Squealer-Rocks.de CD-Review
Ihsahn - angL

Genre: Progressive Metal
Review vom: 08.06.2008
Redakteur: Reaper
Veröffentlichung: 13.06.2008
Label: Candlelight



“Ihsahn” - bei dem Namen klingelt es irgendwie bei mir – kurzes Nachdenken, da war erst vor kurzem etwas. Ja, richtig – das mystisch folkige Debüt von Hardingrock, für das sich ein gewisser Vegard „Ihsahn“ Tveitan zusammen mit seiner Frau Heidi Solberg Tveitan
und dem norwegischen Geigenvirtuosen Knut Buen verantwortlich zeigte. Eines der Highlights des letzten Jahres im Folk Sektor. Nun flattert mir also das neuste Solowerk des ehemaligen Emperor Frontmanns ins Haus und ihr könnt euch vorstellen, wie gespannt ich auf die Welten, die sich hinter dem schlichten, schwarz-grauen Cover mit Engelsfigur verbergen, bin.

Ausnahmsweise wollen wir auf die lange Vorrede verzichten und sofort in das mit ANGL betitelte Album einsteigen, denn ebenso gestaltet er sich, der Einstieg. Ohne Vorwarnung schlägt einem mit „Misanthrope“ eine volle blackmetallisch angehauchte Breitseite entgegen, die vom Schlagzeugspiel des Asgeir Mickelson getrieben, in düsteren, Symphonie umwobenen Welten verschwindet, aus denen sich das aggressive Growling des werten Ihsahn erhebt. Doch wer sich auf ein kompromissloses Kräftemessen zwischen diversen Black Metal Nuancen freut, der wird schon im zweiten Lied des Album, „Scarab“, enttäuscht. In verstörender Weise mischen sich dort Thrash und Core Anleihen mit einer, als Gegenpol agierenden melancholischen Piano Passage, die sich anschickt epische Höhen zu erklimmen, um dann wieder jäh ins Chaos eines fast schon irrwitzigen Tanzes auf Gitarre und Schlagzeug abzustürzen.

Gegenpole sind es, die dieses Album ohrenscheinlich auszeichnen und „Unhealer“ bildet diesbezüglich keine Ausnahme, baut es doch zunächst melancholisch, träumerische Sphären auf, die einem zum ersten Mal klar werden lassen, dass man hier wirklich ein Progwerk vor Ohren hat. In diese Sphären bricht der unglaublich stimmige Wechsel zwischen Grunzen und Kreischen – alias Ihsahn und Mikael Åkerfeldt von Opeth – ein. Bevor sich, hinter einer sägend, anharmonischen Gitarrenwand versteckt, mit „Emancipation“ ein Lied seinen Weg bahnt, das in seinen melodischen Grundzügen, gar an andere Größen der progressiven Metalszene wie Threshold zu erinnern vermag. Jedoch gelingt es Ihsahn um einige Nuancen heftiger zu Werke zu gehen, ohne dem eingängigen, tragenden Refrain seinen Raum zu nehmen.

Bei „Malediction“ könnte man niedergeschmettert von einem gnadenlosen, schwarzmetallischen Sturm von „Back to Black“ sprechen, den in bester, frostiger Manier prügelt das Stück auf einen ein. Jedoch bleibt einem in den mal kürzeren, mal längeren epischen Zwischenpassagen noch genügend Zeit zum Luft holen, wenn man gerade den Kopf im wilden Rhythmus der Drums schüttelt. Nach „Alchemist“, einem fast schon in düstere, epische Gothic Gefilde abgleitenden Song, geht es rasant weiter.
Abgefahren, mehr kann man zu diesem Ritt auf den Tonleitern nicht mehr sagen. Wie ein Fahrstuhl zur Hölle, aus bekannten Horrorfilmszenarien, baut sich in „Elevator“ ein ungemeines Gruselpotenzial mit hymnisch angehauchtem Refrain auf, das im schon bekannten Stile des restlichen Albums von einer raumgreifenden, ruhigen Passage unterbrochen wird.

Und wieder erschlägt einen der krasse Gegensatz zwischen den Stücken fast, denn raste man im Fahrstuhl des Grauens gerade noch den Toren der Hölle entgegen, beginnt „Threnody“ auf akustischen Gitarren in jener herzerwärmenden, dahin schmelzen lassenden Weise, wie es nur einer Ballade würdig sein kann. Man muss dieses Lied einfach in seiner ganzen schmerzenden Schönheit erleben. Jedoch begegnet auch hier dem Engel wieder an anderer Stelle der wütende Dämon.
Bevor ich nun endgültig ins Schwärmen oder gar Philosophieren gerate, überlasse ich es euch, die Klangwelten des Herrn Ihsahn zu erkunden.

Fazit: Leicht lässt sich das Hauptthema von ANGL zusammenfassen. Denn verkörpert das Album das stete Spiel zwischen Licht und Schatten, Tag und Nacht, Gut und Böse in seinem Wechsel zwischen Schreien und Singen, Ruhe und Sturm. Es eröffnet sich so ein ganz spezieller Tanz der Gegensätze, wo Sphären schaffende Epik auf Wände einreißende Brachialität trifft. Wer schon immer die dunkle Seite seines eigenen Mondes sehen wollte, der sollte sich seinen Dämonen stellen und sich das Album kaufen.

Tracklist:
1. Misanthrope
2. Scarab
3. Unhealer
4. Emancipation
5. Malediction
6. Alchemist
7. Elevator
8. Threnody
9. Monolith

Anspieltipps: Unhealer, Elevator, Threnody, Monolith

Line-Up:
Vegard Sverre „Ihsahn“ Tveitan – Gitarre, Gesang, Keyboards
Lars K. Norberg – Bass
Asgeir Mickelson – Schlagzeug

Gast:
Mikael Åkerfeldt – Gesang in ”Unhealer”

DISCOGRAPHY:

2006 - The Adversary
2008 - angL
2010 - After
2012 - Eremita


SQUEALER-ROCKS Links:

Ihsahn - angL (CD-Review)
Ihsahn - After (CD-Review)
Ihsahn - Eremita (CD-Review)

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