Squealer-Rocks.de CD-Review
Finntroll - Ur Jordens Djup

Genre: Folk/Black/Death Metal
Review vom: 25.03.2007
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Finntroll-Alben, das sind in Humpa, Folk, Black und Death Metal umgemünzte Saufgelage. Wie auch sonst hätte vor fast zehn Jahren die Taufe der Band aus dem hohen Norden begossen werden können als mit viel Bier und Schnaps? Wenn dazu noch der überraschende und überschwängliche internationale Erfolg eintritt, verläuft sich die Frage, ob es denn wahrwerdende Märchen gibt, in einer einseitigen Pro-Erörterung bzw. im Sand. Selbst Rückschläge wie der Tod des Gitarristen und Gründungsmitglieds „Somnium“ (R.I.P.) und mehrere Sängerwechsel konnten die Finnen nicht von ihrem Weg durch alle hochprozentigen Abteilungen der Getränkemärkte abbringen. Und so steht eigentlich schon, bevor die ersten Töne von UR JORDENS DJUP („Aus der Erden Tiefe“) erklingen, fest, dass der nächste „Neuanfang“ die Trolle nur dazu angestichelt hat noch besser zu werden.

„Ganz ohne fundamentale Veränderungen kann das auf Dauer nicht gut gehen“, dachten sich wohl auch die Gitarristen „Routa“ und „Skrymer“ und so wird manch einem weniger das tiefere und aggressivere Shouting des neuen Fronters Vreth, sondern eher die unerwartete, signifikante und strukturelle stilistische Fächerung und Öffnung in die ungewollte Quere kommen. Wusste man doch einst, was einen bei dieser als simpel und zu jeder Zeit bekömmlich deklarierten Musik erwartet. „1, 2, 3 Humpa und los“ das war einmal (siehe und höre NATTFÖDD). Heute gibt es ihn letztlich nur phasenweise und unter einem anderen, zurückhaltenderen Deckmantel bei den Tracks „En Mäktig Här“ („Ein mächtiges Heer“) und „Ormhäxan“ („Schlangenhexe“) zu bestaunen.

In knapp einer Stunde feiern die fünf Trolle ihr auf schwedisch gesungenes Schlachtfest mit einer gehörigen Portion Abwechslung und dem sich so ergebenden Wechselspiel aus eleganter, von Folk getragener Epik und ungestümer Wildheit (die sich dahinter verbergenden Stilbezeichnungen solltet ihr kennen). Wenn die Landsmänner von Moonsorrow mit ihrem Monumentalwerk VIIDES LUKU: HÄVITETTY mächtig vorlegen, dann müssen Finntroll aus dem Stehgreif heraus die passende und ebenso hochwertige Antwort parat haben. Welche Rolle Keyboarder Henri „Trollhorn“ Sorvali, der bekanntlich zusammen mit seinem Cousin Ville bei Moonsorrow sein folklores Unwesen treibt, beim Entstehungsprozess von UR JORDENS DJUP gespielt hat, darüber darf beim Genuss der im besten epischen Black Metal à la KIVENKANTAJA trabenden Songs wie „Nedgång“ („Untergang“) oder „Under Två Runor“ („Unter zwei Runen“) nur gemutmaßt werden...

Fest steht: Mit dieser Neugesinnung werden die „Trunkenbolde“ nach einer kurzen Anlaufzeit ausnahmslos alle Fans mehr als nur zufrieden stellen und darüber hinaus viele neue gewinnen. Bei mir haben sie schon mal ein Stein im Brett. Mit dem in Klassik gewälzten, sich langsam hochschaukelnden Intro „Gryning“ („Dämmerung“) und dem fließenden Übergang, weil von gleicher Thematik und Rhythmik, zu „Sång“, was auf deutsch schlichtweg „Lied“ heißt, erwischt UR JORDENS DJUP einen beinahe denkwürdigen Start. Gnadenlos prügeln die traditionellen Black und Death Metal Schlagstöcke auf dich ein, ehe im urigen Mix aus Mid- und Up-Tempo deine Überreste beseitigt werden. Einerseits könnte das auch den Kollegen von Thyrfing entstammen (Stichwort URKRAFT), aber andererseits zeigt man unter Regie des neuen Tieftöners, wo mittlerweile der Hammer im Hause Finntroll hängt. Denn das hier, das ist die Urgewalt des skandinavischen Folk Metals!

Keine Zeit zum Luft holen. Selbst der fast schon automatisierte Griff zur Bierflasche muss vor dieser musikgewordnen Geilheit weichen. Während das gewiefte, folklor untermalte und sehr melodische „Korpens Saga“ („Rabensage“) die krasse Schnittstelle zu Ensiferum markiert, finden sich im giftigen Black Metal Meisterwerk „Slagbröder“ („Kampfesbrüder“) gar einige in einen neuen Kontext gesetzte Elemente von NATTFÖDD wieder. Besser geht’s nicht? Geht’s jawohl! Eingeleitet von Kriegshörnern und akustischen Gitarren macht der Quasi-Titeltrack „Ur Djupet“ keine Gefangenen und geht nach wenigen Sekunden in die episch angeschnittene, aber vor allem zügige und von Keyboards losgeeiste „mach‘ den Maßkrug voll“ Pose über. Wer hier nicht das Tanzbein schwingt oder anderweitig mitschunkelt oder –hüpft, muss in seinem Leben so einiges falsch gemacht haben!

Fazit: Was schreibt denn das Label, Century Media, über das in den berühmten Sonic Pump Studios zu Helsinki aufgenommene und soundtechnisch makellose UR JORDENS DJUP? – „Das Album entpuppt sich als das wohl abwechslungsreichste, aggressivste, schlichtweg beste Finntroll Album bisher.“ Recht haben sie! Hoch die Tassen – und das bis zu den letzten Lauten des Hidden Tracks!

VÖ: 30. März 2007

Tracklist:
1. Gryning
2. Sång
3. Korpens Saga
4. Nedgång
5. Ur Djupet
6. Slagbröder
7. En Mäktig Här
8. Ormhäxan
9. Maktens Spira
10. Under Två Runor
11. Kvällning

Anspieltipps: Sång, Nedgång, Nedgång, Ur Djupet

Band Line-Up:
Mathias "Vreth" Lillmåns - Gesang
Mikael "Routa" Karbom - Gitarre
Samuli "Skrymer" Ponsimaa - Gitarre
Sami "Tundra" Uusitalo - Bass
Samu "Beast Dominator" Ruotsalainen - Schlagzeug
Henri "Trollhorn" Sorvali - Keyboards

DISCOGRAPHY:

1997 – Rivfader (Demo)
1999 – Midnattens Windunder
2001 – Jaktens Tid
2003 – Visor Om Slutet (EP)
2004 – Trollhammaren (EP)
2004 – Nattfödd
2007 – Ur Jordens Djup


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Finntroll - Ur Jordens Djup (CD-Review)

Heidenfest - Ludwigsburg, Rockfabrik (Live-Review)

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