Squealer-Rocks.de CD-Review
Central Park - Reflected

Genre: Progressive Rock/Artrock
Review vom: 04.02.2011
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Rockville Music



Es gibt Zeiten, da bin ich richtig müde….
Wie jetzt im Winter bei DEM Wetter….
Und wenn dann noch so eine gewisse Ratlosigkeit dazu kommt….

Ich weiß gar nicht mehr, ob ich mich freiwillig gemeldet hatte, aber wie gesagt, es herrscht ob dieser Veröffentlichung von Central Park im Moment noch eine gewisse Ratlosigkeit, wie ich den damit fertig werde, denn diese Art Musik habe ich schon ewig nicht mehr gehört. Wir bewegen uns nämlich hier in der Schnittstelle zwischen Progressive Rock/Pop und Artrock.
Aber ich fang mal vorne an, das heißt beim Flyer und der sagt dann, dass dies das zweite Album der Münchener Progrock-Formation ist, die sich immerhin schon 1983 gründete! Zur Zeit der Renaissance des Progrock mit Marillion, Asia oder Saga spielte sich die Band bis zu ihrem Split 1989 an die Spitze der deutschen Progrock-Liga. Aha!
Die erste Scheibe erschien 23 Jahre nach Gründung und hieß "unexpected". Genau das war es wohl dann auch! Kann mal wohl sagen nach so langer Zeit. Dem Vernehmen nach gab es ein riesiges Medienecho und dann dauerte es eben mehr als vier Jahre bis zur zweiten Scheibe, nämlich "reflected". Diesmal mit neuer Sängerin, nämlich der gelernten Soparnistin Janine Pusch, die mit ihrer wandelbaren Stimme, soviel sei vorausgeschickt, den Songs jeweils eine ganz eigene Stimmung verleiht. Die Variabilität dieser Stimme ist es auch, die die langen Songs immer interessant hält, mich dabei doch ziemlich weit in die Vergangenheit versetzt, da doch sehr stark Kate Bush zu hören ist (dies soll ein Lob sein!) und manchmal ein bisschen Helen Schneider, falls die noch jemand kennt. Und da wir schon beim Namedropping sind, manchmal (besonders z.B. "White Princess") muss ich an Mike Oldfield denken.

Die Songs an sich wirken fast wie Hörspiele oder Teile eines Musicals, Teile dieser Songs oft wie Filmmusik und Janines Parts haben teilweise Erzählcharakter. Die Soundlandschaften haben Industrial-Charakter und manchmal gibt gar ausschließlich Keyboardklänge zu hören, was ich jetzt gar nicht negativ meine. Allerdings ist das meist doch ziemlich weit entfernt von harter Rockmusik, eher ist es progressive Popmusik mit rockigen Teilen, wie z.B. "Doom", ein eben (hört, hört!) doomiger Song, während vor allem "Path Of Mercy" komplett rockig und mitreißend daher kommt.
Ansonsten fällt sofort "Guns R Us" ins Auge (welch Metapher für ein Audio-Ereignis!) mit dem filmmusikmäßigen Intro, dem folgenden starken Groove und den dominierenden Keyboards. Das Thema allerdings ist ein ernstes, es geht nämlich um Kindersoldaten und ihren
"Free Fall", "White Princess" und "Another Part" sind sehr abwechslungsreiche kleine Erzählungen mit überragendem Gesang, während "Vision Of Cassandra" dann zweifellos das herausragende Ereignis auf "reflected" ist. Kompakter und ganz großes Kino ist aber, gerade weil es noch eine akzeptabler Länge hat, "Another Part". Unbedingt anhören!
Aber zurück zu "Vison Of Cassandra", einem Hörspiel/Musical in drei Teilen, das vom Zuhörer und auch der Zuhörerin eine längere Aufmerksamkeitsspanne verlangt als allgemein üblich. "Vision" selbst ist wiederum in mehrere Parts aufgeteilt mit Prelude, Liturgy, Oration, Climax und Conclusion, während "Doom" und "Awakening" wieder mehr Songcharakter mit viel Schwung und Groove haben. Klasse gemacht und ebenfalls ganz großes Kino für die Sinne!
"The Last Tear" ist dann der ruhige, sehr ruhige Abschluss mit Sounds, Klavier, Violine und diesem so herrlichen Gesang, wie er einem solchen Werk auch gebührt. Sehr schön kann ich dazu nur sagen!

Nach mehrmaligem Hören ist meine Ratlosigkeit dann doch einer leicht gedämpften Begeisterung gewichen. "Reflected" ist zwar ein Konzeptalbum, aber trotzdem haben es Central Park geschafft, die Scheibe insgesamt so wirken zu lassen, da es musikalisch wie aus einem Guss wirkt. Mir persönlich ist das Ganze ein wenig zu weichgespült, aber die wirklich tolle Stimme von Janine Pusch (klar, energisch, rauchig, einnehmend) macht da einiges wieder wett. Und wer's gerne ein wenig softer mag, ist hier genau richtig, ebenso wie diejenigen, die sich nicht von Trends leiten lassen und auch musikalisch ihre Freiheit und Persönlichkeit ausleben wollen.

Also nochmal: dies ist klasse Musik ohne große Härte, aber mit viel Gefühl für Stimmungen und Empfindungen und hervorragendem Gesang. Das Ganze ist in sich stimmig und die Produktion ist erstklassig, klar und brillant, nichts wirkt überproduziert und unterm Kopfhörer kommt auch richtig Spaß auf.

Track list:
01. Guns R Us 6:13
02. Free Fall 5:38
03. White Princess 7:16
04. Another Part 7:53
Vision Of Cassandra in three parts:
05. Vision 12:20
06. Doom (Winterstorm) 3:50
07. Awakening 5:29
08. Path Of Mercy 5:42
09. The Last Tear 8:45

Line-Up:
Janine Pusch - Vocals
Jochen Scheffter - Keyboards, Organs
Hans Ochs - Guitars
York Von Wittern - Bass
Artur Silber - Drums

DISCOGRAPHY:

2006 - unexpected
2011 - reflected

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