Squealer-Rocks.de CD-Review
Rude Revelation - Lost In Entropy

Genre: Thrash / Melodic Death Metal
Review vom: 21.07.2009
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Sacem



Das ist ja mal eine ziemlich rüde Offenbarung und eine junge dazu, denn RUDE REVELATION wurde erst im Januar 2007 in Luxemburg gegründet. Vier Jungs und eine stimmgewaltige Frontfrau. Von da an spielten RUDE REVELATION erst einmal so vor sich hin und hatten das Glück, im Mai 2008 an der luxemburgischen Ausgabe der W:O:A Metal Battle teilnehmen durften. Danach spielten sie Gigs in Deutschland, Belgien und Frankreich, ehe sie im Januar 2009 für TURISAS eröffnen durften. Kurz gesagt, hatten ihre Auftritte immer zur Folge, dass sich Fans und Journalisten vor Begeisterung fast überschlugen ob des Dargebotenen.

Mittlerweile ist auch ihre Debut-CD „Lost In Entropy“ erschienen und, in Abwandlung eines alten Sprichwortes, sag ich mal so: Entscheidend ist immer noch im Player! Deshalb rein damit und mal gehört, was denn so Trumpf ist im Hause RUDE REVELATION.

Nun gut, die Plattenfirma will uns das Ganze jetzt als Konzeptalbum verkaufen, weil es einen Pro- und einen Epilogue gibt, Übergänge von einem Song zum anderen, ein Zwischenspiel und insgesamt Einblicke in das nicht ganz so lustige Leben als Jugendliche. Über die Behauptung mit dem Konzept reden wir noch später, aber kommen wir zuerst zur Musik.

Gegen Thrash-Metal habe ich mittlerweile nichts mehr, ich bin ja lernfähig. Woran ich mich aber nicht so richtig gewöhnen kann, ist dieser Brüll-Gesang, wo man vom Text nix mehr versteht. Selbst wenn ich die Texte mitlese, wird’s nicht besser. Und beim dritten Song isses noch komischer, da der Text auf Französisch ist und man merkt’s eigentlich nicht.. Dieses böse Rumröhren gehört schließlich dazu, wie die 28 Takte und die punktierten Rhythmen des Marsches zur „Marseillaise“, wenn ich mal ein wenig klugscheißen darf. Und das akzeptiere ich. Davon abgesehen, mag ich zumindest die Musik eben mittlerweile doch.

Deshalb frisch ans Werk und die Ohren aufgesperrt, denn jetzt wird es rüde!

Der Prolog ist mit „Prologue“ noch verhalten, aber so machen sie’s ja immer: erst Spannung erzeugen und dann immer feste druff!
So auch dann bei „Defiled 15“ mit einer allerdings klar gesungenen Bridge und düsterem Text über die Folgen einer erlittenen Vergewaltigung, an der das Opfer sich selbst die Schuld gibt (und hier die Siebeneurofuffzich-Frage: habe ich den Text überhaupt richtig verstanden?). Wir hören hier die typische Mischung aus krachendem Trash und ruhigen Übergängen mit Klargesang. Entzückend!
„Banalite Illimitee“ gibt dann richtig Gas mit scharfen Riffs und geilem Groove. Hier gibt’s richtig was auf die Omme, keine ruhigen Übergänge mehr, dafür `nen heißes Solo am Schluss. Toll!
So geht’s dann weiter mit „There is no god“, wo klar wird, dass die Sache immer besser wird. Klar wird aber auch, dass Religion hier eher kritisch gesehen wird.
Eines kann ich jetzt schon versprechen: die nächsten Songs machen richtig Spaß und halten das jetzt erreichte hohe Niveau: „Justifies Revenge“ macht keine Gefangenen und hat starke Heavy Metal-Parts und „Now that...“ einem Intro aus Klargesang und Gitarre schlägt ähnlich hart zu und macht keine Pause dabei.
Das putzige „Interludium“ läutet mit leichtem Geklimper die zweite Hälfte von „Lost In Entropy“ ein. Aber diesmal schlägt nicht krachend ein Meteorit auf (was für eine Metapher!), sondern John F. Kennedy lädt in „The mass is the master“ nach Berlin ein. Was das genau mit dem Song zu tun hat erschließt sich mir nicht so ganz, auch wird’s hier musikalisch brutaler, aber auch melodisch tut sich einiges. Das ist herrlicher Thrash-/Melodic Death-Metal!
Es wird immer härter und schneller: „The Eternal Quest“ und der Titelsong sehen keine Atempausen vor. Luftholen nur, wenn’s unbedingt sein muss.
Und nach so einem Kracher wie dem „Evening prayer“ ist an Schlaf zunächst mal nicht zu denken, denn da sitzt Du mit großen Augen und klingelnden Ohren in Deinem bevorzugten Musikhör-Sessel und sofort fällt „Waiting“ über Dich her, der definitiv letzte Hammer aus dem
Hause RUDE REVELATION mit Soundwänden aus Stahl und einem Groove aus der Hölle und einer Leadgitarre vom Feinsten.
Der Epilog ist dann „Epilogue“ mit einer klimpernden Gitarre und fidelnder Geige. Nett zum Abchillen. Puuuuh! Es ist vollbracht!

Ein Fest für die Ohren und für alle Thrash-/melodic Death Metal-Liebhaber und Liebhaberinnen! Es gibt Intelligente, abwechslungsreiche Kompositionen mit Breaks, wo man sie nicht erwartet, originellen Einfällen und einer musikalischen Qualität und Produktion, die über jeden Zweifel erhaben ist, denn produziert wurde „Lost In Entropy“ von Lasse Lammert (Alestorm) und gemastert von James Murphy (Testament, Obituary, Death) himself.

Und Noémie Leer ist schon eine Klasse für sich. Hübsch, jung und niedlich, brüllt aber wie ein alter Hase ihre Texte in die Welt! Damit meine ich eher, dass die Texte qualitativ höheren Ansprüchen genügen, aber inhaltlich stelle ich mir die Frage, warum das alles so negativ daherkommt. Wenn jemand immer die Opferrolle einnimmt, ist das weniger eine Tatsache, als vielmehr eine Frage der Einstellung und der psychischen Verfassung. Das läuft irgendwie unter der Überschrift „Die Welt ist mein zweitgrößter Feind und ich bin mir selbst mein größter Feind“. Wenn ich mir den Text zu „Eternal Quest“ durchlese, dann kann die Konsequenz aus diesem so hässlichen Leben eigentlich nur lauten: spontaner Suizid, aber dalli! Meine Güte! Außerdem kommen mir die Texte im Allgemeinen doch arg gewollt schwierig vor, quasi pseudo-intellektuell. Ist aber nur so `nen Eindruck.

Gute Platte und (den Presseberichten zufolge) ein Must-Have auf der Bühne.

Aber noch ein Wort zu der Behauptung mit dem Konzept-Album. Epi- und Prolog und Interludium machen noch kein Konzept. Die Texte haben alle zwar nur ein einziges Thema, nämlich die Schlechtigkeit der Welt und wie beschissen alles ist. Wenn es danach ginge, dann wären auch alle Roy Black-Platten oder die von David Coverdale als Konzept-Platten zu betrachten, denn dort geht es auch immer nur um ein einziges Thema, nämlich die Liebe und die Weiber. So etwas aber ist KEIN Konzept! Also bitte den Begriff „Konzept“ nicht so inflationär und vor allem falsch benutzen!

Zum Abschluss noch eine kleine Geschichte: da saß ich doch letztens an einem Freitag in einem Auto unterwegs nach Oberhausen, kurz vor der Unwetter-Katastrophe im Ruhrgebiet, und ein werter Kollege, Dessen-Name-Hier-Nicht-Genannt-Werden-Soll, meinte doch zu mir: „Mattes, ich hab hier noch’n paar Promos. Nix für mich, aber Du hörst doch auch so `nen Krach?“
„Kommt drauf an“, sagte ich, „aber immer her damit.“
Dies war eine wirklich weise Entscheidung, denn zu den drei Promos gehört RUDE REVELATION.
Die anderen beiden sind BLOODLINE SEVERED mit „Visions Revealed“ und SEVENTH ANGEL mit „The Dust Of Years“ und bilden mit der oben genannten Scheibe ein besonders für die Ferien (Schüler), die Semesterferien (Studenten) oder den Urlaub (Arbeitnehmer) unter uns das Tripple-Rundum-Sorglos-Thrash-/Death Metal-Paket auf sehr hohem Niveau und für alle Fälle, falls ihr versteht, was ich meine? Dann nix wie los!


Track list:
1. Prologue 1:00
2. Defiled 15 3:57
3. Banalite Illimitee 3:07
4. There is no god 5:32
5. Justified revenge 4:37
6. Now that love and hate converge 4:05
7. Interlude 0:45
8. The mass and the master 5:10
9. This Eternal Quest (Rejected remains of oblivion) 5:02
10. Lost in entropy 5:08
11. Evening prayer 3:55
12. Waiting 4:09
13. Epilogue 2:20

Line-up:
Noémie Leer – vocals
André Millim – drums
Raphael Gambuto – guitar
Jonas Lippert – guitar
Pit Seyler – bass

Gäste:
Brendan Casey – backing vocals
Silke Thomsen – additional cello
Lasse Lammert – additional solo-parts
Bloodpunch Bee – additional didjeridoo

DISCOGRAPHY:

2009 - Lost In Entropy

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