachte ich eigentlich schon bei so vielen Liedern, die ich irgendwann mal geschrieben habe.

Squealer-Rocks.de: Wenn du die freie Wahl hättest, an welchem Ort würdest du gerne einmal auftreten - ungeachtet der tatsächlichen Realisierbarkeit?

Fix: Wenn, dann schon an Originalschauplätzen wie Abalos, Atlantis, Avalon, Shambala, Shangrila, Thule, Vineta oder Vinland usw.!?!

Squealer-Rocks.de: Was ist so besonders an Thüringen, dass viele deutsche Folk und Pagan Bands gerade aus diesem Bundesland kommen?

Fix: Ich war erst vor kurzem wieder mit meinem Trekkingrad knapp eine Woche lang in Thüringen und angrenzenden Bundesländern so ca. 700 km unterwegs und habe somit etliche neue Gegenden erkundet. Einfach ohne konkreten Plan bin ich nur mit Landkarte, Isomatte, Schlafsack, Kocher, Badehose und dem nötigen Kleinkram losgezogen, denn es war schönstes Wetter vorausgesagt. Hierbei ist mir abermals aufgefallen, wie schön und abwechslungsreich es hier doch in unmittelbarer Nähe ist und was für Örtlichkeiten ich bis Dato noch gar nicht kannte. Irgendwann ist mir auch aufgefallen - echt ohne Scherz!!! - dass ich immer mal wieder bei schönen Fernblicken, geschichtsträchtigen Orten etc. aus den Gedanken heraus "Thüringen lalala" vor mich her gesungen habe und das ist glaube ich einer der Hauptgründe, wieso es hier so viele dieser Bands gibt. Anders kann ich es mir einfach nicht erklären, irgendwie ist es eine Hommage an die Heimat und Naturverbundenheit.
Natürlich gibt's hier und da auch genug Trittbrettfahrer, aber die sind ja nun fast in jeder Szene tätig.

Squealer-Rocks.de: Da nur wenige von ihrem bloßen Musiker sein leben können, stellt sich die Frage, was du beruflich so machst?

Fix: Bis vor ein paar Jahren war ich etliche Zeit als Jugendpfleger in einem einheimischen Jugendhaus, wo wir auch heute noch unseren Proberaum haben, angestellt.
Das war ne geile Zeit! Gerade wenn's um Ferienfahrten ging, wo du die Gegenden und Freizeitgestaltung selber aussuchen konntest und dabei auch noch gleichzeitig auf Rotzlöffel aufpassen musstest. Da war von Kajak- und Kanufahrten, über Mountainbike- und normalen Radtouren, Wanderungen (auch im Gebirge), Museumsbesuche bis hin zum obligatorischen und stetigen Badengehen alles dabei. Quasi bezahlter Urlaub, zwar mit einer gewissen Verantwortung, aber schön war es allemal. Auch war es immer lustig anzuhören, wenn dich die Sauwänster, eh ich meine natürlich die lieben Kleinen, als HERR FIX anredeten.
Momentan arbeite ich wieder in dem Beruf, den ich vor langer Zeit gelernt habe und sitze fast den ganzen Tag vorm Computer.

Squealer-Rocks.de: Eine obligatorische Frage zum Schluss; auf welchen Bühnen wird man euch erleben dürfen?

Fix: Tja, da nun die angestrebte "Light a Pagan Fire Tour II" leider ausgefallen ist, sieht's momentan lau aus bei uns, denn wir hatten uns Urlaubs- und Zeitmangel bedingt voll auf sie konzentriert und verlassen. Die paar Konzerte, die demnächst noch anstehen, stehen bei uns auf der Homepage. Andere Gigs und vielleicht irgendwann doch noch ne Tour sind aber schon in Planung.

Squealer-Rocks.de: Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gebühren dir!

Fix:

Laster und Tugenden liegen den Menschen
In der Brust beieinander.
Kein Mensch ist so gut, daß nichts ihm mangle,
Noch so böse, daß er zu nichts nütze.



DISCOGRAPHY:

2000 - Iring (Demo)
2002 - Laßt Euch Sagen Aus Alten Tagen...
2004 - Odroerir (EP)
2005 - Götterlieder
2010 - Götterlieder II

SQUEALER-ROCKS Links:

Odroerir - Götterlieder II (CD-Review)
Fix von Odroerir (Interview)


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