Squealer-Rocks.de CD-Review
Sky Architect - Excavation Of The Mind

Genre: Progressive Rock
Review vom: 30.09.2010
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: ProgRock Records



Sky Architect kommen aus der Progszene der Niederlande und "Excavation Of The Mind" ist ihr Debutalbum. Kennengelernt haben sich drei der Jungs an der Pop-Akademie in Rotterdam, aber mit zwei weiteren Mitstreitern haben sie jetzt ein Quintett am Start, das (hört, hört!) den progressiven Stil und den Sound der 70er wiederbeleben und wiedererfinden will, so das Infoblatt. Gleichzeitig wollen sie einen Platz für den symphonischen Rock im 21. Jahrhundert zurückfordern. Iss nich wahr!

Ich denke, jemand sollte ihnen mal sagen, dass sie da nu wirklich nicht die ersten und einzigen sind. Nur so zur Info, nicht dass sie hinterher enttäuscht sind, dass es da schon welche gibt, die das irgendwie besser hingekriegt haben. Wie auch immer.
"Excavation Of The Mind" soll also eine sehr nette Hommage an den symphonischen Prog der 70er Jahre mit dem gewissen Kniff sein. Na ja, beschrieben wird die Mucke als symphonisch, komplex, dynamisch (wie auch sonst, liebes Infoblatt, denn statische Musik wäre langweilig), vielseitig (einseitig wäre wieder Käse, liebes Infoblatt) und ambitioniert. Soso! Aber ist sie auch gut, d. h. gefällt sie mir?

Um das mal vorweg zu schicken: ich bin nicht unbedingt ein Freund dieser Art von Mucke. Aber ich erkenne gute Musik, wenn ich sie höre, behaupte ich jetzt mal so frisch von der (leicht vergrößerten) Leber weg. Beardfish's letztes Album ist da ziemlich schlecht weggekommen (zu Recht, wie ich immer noch meine), während ich das vorletzte sehr gelobt habe (natürlich ebenfalls zu Recht). Deshalb wird das jetzt für Sky Architect in der gleichen Kategorie schon ziemlich spannend.

"Deep Chasm" ("Tiefe Kluft") beginnt mit "Charter" (Gründungsurkunde, Charta, wobei ich mich frage, was mir dieser Titel bei diesem Stück aus vier Teilen eigentlich sagen will), wo mich ein engelsgleicher Chor im Zusammenspiel mit akustischer Gitarre begrüßt. Dann wird’s progressiv und ein gemäßigtes Stück Jazzrock mit starken Hooklines ertönt. Sehr abwechslungsreich und spannend aufgebaut mit fetziger Leadgitarre am Ende.
Quasi übergangslos erklingt "Chime". Dies ist zu Beginn ein schöner jazziger Popsong oder poppiger Jazzsong, mit einem Sänger, dessen sympathische, unaufgeregte Stimme bei mir schon Punkte sammelt. Der Song wird immer rockiger und nimmt Fahrt auf, ehe er im letzten Drittel kurzzeitig ruhiger wird, aber zum Schluss wieder Gas gibt. Diese abwechslungsreiche Rockjazz-Komposition ist nicht von schlechten Eltern und klingt mit den fast schon obligatorischen Klaviertönen aus und geht über in den vierten Teil von "Deep Chasm", nämlich "Chasm" mit einigem Sprechgesang, abgehacktem Rhythmus, aber rockigen Zwischenspielen. Besonders gefällt mir die (zum Glück) eher am Rock orientierte Leadgitarre und die Keyboards, die eine schöne Atmosphäre erspielen. Warum aber die Klavierüberleitung ("Changeling") als eigenes Stück aufgeführt wird, ist mir ein Rätsel, denn die paar Sekunden hätten auch noch an das nächste Stück drangehängt werden können. Tschuldigung, aber sowas ist Quatsch!
"The Grey Legend" ist ein ruhiger Song mit schöner Melodie, unaufgeregtem Gesang und Chor, getragen von Keyboards und Drums. Dann, nach vier Minuten, wird’s heftiger, schneller und die Leadgitarre dominiert das Stück mit ihren sehr ansprechenden Läufen. Und zack, nicht lange, und ein Break reißt mich aus meiner Andacht. Unhöflich sowas. Gut, bei dieser Art von Musik sind Breaks das Salz in der Suppe und Programm.
"Russian Wisdom" erstaunt mit einer Polkaeinlage, forschem Rhythmus, sehr stark verzerrten Gitarrensoli. Die Polka muss nicht sein, erinnert mich eher an der Popolski-Show, geht aber schnell vorbei. Ansonsten sehr , sehr ansprechender Song.

"Excavation Of The Mind" überzeugt durch eine ausgefeilte, mehrteilige Komposition. Es geht hauptsächlich ruhiger zu, erst zum Ende hin kommt ein bisschen mehr Schwung in die Sache, was mir sehr gut gefällt.

"Gyroscope" ist sehr jazzrockig und breaklastig, aber das Solo der Leadgitarre macht mir viel Spaß. Kurzes bemerkenswertes Stück.

Die "Himmelsarchitekten" sind schon filigran, so viel steht fest. Zum Glück für mich gehen sie nicht so sehr in die Beardfish-Ecke. Will sagen, das Ganze ist weniger Jazzrock, als vielmehr Rockjazz mit reduzierter Schlagzahl und weniger Breaks und weniger Noten pro Sekunde. Die Scheibe nervt dadurch viel weniger und macht mir insgesamt zwischenzeitlich immer wieder Spaß. Meist aber nur wegen den Gitarrensoli.
Obendrein erfinden sie eigentlich gar nix neu und "Excavation Of The Mind" ist weder so originell oder gar kreativ, dass davon neue Impulse für das Genre ausgehen werden. Eher nicht, denn hohen Ansprüchen genügt die Scheibe nicht und Kunst ist es schon gar nicht, was auch gut ist, denn Musik sollte nicht Kunst sein, sondern den Hörer faszinieren. Ein Musikstudium scheint mir meist eher hinderlich auf dem Weg in den Olymp zu sein.
"Excavation…" ist nett, aber nicht faszinierend. Für Genrefans interessant, aber kein Muss.

Tracklist:
1. Deep Chasm part 1: Charter 3:37
2. Deep Chasm part 2: Chime 8:02
3. Deep Chasm part 3: Changeling 0:41
4. Deep Chasm part 4: Chasm 6:43
5. The Grey Legend 12:09
6. Russian Wisdom 5:03
7. Excavation Of The Mind 11:43
8. Gyrocopter 2:56

Line-up:
Tom Luchies - vocals, guitar
Wabe Wieringa - guitar
Rik van Honk - keyboards, backing vocals
Guus van Mierlo - bass
Christiaan (mit zwei "a"!) Bruin - drums, backing vocals

DISCOGRAPHY:

2010 - Excavation Of The Mind

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