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Billy Joel - Original Album Classics (5 CD Box)

Genre: Rock
Review vom: 06.11.2012
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Sony Music



Auf geht’s in die nächste Runde der tollen „Original Album Classics“ Reihe. Diesmal ist der beste aller Piano – Spieler dran, man nennt ihn ja nicht umsonst den „Piano Man“.
Ja, ich weiß, solche flachen Witze hat Billy Joel garantiert nicht verdient, aber die guten Jokes habe ich alle bei den bisherigen Rewiews über einen der besten Komponisten und Musiker unserer Zeit verbraten.
Was nichts anderes heißen soll, als das der Mann von der Ostküste stets Stammkunde bei uns war. Denn es gibt wohl wenige Nicht – Hardrock Künstler, die über eine dermaßen große Akzeptanz bei den Kuttenträgern verfügen wie Billy Joel.

Das hier präsentierte 5-er Package ist zwar nicht das gelbe vom Ei, sieht man es im Kontext des Joel'schen Schaffens und macht dramaturgisch / chronologisch überhaupt keinen Sinn. Aber angesichts des günstigen Salärs passt es schon, zumal es echte Klopper zu vermelden gibt.

Und mit dem Klopper überhaupt, dramaturgisch / chronologisch völlig unsinnig, wollen wir beginnen.
Die Live Platte „Концерт (Live in Leningrad)“ von 1987 , seinerzeit als Doppel – LP erschienen, ist nicht nur eines der überzeugendsten Joel Dokumente eines Konzerts, nein, hier handelt es sich schlicht und einfach um eines der besten Live Alben der Geschichte.
Warum? Zunächst mal, weil es wirklich LIVE ist. Hier wurde nichts nachbearbeitet. Zudem gibt es wohl kaum einen Mitschnitt des Piano Man, der dermaßen prägend ist und Musik als DIE Weltmacht schlechthin präsentiert.
Wir erinnern uns: 1987 gab es noch den eisernen Vorhang. Es grenzte an eine Sensation, dass ein Künstler wie Billy Joel in der damaligen UDSSR auftreten durfte und dann noch Songs wie „Goodnight Saigon“ bringen durfte, in denen er heroisch den U.S. Soldaten ein Loblied sang.

Sehr cool ist, dass sämtliche Ansagen Joels von einem Sprecher ins russische übersetzt werden,nachdem sich Joel vorher zunächst in russisch vorgestellt hat.
Der Mann kann also nicht nur fantastische Musik machen, er ist zudem noch ein vollendeter Gentleman.
Sicher, die jazzigen und souligen Jam Sessions bei Songs wie „Big Man on Mullberry Street“ sind sicherlich nicht Jedermanns Sache - auch nicht meine.
Doch Mr. Joel ist eben nicht nur der Mann, der die Hits fürs Lokalradio schreibt, er ist in erster Linie ein brillanter Musiker. Und das er sich auch mal so präsentieren will, ist absolut legitim - auch, wenn es so manchen Gelegenheitshörer verschreckt.

Der jedoch wird mit Gassenhauern wie „Allentown“ (die Ansage hierzu verursacht eine Mega – Gänsehaut) oder dem unvermeidlichen „Uptown Girl“ wieder versöhnt.
Den absoluten Glasnost / Perestroika Touch bekommt das Konzert zum Ende, wenn Billy den alten Beatles Klassiker „Back in the U.S.S.R.“ und den – damals zukunftsweisenden – Dylan Song „The Times they are a changin'“ zum Besten gibt.

Gut und schön, aber da waren doch noch 4 weitere Scheiben im Paket.
Also machen wir dramaturgisch / chronologisch völlig unsinnig weiter und zwar mit dem 1982er Output „The Nylon Curtain“.

Neben den Hits „Allentown“ und „Goodnight Saigon“ zeichnet sich dieses Album durch extreme Vielseitigkeit aus. Da wäre das schwer Beatles angehauchte „Laura“ oder das irgendwie seltsame „Pressure“, das einerseits eine typische 80er Synthie - Orgie darstellt, andererseits aber auch an Alice Cooper und sein „Welcome to my Nightmare“ erinnert.
Der hier nicht namentlich erwähnte Rest ist keineswegs schwach, pendelt zwischen schwer rockigen Tunes, leicht proggigen Tendenzen und den schon erwähnten Beatles Affinitäten.
Insgesamt ein sehr, sehr starkes Joel Album, musikalisch höchst wertvoll und wohl auch wegweisend für so manche Prog Band aus Schweden, auch wenn die das niemals zugeben würden.
(Aber mal ganz im Ernst: Einen Song wie „Scandinavian Skies“ versuchen die Flower Kings stetig zu kopieren).
Tja, wer hätte das gedacht? Wer hätte gedacht, dass der Plattenmillionär Billy Joel sogar Prog kann?

Ganz bestimmt niemand, der sein Debut „Cold Spring Harbor“ von 1971 gehört hat – ja, wir machen dramaturgisch / chronologisch völlig unsinnig weiter.
Ganz bestimmt wäre ich heute auch kein Fan von Billy Joel, wenn sich sein weiteres Schaffen nicht weiterentwickelt hätte.
Nicht, dass sein Debut schlecht wäre. Nein, das nicht. Es gibt genügend Lichtblicke wie das tolle „Everybody loves You now“, doch insgesamt tönt der Erstling doch zu sehr nach der „Love and Peace“ - Ära und ist schlicht zu lahm.
Es klingt halt alles extrem nach dieser Singer / Songwriter - Schiene. Das kann – bei aller Genialität – schon mal etwas, na sagen wir mal langatmig wirken.
Hat wiederum auch mit der Epoche zu tun. Vor über 30 Jahren waren die Hörgewohnheiten eben anders.

Die 5er Box wird deswegen aber nicht schwächer und wir beschäftigen uns jetzt kurz - dramaturgisch / chronologisch völlig unsinnig – mit dem zwoten Live Dokument.
„Songs from the Attic“ erblickte 1981 das Neonlicht der Plattenläden und steht dem von mir so hochgelobten Mitschnitt im „Reich des Bösen“ ( Copyright by Ronald Reagan) kaum nach.
Auch hier ist „Live“ Live und das ganze Album ist von einer enormen „Rockigkeit“ geprägt.
So gibt es hier die wohl fetzigste Version von „Miami 2017“ zu hören und auch den bekannten „Captain Jack“ hat man wohl noch nie so energisch und beinahe heavy gehört.
Das Highlight ist jedoch ganz klar „Los Angelenos“, hier lässt ein Joel einen Santana im Schatten stehen.

Zum Ende unserer kleinen Billy Joel Lehrstunde widmen wir uns – chronologisch / dramaturgisch völlig unsinnig – dem Studio Output „Glass Houses“ aus 1980.
Ein sehr leicht verdauliches Album, das in erster Linie Rock'n'Roll atmet. So geht der Smasher „Sometimes a Fantasy“ beinahe als Elvis Kopie durch – bloß mit Keyboards.
„It's still Rock and Roll for me“, da sagt der Titel alles.
„All for Leyna“ dagegen ist feinster AOR, wie ihn auch Foreigner nicht besser hinkriegen. Was wieder mal beweist, dass Billy Joel so ziemlich alles hinbekommt.
Man mag dieses Album vielleicht zurecht als etwas oberflächlich bezeichnen, doch Spaß macht es allemal.

Von daher ist dieses Package evtl. wichtiger, als es man zunächst denken mag. Es zeigt den großen Künstler Billy Joel mal abseits von den „ganz wichtigen“ Songs wie „Scenes from an italien Restaurant“.
Und so mancher Song, der nicht zum Hit avancierte, ist vielleicht besser, als der Status, der ihm nie zu Teil wurde.

Kaufen?
Brüder und Schwestern! Wir reden hier von fünf Joel Alben für 'nen lausigen Zehner!
Tracklist:

„Cold Spring Harbor:
1. She's Got a Way
2. You Can Make Me Free
3. Everybody Loves You Now
4. Why Judy Why
5. Falling of the Rain
6. Turn Around
7. You Look So Good to Me
8. Tomorrow Is Today
9. Nocturne
10. Got to Begin Again

„Glass Houses“:
1. You May Be Right
2. Sometimes a Fantasy
3. Don't Ask Me Why
4. It's Still Rock and Roll to Me
5. All for Leyna
6. I Don't Want to Be Alone
7. Sleeping With the Television On
8. C'Était Toi (You Were the One)
9. Close to the Borderline
10. Through the Long Night

„Songs in the Attic“:
1. Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway)
2. Summer, Highland Falls
3. Streetlife Serenader
4. Los Angelenos
5. She's Got a Way
6. Everybody Loves You Now
7. Say Goodbye to Hollywood
8. Captain Jack
9. You're My Home
10. The Ballad of Billy the Kid
11. I've Loved These Days

„The Nylon Curtain“:
1. Allentown
2. Laura
3. Pressure – 4:40
4. Goodnight Saigon – 6:30
5. She’s Right on Time
6. A Room of Our Own
7. Surprises
8. Scandinavian Skies
9. Where’s the Orchestra?

„Концерт (Live in Leningrad)“
1. Prelude/Angry Young Man
2. Honesty
3. Goodnight Saigon
4. Stiletto
5. Big Man on Mulberry Street
6. Baby Grand
7. An Innocent Man
8. Allentown
9. A Matter of Trust
10. Only the Good Die Young
11. Sometimes a Fantasy
12. Uptown Girl
13. Big Shot
14. Back in the U.S.S.R
15. The Times They Are A-Changin'

DISCOGRAPHY:

1971: Cold Spring Harbor
1973: Piano Man
1974: Streetlife Serenade
1976: Turnstiles
1977: The Stranger
1978: 52nd Street
1980: Glass Houses
1981: Songs In The Attic (Live-Album)
1982: The Nylon Curtain
1983: An Innocent Man
1986: The Bridge
1987: Концерт (Live in Leningrad)
1989: Storm Front
1990: Souvenir - The Ultimate Collection (Live At The Yankee Stadium)
1993: River Of Dreams
1994: Live From The River Of Dreams (Live-Album)
2000: 2000 - Millennium Concert (Live-Album)
2001: Fantasies & Delusions
2002: Movin' Out (Movin' Out Original Cast Recording)
2004: Piano Man (Re - Release)
2006: 12 Gardens Live (Live-Album)
2008: The Stranger - 30th Anniversary Edition (Do. - CD)
2011: Live at Shea Stadium (DVD)

SQUEALER-ROCKS Links:

Billy Joel - The Stranger - 30th Anniversary Edition (CD-Review)
Billy Joel - She's Always A Woman - Lovesongs (CD-Review)
Billy Joel - Original Album Classics (5 CD Box) (CD-Review)

Billy Joel - Live At Shea Stadium (Do. DVD + Do.CD) (DVD-Review)

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