Squealer-Rocks.de CD-Review
Odroerir - Götterlieder II

Genre: Epic Folk Rock/Metal
Review vom: 01.05.2010
Redakteur: Reaper
Veröffentlichung: 28.05.2010
Label: Einheit Produktionen



Wieder einmal richtet sich der Blick zurück durch die Zeiten, gleitet über Kriege und Epochen, bis dass er jene Tage erreichet, die weit in grauer Vorzeit liegen, deren Ruf jedoch bis ins Heute hallt. In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wiederentdeckt von Männern wie Carl Simrock, den Gebrüdern Grimm oder Richard Wagner, später geschändet und verfemt und dem rechten Rand überlassen, sind die Sagen jener Tage doch Teil unseres Erbes und sollten weder in Vergessenheit geraten, noch für politische Zwecke missbraucht werden.
So zogen in den vergangenen Jahren viele aus die alten Weisen zu künden, die lange verloren schienen in der neuen Zeit. In diesem Geiste haben Odroerir es sich zur Aufgabe gemacht jene Mythen und Legenden ins richtige Licht zu rücken.

Fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass sich Odroerir daran machten den ersten Teil der Edda, jener Sammlung von alten, germanischen Gedichten und Liedern, die im Mittelalter auf Island von Snorri Sturluson als Handbuch der Skalden festgehalten wurde, in eine stimmungsvolle Mischung aus Rock, Metal und mittelalterliche Volksmusik zu kleiden. Mal heiter, mal tragisch erzählen sie uns vom Wirken der Götter und letztlich von deren Untergang am Tage, den man Ragnarök nennt.
Jenen, denen der germanische Götterhimmel, auch unter dem Namen Asgard bekannt, nicht vertraut ist, werden die mannigfaltigen Gestalten und deren Rollen wohl einiges an Kopfzerbrechen bereiten – die anderen jedoch können sich liebevoll gestalteter Liedtexte erfreuen, die des Öfteren direkt aus der Edda zitieren.

Genug nun aber der Vorrede und mitten hinein in „Götterlieder II“. Mittelalterlich klingt der Auftakt zu „Heimdall“ mit Schelle, Flöten und noch einigen anderen akustischen Instrumenten, deren Melodie einen unweigerlich gefangen nimmt, wenn man ein offenes Ohr für jene Art der Musik besitzt. Nach diesem bezaubernden Vorspiel fallen endlich die E-Gitarren ein, während die akustischen Instrumente zunächst für die Dauer der Strophe verstummen, jedoch in bestechender Weise die Bögen zwischen diesen spannen, so dass man jene de facto als instrumentalen Refrain bezeichnen könnte. Nach einem gelungenen Umbruch in der Gesangsharmonie variiert das Stück, bis dass man am Ende zum instrumentalen „Heimdall“-Thema zurückkehrt.

Regen setzt ein, wird durchbrochen von Blitzen und Donnern – fast meint man den Geruch von sommerfrischen Wiesen nach einem Gewitter, die kühle von Hitze und Staub bereinigte Luft zu atmen – und zärtlich werden die Saiten gezupft, dazu stellen uns Odroerir die Welt der Götter einmal vor, die über „Bifröst“ , den Sternenbogen, der sich bei Nacht über den Himmel spannt, nach Midgard, die Welt der Menschen, reiten.
Hymnisch erhebt sich dieses kurze Stück, obgleich es einzig von Gesangsmelodie und Rhythmusinstrumenten lebt.

Mandola und Flöte leiten „Des Thors Hammer Heimholung“ ein, welche zunächst mit den Worten des Erzählers eingeleitet wird, nun:

„Horchet zu was einst geschah,
Als Wing-Thor erwacht und seinen Hammer nicht sah.
Er ward ganz wild und schlug sein Haupt.
Es hatte jemand Mjölnir geraubt.“



Wohl kennt der Schreiber dieser Zeilen jene Geschichte sehr wohl, denn ward sie es einst, die die Flamme der Begeisterung für alt-germanische Mythen entfachte. Mit viel Witz und Ironie erzählt sie davon, wie Thor versucht seinen gestohlen Hammer vom Riesen Thrym zurück zu gewinnen. Loki fliegt also in Freyjas Adlergewand zum Hofe des Riesen, wo dieser ihm die Bedingungen nennt, so wünscht er Göttin Freyja zur Braut. Doch die Götter ersinnen einen Plan und Thor tritt in Verkleidung vor dem Thursen auf. Nachdem er als Hochzeitsgeschenk Mjöllnir erhalten hat, erschlägt er die ganze Riesensippe.
Musikalisch bewegt sich das Stück in den bereits bekannten Fahrwassern folklorer Melodien, doch gesellen sich hier – Thor angemessen – treibende Metalpassagen hinzu und Odroerir gelingt es vorzüglich damit einen großartigen Spannungsbogen zu schlagen.

In noch genialerer Weise gelingt dies in „Idunas Äpfel“, welche den Göttern die Jugend erhielten, wenngleich dies Stück das wohl am wenigsten metallische ist. Betont mehrstimmig, mal abwechselnd, mal im Chor gesungen, später begleitet von diversen akustischen Saiteninstrumenten und hereinbrechendem Schlagzeug baut sich ein atemberaubender Spannungsbogen auf, der einen mit angehaltenem Atem den Höhepunkt der Geschichte erwarten lässt, um dann sachte auszuklingen.
Dem hingegen gibt sich „Skadis Rache“ durch den Einsatz von E-Gitarren und durchweg präsentem Schlagzeug metallisch und bewegt von diversen folkloristischen Saiteninstrumenten ebenso schwungvoll.

Meeresrauschen verknüpft dies obige Stück mit „Der Riesenbaumeister“, welches wiederum eine Art Vorspiel zum Schlussstreich der „Götterlieder II“ darstellt, denn erfährt man hier, wie einst Loki in Gestalt einer Mähre den Hengst des Riesenbaumeisters, der den Göttern die Feste schuf, verführte, und aus ihm Odins Ross Sleipnir geboren wurde.
Auch fällt nun der Blick auf das wenig aufdringlich gestaltete Cover des Albums, denn in der Meeresbrandung liegt dort ein Stück Treibholz auf Sand, darüber sich der Himmel von Wolkenrossen beritten spannt. Im Schatten des Holzes am Strande vermag man zwei Gestalten zu erblicken, vielleicht sind es Heimdall, der sein Horn bläst und Thor, der den Kampf gegen die Midgardschlange führt – oder aber die zwei ersten Menschen, die von Odin, Wili und We aus Ulme und Esche, geschaffen und mit Leben und Geist erfüllt wurden.

Den Abschluss eines beeindruckend Album bildet der Epos über Odin, genannt „Allvater“, welcher mit seinen knapp 20 Minuten stellenweise etwas länglich erscheint, aber doch ist dieses Lied würdig dem weisheitssuchenden Asen, dem Wanderer, zu huldigen.

Fazit: Der Worte sind getan genügend, so entscheidet nun, wie euch gedünke…


Tracklist:
1. Heimdall
2. Bifröst
3. Des Thors Hammer Heimholung
4. Idunas Äpfel
5. Skadis Rache
6. Der Riesenbaumeister
7. Allvater

Anspieltipps: Heimdall, Des Thors Hammer Heimholung, Idunas Äpfel

Line-Up:
Fix – Gesang, E- & Akustikgitarre, Mandola, Mandoline, Cister, Flöte, Tin Whistle, Djembe, Kongas, Pauke, Schellenring, Maultrommel
Stickel – Gesang, Erzähler, E-Gitarre
Veit – Gesang, Geige & Cello
Natalie – Gesang
Manuel – Bass, Rufhorn
Philipp – Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2000 - Iring (Demo)
2002 - Laßt Euch Sagen Aus Alten Tagen...
2004 - Odroerir (EP)
2005 - Götterlieder
2010 - Götterlieder II


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Odroerir - Götterlieder II (CD-Review)

Fix von Odroerir (Interview)
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