Squealer-Rocks.de CD-Review
Týr - Ragnarok

Genre: Folk Heavy Metal
Review vom: 17.02.2007
Redakteur: Reaper
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Wer bei dem Begriff Folk Metal an durch Flöten, Geigen, Akkordeon und ähnlichen Instrumenten begleitete Musik à la Finntroll, Korpiklaani, Ensiferum und Konsorten denkt, dürfte wohl von Týr enttäuscht sein, denn der Vierer von den im Atlantik gelegenen Färör-Inseln kommt ganz und gar ohne solche „Spielereien“ und Kreischen und Grunzen aus und wartet mit einem klassischen Heavy Metal Line-Up auf – doch so klassisch sind sie dann doch nicht.

Es mutet manches Mal etwas merkwürdig an, was das große Informationsmeer des Internets an den einsamen Strand eines Metal Fans spült. In diesem Fall bestand das Treibgut aus gut sechs Liedern einer mir zuvor unbekannten färöischen Band namens Týr. Diese stammten von den beiden unter einem färöischen Label veröffentlichen Alben HOW FAR TO ASGAARD und ERIC THE RED. Da diese Band alles andere als gewöhnlichen Metal zelebriert, wäre eingängig das falsche Wort, um ihre Musik zu beschreiben und so brauchte es einige Durchläufe, bis sich die Lieder voll entfalten konnten.

Doch genug der Vorrede. 2006 erschien nun das Album mit dem schicksalsträchtigen Titel RAGNAROK. Hierbei handelt es sich um eine Art Konzeptwerk, dessen Texte wie schon auf den vorangegangenen Alben die nordische/germanische Mythologie sowie einige Sagen und Legendengestalten jener Epoche und Region zum Thema haben. Wobei die Band, laut der Aussage des Gitarristen/Sänger/Songwriters Heri Joensen, besonders die Geschichte um den nordischen Feuergott Loki und dessen Verrat musikalisch inszenierte, diese Thematik zieht sich somit auch durch das ganze Album wie ein roter Faden und verschmilzt mit der eigenwilligen Musik zu einem einzigartigen Klangerlebnis.

Eröffnet wir RAGNAROK von einem rein instrumentalen Stück mit dem Titel „The Beginning“, welches wahrscheinlich zu den besten Instrumental der Metalgeschichte zu zählen ist. In keinster Weise sperrig wechseln sich unterschiedliche Melodiethemen ab, die von folklorisch leichfüßig bis metallisch kraftvoll und mitreißend reichen. Gleichsam bietet diese Eröffnungsnummer einen kurzen Abriss einiger in späteren Stücken auftauchender Melodien und Stimmungen, („The Hunt“, „Valhalla“(Bonus-Track), „Wings Of Time“ „Ride To Hel“ und „Ragnarok“). „The Beginning“ geht nahtlos in das nächste Lied, „The Hammer Of Thor“ über.

Zu den besonderen Eigenarten Týr’s zählen die unkonventionellen Rhythmus- und Taktwechsel des Schlagzeugers Kári Streymoy, welche sich auch teilweise in den Gesangspassagen, die oftmals von längeren melodienlastigen Soli unterbrochen werden, widerspiegeln und gewissermaßen etwas gewöhnungsbedürftig sind.
„The Hammer Of Thor“ ist deswegen ein relativ straighter Song, welcher durch einen Refrain besticht, der sich in die Gehörgänge des Hörers frisst und diesen so schnell nicht mehr loslässt. Aber bei dieser Band von „Eingängigkeit“ oder gar Hit im allgemeinen Sinne zu sprechen ist schwer, denn wie schon angedeutet, benötigt jedes Lied eine gewisse Einlaufzeit.
So ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass RAGNAROK in 16 Teilstücke unterteilt wurde, wobei die Bridges zwischen den einzelnen Hauptstücken ausgegliedert sind. Dennoch muss man RAGNAROK als Einheit auffassen und auch genauso anhören, denn eigentlich gehen die Stücke inklusive Bridges ineinander über und bilden somit ein großes Ganzes.

Mit „Brother’s Bane“ folgt so der eigentliche direkte, inhaltliche Auftakt zur Loki-Geschichte. Dieses Lied wird Týr typisch von mehrstimmigen Gesangspassagen, die den Hörer förmlich mit sich reißen und Rhythmuswechseln getragen, wobei die Gitarren weniger straight wie beim vorigen Lied vorgehen und eindrucksvoll den Brudermord von Hödur an Balder in Szene setzen.
Kraftvoll und treibend findet dieser Inhalt seine Fortsetzung in „The Ride To Hel“. Bevor mit „Torsteins Kvæði“ das erste färöischsprachige Lied des Albums beginnt und das Thema für die nächsten Stücke wechselt. Von marschähnlichem, langsamen Schlagzeugspiel und dezenterem Gitarreneinsatz gekennzeichnet, steht bei „Torsteins Kvæði“ vor allem die Stimme des Sängers, Heri Joensen, im Vordergrund.

Die beiden nachfolgenden Lieder bilden insofern eine Einheit, dass Teile von „Grímur Á Miðalnesi“, welches eine Originalaufnahme einer färöischen Folkoloregruppe ist, in „Wings Of Time“ eingearbeitet sind und dort den Refrain bilden. Hier zeigt sich, was Týr ebenfalls auszeichnet, wie schon auf ERIC THE RED („The Edge“) vermischen die Vier englischsprachige Strophen mit färöischsprachigen Refrains und erschaffen eine ganz besondere Mischung, die gerade auch durch die Mixtur aus folkloren Melodien und Metalriffing mitzureißen weiß.

Nach diesem inhaltlichen Ausflug ruft das von kreischenden Sologitarren bestimmte „The Rage Of The Skullgaffer“ die Hauptgeschichte auf den Plan zurück. Diese steuert über die Jagd, „The Hunt“, nach Loki langsam aber sicher ihrem Höhepunkt zu. So klingt dieses Lied meist seinem Titel entsprechend nach einer aufreibenden Hetzjagd, wird jedoch im Mittelteil von einer doomigen Passage, wie sie vor allem bei dem Album HOW FOR TO ASGAARD vorzufinden ist, kurz gebremst.

„Lord Of Lies“, schlägt durch seine Kombination von Tempo und Vielschichtigkeit einen eindrücklichen Spannungsbogen zwischen „The Hunt“ und „Ragnarok“. Die inhaltliche Vorbereitung des Angriffs auf Asgaard spiegelt sich daher auch in den sich langsam aufschwingenden und treibenden Melodien des Stücks wider, welches vom Blasen des Horns, „Gjallarhornið“ und dem Geräusch aufeinandertreffenden Metalls in „Ragnarok“ übergeht. Das Titellied beginnt verhalten zunächst einzig mit Gitarren, bevor Bass und Gesang einsetzen, der dann mehrstimmig wird, und zuletzt setzen vorsichtig Drums ein. Nach dieser Eröffnung nimmt das Stück merklich an Fahrt auf, jedoch weniger treibend wie noch die Lieder zuvor. Im Vordergrund stehen abwechselnd Gesangspassagen und melodienreiche Soli, wobei sich hier Heri und Terji Skibenæs abwechseln. Das Album klingt mit „The End“ ähnlich aus, wie „Ragnarok“ begonnen hat und schließt den Kreis.

Für alle, die sich die Digipack-Version des Albums gekauft haben. Gibt es mit „Valkyries Flight“, dessen Melodie einem irischen Volkslied entspringt, und „Valhalla“ zwei schmucke Bonustracks, die sich wirklich hören lassen können.

Fazit: Ein Album, das vor allem denen gefallen dürfte, welche nicht nur auf schnellzündenden Metal stehen, wie er ansonsten gespielt wird, und gerne einmal bei einem Album auf Entdeckungstour gehen.

VÖ: bereits erschienen

Tracklist:
1. The Beginning
2. The Hammer Of Thor
3. Envy
4. Brother's Bane
5. The Burning
6. The Ride To Hel
7. Torsteins Kvæði
8. Grímur Á Miðalnesi
9. Wings Of Time
10. The Rage Of The Skullgaffer
11. The Hunt
12. Victory
13. Lord Of Lies
14. Gjallarhornið
15. Ragnarok
16. The End
17. Valkyries Flight (Limited Edition Bonus Track)
18. Valhalla (Limited Edition Bonus Track)

Anspieltipps: Alle!

Line-Up:
Heri Joensen – Gesang, Gitarre
Terji Skibenæs - Gitarre
Gunnar H. Thomsen - Bass
Kári Streymoy - Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2002 - How Far To Asgaard
2003 - Eric The Red
2006 - Eric The Red (Re-Release)
2006 - Ragnarok
2008 - Land
2009 - By The Light Of The Northern Star


SQUEALER-ROCKS Links:

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Die Apokalyptischen Reiter - Karlsruhe, Substage (Live-Review)

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