Squealer-Rocks.de CD-Review
Glenn Hughes - Live In Australia (CD + DVD)

Genre: Rock
Review vom: 12.12.2007
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 23.11.2007
Label: Edel Records



Ich muss gestehen, dass mich nach der ersten Vorfreude, ein Live Album von Glenn Hughes in den Fingern zu halten – schließlich gilt der Mann nicht umsonst als einer der besten Live Musiker überhaupt – ein wenig Enttäuschung überkam, als ich erkannte, dass es sich um ein Unplugged Konzert handelt. Denn eigentlich stehen mir solche Gigs, die krampfhaft auf Harmonie ausgelegt sind und meistens nur den Anspruch haben „trendy“ zu sein, bis zum Hals. Doch, wie so oft: Irrtum meinerseits; dabei hätte ich es besser wissen müssen. Denn so eine Geschichte ist logischerweise sehr auf auf den Gesang konzentriert und somit wie geschaffen für „The Voice Of Rock“.

Die CD: Das zeitliche Spektrum der Setlist umfasst nicht weniger als gute 4 Dekaden Rockgeschichte. Angefangen beim Procol Harum Cover „Whiter Shade Of Pale“ bis hin zu Stücken von Meister Hughes aktuellem Album „Music For The Divine“, welches mit 4 Titeln gewürdigt wird. Klar, dass ruhige Nummern einen großen Teil des Programms einnehmen, das liegt in der Natur der Sache. Nun sind Balladen von Glenn Hughes aber gottlob meilenweit von Kitsch und Schmalz entfernt. Und sie funktionieren – was ich vorher nie geglaubt hätte – in diesem akustischen Gewand noch viel besser als in den Original Versionen. Die Gesangsharmonien sind wesentlich ergreifender, viel intensiver, packender. Nummern wie „Last Mistake“ oder „The Divine“ hat man auf den regulären Alben zwar vernommen, auch durchaus wohlwollend, aber so richtig umgehauen haben sie einen nicht. Das tun sie hier! Dabei wirkt die instrumentale Komponente keineswegs unterbelichtet. Neben den zwei akustischen Gitarren, vom Meister selbst und seinem langjährigen schwedischen Sidekick J. J. Marsh, begleitet noch ein Streicher Quartett und ein schön altmodisch klingendes Keyboard diesen denkwürdigen Auftritt. Schöne Sache also, die Intonation der ruhigen Sachen.

Doch, da brauchen wir uns nichts vormachen, so richtig spannend wird es erst, wenn es darum geht, ursprünglich hart tönende Sachen ohne technische Hilfsmittel adäquat umzusetzen. Zwar ist das Prädikat „Unplugged“ im letzten Drittel des Gigs nicht mehr ganz gültig, da sich Mr. Hughes zwischenzeitlich den E – Bass umgehängt hat, doch wer fragt danach, wenn man solche Klassiker wie das unvermeidliche „Mistreated“ im exotischen Gewand bewundern darf?
Meine Güte – was für eine Wahnsinnsversion! Da versuchen sich dutzende von Combos an diesem Stück und Glenn verweist sie alle auf die billigen Plätze. Auch das pumpende „Soul Mover“ lässt trotz spartanischer Instrumentierung nichts von seiner Aggression und Power vermisssen. Ähnliches gilt für das Schlussdoppel, den Purple Kloppern „Gettin' Tighter“ (mit Jimmy Barnes als Gastsänger) und „You Keep On Moving“. Gänsehaut pur!

So weit, so geil. Die Krone setzt dem Ganzen jedoch der tolle Sound der CD auf. Nahezu unglaublich, wie druckvoll und transparent die Produktion ist. Jedes einzelne Instrument ist bis aufs I – Tüpfelchen perfekt ausbalanciert, sogar kleine Gimmicks ( Gitarre wandert beim Solo auf dem Kopfhörer von Rechts nach Links) sind mit eingebaut. Doch auch hier gilt: es geht noch etwas besser, nämlich auf der...

DVD: Die bezeichne ich mit völligem Ernst als technisches Wunderwerk. In punkto Bild und Ton ist bei mir nie etwas Besseres über die heimische Glotze geflimmert.
Wobei die makellose digitale Umsetzung umso erstaunlicher ist, wenn man sich die Location anschaut. Streng genommen handelt es sich um ein Kneipenkonzert, größer ist der Laden nämlich nicht. Das Publikum sitzt an Tischen, trinkt Bier, die Kellnerinnen laufen gelegentlich durchs Bild und die Bühne hat kuschelige Wohnzimmer Ausmaße. Und sobald man den 5.1. Surround Knopf gedrückt hat, wähnt man sich mitten in genau diesem Wohnzimmer. Glenn's Stimme klingt so natürlich und nah, dass man kaum glaubt, dass er durch ein Mikrofon singt. Dazu die Streicher von oben und unten, die Gitarren von rechts und links, das Keyboard von vorne und hinten; alles in einer Qualität, dass man wirklich jede einzelne Saite zu hören glaubt.
Das Bild ist selbst bei roten Spots mir einer Klarheit gesegnet, von der ich gar nicht wusste, dass meine 6 Jahre alte Kiste so etwas wiedergeben kann.

Nun soll die überirdische Technik nicht vom eigentlichen Geschehen ablenken. Das ist nicht minder lobenswert. OK – Stageacting findet streng genommen nicht statt. Aber wozu auch? Es reicht völlig aus, und ist zudem absolut faszinierend, die Musiker bei der Präsentation der Songs zu sehen. Allen voran natürlich der stimmgewaltige Meister höchst selbst, der streckenweise regelrecht in Trance zu verfallen scheint, bei den Ansagen jedoch ein höchst amüsanter Gastgeber ist.
Kultverdächtig ist auch, dass die „1. Geige“ des Streicher Quartetts, Tom Fitzgerald, in Jeans und abgewetzter Lederjacke auf der Bühne hockt.
Ein weiteres optisches Highlight ist das Duett mit Aussie Röhre Jimmy Barnes, der sich die Seele aus dem Leib brüllt.
Die Kameraführung ist, wie die Schnittfolge, angenehm moderat, konzentriert sich aufs Wesentliche, ohne dabei statisch oder langweilig zu sein.
Als Bonus gibt es noch drei Video Clips vom letzten Hughes Album und eine Fotogalerie.

Mit dieser DVD haben es die Macher geschafft, aus einem vermeintlich kleinen Event, einem intimen Club / Kneipen Konzert, ein absolut grandioses Erlebnis fürs Heimkino zu zaubern. Die Atmosphäre dieses ganz besonderen Abends ist zu jeder Sekunde nachvollziehbar, ja schon spürbar.
Das ist bisher noch keiner anderen DVD Produktion in dieser Intensität gelungen.

Einziger Wehmutstropfen: CD und DVD werden getrennt voneinander verkauft. Da die DVD noch mit einer Bonus Disc ausgeliefert wird, empfehle ich im Zweifelsfall den visuellen Datenträger. Wer aber die Knete für beide Outputs hat, kauft sich was fürs Leben. „Live In Australia“ hat nämlich das Zeug zum Klassiker.

Tracklist:
1. Coast To Coast
2. I Found A Woman
3. This Time Around
4. Nights In White Satin
5. Last Mistake
6. This House (nur DVD)
7. Frail
8. The Divine
9. This Is How I Feel
10. Whiter Shade Of Pale
11. Mistreated
12. Soul Mover
13. Gettin' Tighter
14. You Keep On Moving

Line Up:
Glenn Hughes – Guitar, Bass, Vocals
Lachlan Doley – Keyboards
J. J. Marsh – Guitar
Jimmy Barnes – Guest Vocals

DISCOGRAPHY:

1977 - Play me out
1982 - Hughes/Thrall
1992 - Blues
1994 - From now on..
1994 - Burning Japan..Live
1995 - Feel
1996 - Adiction
1999 - The way it is
2000 - Incense and peaches
2000 - Return of crystal Karma
2000 - A soulful Christmas
2001 - Building the Machine
2002 - Hughes Turner Projekt
2003 - Songs in the Key of Rock
2003 - Hughes Turner Projekt 2
2004 - Soulfully live in the City of Angels
2005 - Soul Mover
2006 - Music for the Divine
2007 - Live In Australia
2007 - Live In Australia (DVD)

SQUEALER-ROCKS Links:

Glenn Hughes - Music For The Divine (CD-Review)
Glenn Hughes - Soul Mover (CD-Review)
Glenn Hughes - Live In Australia (CD + DVD) (CD-Review)

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