Finntroll und Primordial (12.11.2008, Ludwigsburg, Rockfabrik, Reaper)
Es gibt wohl wenige Tage in der Woche, die für Konzerte vollends ungeeignet scheinen, aber Mittwoche zählen definitiv dazu. Die Arbeitswoche ist schon halb zu ende aber noch fehlt eine halbe Woche bis zum Wochenende. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen heißt es nun also nach Hause hetzen, ins Auto springen und innerhalb von eineinhalb Stunden die knapp 150km von Karlsruhe nach Ludwigsburg hinter sich bringen – stopp.
Rote Ampeln und der obligatorische Stau verhindern ein rasches Vorwärtskommen bereits auf den ersten Kilometern. Über eine geschlagene halbe Stunde geht auf der Überleitung von der A5 auf die A8 am Dreieck Karlsruhe so gut wie nichts. Stop and go, auf einer Strecke, für die man sonst bestenfalls 10 Minuten benötigt. Viel fließender wird es bis hinter Pforzheim ebenfalls nicht und ständig wandert der Blick auf die schwindende Zeit. Kurz nach Sieben erblicken meine müden Augen endlich den überfüllten Parkplatz vor der RoFa – so viel war vor zwei Wochen nicht los. Ab ins Getümmel. Für einige Konzertbesucher scheint die große Sause vor den Toren der Rockfabrik zu Ludwigsburg stattzufinden. Mit viel Bier und sonstigen alkoholischen Getränken, sowie einer wummernden Autoanlage wird sich wohl für eine der nachfolgenden Bands in Stimmung gebracht. Mich zieht es doch dann eher in die Halle, wo sich gerade die Finnen von Catamenia anschicken die Fans der Melodic Death Schiene zu erfreuen. Mit Songs wie „Alive…Cold…Dead!“ vom neuen Album VIII - THE TIME UNCHAINED oder “Song of the Nightbird” und “Coldbound“ geht es für die Hörer einmal quer durch die bislang acht Alben der Band. Dem ein oder anderen gefällt der mit melodischen Keyboards zugekleisterte und nicht auf das obligatorische Wechselspiel zwischen Clean- und Grunzvocals verzichtende Metalmix der Finnen durchaus, der Rest scheint aber auf eine der nachfolgenden Bands zu warten.
Was schon die blecherne Lawine auf dem Parkplatz verhieß, macht sich nun vor der Bühne erst so richtig bemerkbar. Herrschte beim Auftritt von Týr, Alestorm und Svartsot vor gut drei Wochen gähnende Leere vor der Bühne des großen Klubs, so fällt es einem heuer durchaus schwer bis nach vorne zu gelangen. In der Umbaupause nimmt man dieses Unterfangen aber in Angriff, um sich peut à peut vor die Bühne zu schlängeln. Im Zentrum angelangt, sieht man dann auch schon, wie das Schlagzeug mit einer weiß-blauen Fahne bestückt wird - eine Fahne mit blau-weißen Rauten in der schwäbischen Provinz? Ja, ihr seht richtig, es ist Zeit für die Bayern Equilibrium. Aber Moment, fehlte da nicht noch eine Band? Wie ich erfahren musste hatten die schwedischen Pagan Metaller von Månegarm bereits ihren Auftritt um 18:20 also gut 40 Minuten vor dem eigentlichen Konzertbeginn, als ich noch auf der Autobahn war. Was mich wieder auf das Eingangsthema zurück bringt – warum verdammt macht man mittwochs Konzerte?
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich von Equilibrium eigentlich nur ein einziges Lied kenne, welches durchaus Parallelen zum Korpiklaani Song „Beer“ aufweist, sich aber in gleicher feucht-fröhlichen Weise dem „Met“ verschrieben hat – vorweg, dieser war selbstredend auf der Setlist. Mit der Band legen auch die ersten kleineren Moshpits los und auch der ein oder andere Crowdsurfer versucht sein Glück. Statt des Mets fließt der Schweiß des Publikums in Strömen und die Luftfeuchtigkeit steigt auf gefühlte 100%. Überraschend dabei, dass die Kerzen auf dem Geburtstagskuchen von Bassistin Sandra Völkl überhaupt noch brannten.
Die Müdigkeit macht sich langsam schon bemerkbar, dabei stehen noch ganze drei Bands an. Als nächstes an der Reihe sind die Eidgenossen Eluveitie, die sich dem keltischen Folk Metal der melodischen Death Variante widmen. Das Publikum drängt in freudiger Erwartung vor die Bühne. Bereits im April bei der Paganfest Tour wurden die Schweizer frenetisch gefeiert. Mit Liedern wie dem hitverdächtigen „Inis Mona“ vom letzten Album SLANIA, das immer wieder lautstark gefordert wird, „The Somber Lay“ oder dem Klassiker „Uis Elveti“ bedienen die an zwei Positionen neu besetzten „Helvetier“ den Geschmack der Fanscharen in bester Weise, was auch hier für reichlich Headbangstoff und Moshpits sorgt.
Wenn man die Band allerdings zum dritten Mal in einem Jahr sieht, bieten sie einem nicht gerade etwas aufregend Neues – selbst das „schöne Mädchen“ wurde wieder zum Bierholen geschickt. Doch alles in allem ein solider Auftritt, der Lust auf mehr macht.
Nun ist es Zeit für eine gute Portion Gänsehaut Stimmung. Bläuliches Licht bescheint die Bühne, über die Nebel aus der Nebelmaschine wabert. Ein düsteres Intro, das in Nächte voll von mystischen Figuren entführt und ab und an an die Schreie der Banshee erinnert. Die Zeit ist reif für den ergreifenden Metalmix von der grünen Insel. Primordial verknüpfen in wirklich atemberaubender Weise Elemente des Progressive und des Black Metal, verzieren dieses noch mit einer guten Portion Irish Folk und gewinnen so von der ersten bis zu letzten Minute die Herzen ihrer Fans. Wie auch schon im August auf dem Flugfeld von Sinnbronn beim Summer Breeze Festival beginnt man mit dem grandiosen Song „Empire Falls“ vom letzen Studioalbum TO THE NAMELESS DEAD. Sänger Nemtheanga zeigt sich in – man möchte schon sagen – gewohnter Weise Blut besudelt und lässt einem durch seinen ganz eigenen Gesang kalte Schauer über den Rücken fahren, obwohl es nicht merklich kühler in der Halle geworden ist. Zwei weitere Stücke vom 2007er Album schließen mit „Gallows Hymn“ und dem Mitsinger „As Rome Burns“ daran an. „Sing, sing, sing to the slaves… sing to the slaves of Roman…“
Trotz der sporadischen Ansagen und des martialischen Auftretens gibt es wohl kaum einen Frontmann, der sympathischer wirkt. Es folgen noch das zutiefst bewegende „The Coffin Ships“ von THE GATHERING WILDERNESS und „Gods To The Godless“, bevor der Auftritt mit „The Song Of The Tomb“ zu ende geht. Es gibt wohl nur wenige Bands, bei denen man sich wünscht, dass sie nach über 45 Minuten noch weiter machen, aber Primordial gehören sicherlich dazu.
Ein einziger Wehrmutstropfen bleibt jedoch, denn wie auch schon vor zwei Wochen war der Gesang direkt vor der Bühne kaum zu verstehen.
Ihr wisst sicherlich wie das wohl bekannteste Lied des heutigen Headliners aus Finnland heißt: „Trollhammaren“
Und mit einem ebensolchen niedergeknüppelt fühle ich mich. Der Tag war lang und anstrengend und zum ersten Mal muss ich zugeben, dass mit die Kraft fehlt für Finntroll vor die Bühne zu gehen. So beziehe ich weiter hinten mit Blick auf das rege Treiben Stellung und ich bin nicht die einzige, die es fort von der Bühne gezogen hat. Obwohl hundemüde kann ich doch nicht ganz stillsitzen bei Liedern wie „Korpens Saga”, „En Mäktig Här“ oder „Ur Djupet“ vom letzten Album UR JORDENS DJUIP, oder den Klassikern vom NATTFÖDD Album „Nattfödd“ und dem obligatorischen „Trollhammaren“.
Seltsam nur, dass dort hinten der Sound um Längen besser aul vor der Bühne war…
Gegen 1:00 sind die letzten Akkorde verklungen und die zufriedene Bangerschaft macht sich auf den Heimweg…
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