Squealer-Rocks.de CD-Review
Tadashi Goto - Innervisions

Genre: Progressive Metal
Review vom: 14.12.2008
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: ProgRock Records



Beim heiligen Stockhausen, da haben mir meine Kollegen, oder war es nur Der Eine, ganz schön einen untergejubelt.
Dieser Untergejubelte heißt TADASHI GOTO und ist ein Keyboarder und Komponist der ganz besonderen Art, nämlich Japaner und geboren ist er 1976. Das Goto Japaner ist, betone ich deshalb, weil es einfach von Bedeutung ist, basta. Dazu komme ich noch später einmal, wenn ich dieses Review von „Innervisions“ (ich könnte schwören, das schreibt man getrennt) zu Ende gebastelt habe. Zudem wird dies, möglicherweise entgegen allen Erwartungen, auf keinen Fall ein Verriss!

Der Junge hat echt was drauf!

TADASHI GOTO kommt aus einer ganz anderen, uns doch sehr fremden Kultur, die natürlich die Kunst und die Musik sehr stark beeinflusst. In diesem Zusammenhang warne ich davor, zu glauben, die Amerikaner und ihre Kultur wären uns irgendwie näher als die Japaner. Großer Irrtum!

Okay, was ich damit sagen will, ist, dass man diese Herkunft der Musik von TADASHI GOTO doch anmerkt. Es hört sich nicht etwa typisch japanisch an, er macht keine Folklore, sondern die einzelnen Tracks deuten nur auf die Herkunft in dem Sinne hin, dass sie das Leben in dieser hektischen, modernen japanischen Gesellschaft, in so romantischen Städtchen wie Tokyo, durchaus wieder spiegelt.

Ich hoffe nur, dass ich mich hier nicht hoffnungslos vergallopiere, denn Goto lebt glaube ich gar nicht in Japan, aber trotzdem….Weiteres dazu folgt weiter unten.

Gut….ähem, wie fange ich jetzt an….???

Also, meine aktuellen Erfahrungen mit Keyboardern sind eher gering. Letztens hatte ich Keith Emerson mit seinem neuesten Machwerk am Hals, aber das war's dann auch und gut ist anders, wie ihr euch vielleicht erinnert. (LEST-DAS-REVIEW!)

Andererseits: In einer lange zurückliegenden Vergangenheit (1972) gab es von dem schwedischen Multi-Instrumentalisten und Komponisten Bo Hansson ein Instrumentalalbum mit dem Titel „The Lord Of The Rings“, das sensationell erfolgreich war und heute immer noch beeindruckend ist. Sehr melodisch und gegenüber „Innervisions“ mainstreamig, äußerst melodisch und melodienreich, rhythmisch-swingend und groovend und sowieso schwer zu vergleichen.

Oder schon mal von Klaus Schulze gehört, dem deutschen Elektronikmusiker, Komponisten und Produzenten? Stichworte: TANGERINE DREAM, ASH RA TEMPEL, WAHNFRIED etc.: Hat tolle Platten gemacht, z. B. „Dune“ (1978) und „Cyborg“ (1973) und dies zu einer Zeit, wo selbst die Stones noch jung waren und ich ein Teenager. Gegen Goto sind diese Sachen aber mainstreamig, d.h. lineare Kompositionen, wenn ihr versteht, was ich meine?

Kommen wir also zum Thema dieser Veranstaltung und den folgenden Ausführungen:

Der Opener „Karma“ ist krasser, krachender Metro-Industrial mit rasendem Groove und u. a. dominierenden Leadgitarren, kaum zu glauben, aber wahr. Bemerkenswert!

„The Cycle Of Suffering“ glänzt mit Metalparts, Stimmfetzen, Leadgitarren oder schnellem bis rasendem Rhythmus. Es ähnelt „Karma“, ist aber deutlich dunkler, verbreitet aber auch nicht so eine gehetzte Stimmung. Dass bei beiden Stücken Keyboards allgegenwärtig sind, versteht sich von selbst. Ach ja, die Gitarren machen doch tierisch was her, denn die haben richtig zu tun.

Tja, und jetzt die erste Überraschung: Töne wie von WDR 2, nämlich „Inner Cycle“. Ein melodisches Instrumentalstück für Liebhaber feingeistiger Popmusik, wunderbar melodisch, nicht zu schnell, viel Keyboard, Tastenläufe, ein bisschen Psychedelik und Bläser, Rufe, Stimmfetzen. Je länger das Stück dauert, desto mehr scheint es aus dem Ruder zu laufen, aber kurz vor Schluss ist die anfängliche Schöngeistigkeit wieder da, so scheint es jedenfalls….. Genial!

Bei „The Deepest Depression“ scheint Tadashi San mehr Gas zu geben, denn vor allem mit ein paar Breaks zerreißt er diesen Track in Stücke. Aber trotzdem durchzieht ein permanenter mehr oder wenig schneller Drum-Rhythmus das Stück und macht es am äußeren Ende meiner Toleranz doch hörbar.
Wie lange ich diese Form der Geräuschkulisse aushalte, kann ich aber nicht vorhersagen, trotz allem Verständnis für Mr. Goto. Erinnert mich irgendwie an den Soundtrack von „Spawn“, Gitarren- und Keyboardsoli eingeschlossen.

Der „Werther-Effect“ ist nicht ganz so chaotisch, eher straighter komponiert und auch mit ruhigen, rockigen und metallisch-industrial Passagen. Ein schöner Instrumental-Track, ohne Zweifel! Der Titel: Anleitung zum Selbstmord aus gesellschaftlich akzeptierten Gründen? Ihr wisst schon: Goethe, Werther, Sturm und Drang, Liebe, Suizid etc., habt ihr’s? Wenn nicht, ist auch egal.

Jetzt haltet euch aber fest, denn nun kommt „Inner Peace“, einfach nur hübsch, bezaubernd, langsam, mit einer liebreizenden Melodei, die zum Träumen einlädt. Fast so was wie Barmusik oder Ambiente, ist ja auch nix gegen zu sagen. Schöööön!

Zwei Metal-Tracks: „The Darkest Years“ und „The Night Of Destruction“, krachend, mit Wort- und Satzfetzen, sehr interessant auch die Keyboardeinlagen und die Geräuschkulissen. Mäandern zwischen Trash, Death, Industrial und Progressive. Heftig und gut!

„Flow Like Water“ ist Keyboard, ist Geräusche, ist Bassläufe, Tambourine, lautes Keyboard, mäßig schneller Rhythmus.

„Little Paradox“ ist laut, Krach, schnell, chaotisch. Das hätten wir uns echt schenken können, Mr. Tadashi wollte sich wohl mal so richtig austoben zu wollen, aber zum Schluss wird’s plötzlich melodisch und nach einem Break gibt’s ein lautes Gitarrensolo. Ha, geht doch!

„Never Free“ überrascht mit melodischen Breaks nach dem üblichen Beginn, kompositorisch finde ich das richtig gut und kreativ und beachtlich.

Abschließend wieder so `ne Barnummer: „The Spirits Within“. Bluesig langsam im Ambiente-Style. Warum nicht, da kann ich dabei in aller Ruhe wieder runterkommen. Da soll mir noch einer erzählen, das Zeugs hier wäre uninspiriert oder nicht spannend. Nicht spannend? Au contraire, mes amis, das ist sogar extrem spannend, sage ich euch, TheMattes, der Spezialist für Spannung.

Einerseits: Keyboarder haben es eigentlich immer schwer, sich zu behaupten gegen die rockige Übermacht der Gitarren und Bässe. Da verwundert es doch ein wenig, wenn Goto sich gleich die volle Übermacht ins Haus holt, um dann gegen sie anzuspielen. Zudem sind das noch nicht irgendwelche Feld-, Wald- und Wiesen-Musiker, sondern gestandene Haudegen.

Andererseits: was hat der Mann zu verlieren? Er ist doppelt benachteiligt, denn er ist Keyboarder und Drummer und zudem noch Japaner, den hier kaum ein Schwein kennt. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass er der Komponist der Stücke ist, hat er es in der Hand, sich nicht unterbuttern zu lassen, sondern im Gegenteil, sich in den Vordergrund zu spielen und dabei noch songdienlich zu agieren. Und das tut er, finde ich.

Irgendwo schrieb jemand, dass die doch sehr unterschiedlichen Tracks, der Kontrast zwischen Krach und Ruhe einfach zu groß ist, um „Albumatmosphäre“ aufkommen zu lassen???
Aha! Was, beim Großen Schwarzen Gott des Vinyls, ist denn „Albumatmosphäre“? Wie genau definiert man das? Und gibt es denn irgendwelche Grenzwerte, die die Tracks auf einem Album nicht überschreiten dürfen?

Für mich ist es (die Unterschiedlichkeit der Tracks) im Gegenteil äußerst spannend, denn man weiß nie, was einen im nächsten Stück erwartet! Es gibt Soundgewitter und wahre Oasen der Ruhe. Je größer die Unterschiede, desto weniger passt das Ganze dann eben in die Mainstream-Schublade. Pech gehabt!

Nein, Nein, meine Freunde, diese Unterschiedlichkeit macht gerade den Reiz aus.
Zugegeben, dass ist nix für schwache Nerven oder Leute mit eingeschränktem musikalischen Horizont, aber wer nach vielen Seiten offen ist, der wird hier bestens unterhalten, denn hier gibt es Emotionen pur.

Manche Stücke wirken wie diese hypnotischen Soundtracks zu asiatischen Actionfilmen oder Thrillern, mit atemlosen Verfolgungsjagden durch die Straßenschluchten der Mega-Cities mit verschwommener Neonbeleuchtung in kalten, hohen Betonschluchten. Daher kommt auch das Faible von GOTO für diese Ambiente-Nummern, quasi als Kontrapunkt zu dieser Hektik und dem Lärm gibt’s dann eben extrem entspannende Musik.

Ich meine, manche Songs hasst man, aber manche liebt man, aber die drei, vier oder auch fünf Songs, die man auch öfter hören kann und will, machen diese Scheibe zu einer lohnenden Investition. Denn eines steht fest: auch die Stücke, die man hasst, bleiben im Gedächtnis haften und das tut auch diese Platte „Innervisions“ von TADASHI GOTO.

Leute, dieses Zeugs ist definitiv extrem abgefahren. Eine Mischung aus Elektronikkrach, Metal, Fusion, Techno-Jazz, hoher Geschwindigkeit, rockigen Einsprengseln oder Stücken im Ambiente-Stil. Ein Schmuckstück für jede Plattensammlung, im positiven wie im negativen Sinne. Um unserer Datenbank allerdings einen Gefallen zu tun, nenne ich das Ganze Progressive Metal, aber nur deswegen!

„Innervisions“ hat meinen Horizont wieder ein Stück erweitert, und das kann nicht von vielen Platten sagen, die ich in die Mangel nehme. Denn mir gehen mittlerweile die vielen Mainstream-Alben tierisch auf die Nüsse, wo die meisten Songs irgendwie gleich klingen und ich mich frage, wo denn da die Kreativität stecken soll. Hört sich oft an wie aus einem Komponisten-Baukasten. Nehmt euch also, ihr Möchtegern-Komponisten, ein Beispiel an TADASHI GOTO oder NOCTE OBDUCTA, da muss Kreativität echt neu definiert werden.

Denn bei „Innervisions“ von TADASHI GOTO, kommt andauernd `ne Überraschung aus dem Gebüsch oder um die Ecke. Ist zwar anstrengend, aber das Geld allemal wert.

Track list:
1. Karma
2. The Cycle Of Suffering
3. Inner Circle
4. The Deepest Depression
5. Werther Effect
6. Inner Peace
7. The Darkest Years
8. Flow Like Water
9. The Night Of Destruction
10. Liberal Paradox
11. Never Free
12. The Spirits Within

Line-up:
Tadashi Goto – keyboards, drums
Ty Tabor – guitar
Sean Conklin – guitar
Chris Poland – guitar
Tony Levin – bass
Tony Franklin – bass
Randy George – bass

DISCOGRAPHY:

2005 - Soundscape
2008 - Innervisions

SQUEALER-ROCKS Links:

Tadashi Goto - Innervisions (CD-Review)

SONSTIGES:

BANDHOMEPAGE
Diesen Beitrag im Forum diskutieren