Squealer-Rocks.de CD-Review
Manngard - European Cowards

Genre: Extreme Crossover
Review vom: 31.08.2007
Redakteur: Reaper
Veröffentlichung: 03.09.2007
Label: Candlelight



Manngard kommen aus Norwegen und spielen extremen Metal. Dies ist aber schon das Einzige, was sie mit den meisten ihrer Landesgenossen gemein haben, denn Manngard sind auf subtile Art und Weise anders. Schon alleine eine geschlossene Beschreibung ihres eigenwilligen Musikstils zu finden, stellt nahezu ein Ding der Unmöglichkeit da und bei einem Titel wie EUROPEAN COWARDS bleibt die unweigerliche Frage nicht aus, ob man genug Mut besitzt, sich an die 41 auf CD gepressten Minuten, die voll geballter Energie und Aggression stecken, heranzuwagen. Da kann ich nur frei nach der FSK sagen:
Das nachfolgende Album ist nur für Zuhörer mit starken Nerven freigegeben.

Wenn eine Aussage über extremen Metal nicht auf Manngard zutrifft, dann ist es jene, dass mit dieser Strömung unweigerlich eine gewisse Monotonie im Songwriting und den damit verbundenen musikalischen Ideen einhergeht, denn was die vier Verrückten aus Norwegen auf EUROPEAN COWARDS, ihrem zweiten Studioalbum, in einem einzigen Lied an Variationen abfeuern, ist mehr, als manche Band wohl in ihrer ganzen Geschichte zuwege gebracht hat. Auf gleichsam faszinierende wie erschütternde Weise paaren sich Death und Black Metal Elemente mit Thrash und New Metal Versätzen, so dass eine brisante Mischung entsteht, die den geneigten Zuhörer zum Mitdenken zwingt. Wer aber anhand dieser Beschreibung glaubt, dass dies bereits alles gewesen wäre und schon irgendwo mal gehört worden sei, der irrt sich aber mehr als nur gewaltig.

Mit „Pests In Pools Of Stagnant Water“, dem wohl eingängigen und zu gleich fassettenreichen Opener, werden all jene, die noch ob der Genre Bezeichnung ein hämisches Lächeln auf den Lippen tragen, eines Besseren belehrt. Unverfroren und nahtlos wechseln Manngard zwischen all den zuvor erwähnten Stilrichtungen des harten Metals, um sich dann sogar Finntroll’schen Humpa Klängen und horrorfilmartigen, schaurigen Gitarrenläufen nicht zu verschließen. Begleitet von irrwitzigen Tempo- und Rhythmuswechseln entfaltet sich somit schon zu Beginn ein unheimlich dichtes, musikalisches Werk, dem man fast schon ein unverschämtes „progressiv“ attestieren will. In „Expulsion Of The Assailants“, das in zwei Teile gespalten, alle Tempi von doomig langsam bis blackmetallisch schnell verknüpft, baut sich eine bedrückend düstere Stimmung auf, welche von erschlagenden Rhythmuswechseln des Gitarristen Olav Kristiseter, die teilweise dem Takt der Drums entgegensteuern, begleitet wird. Je nach Stück dominieren so einmal die einen, mal die anderen Elemente und schnell sucht man aus Berufsgründen nach Vergleichen, die von Anthrax über Six Feet Under bis hin zu System Of A Down und Vertretern der Crossover und Black Metal Szene reichen mögen. Die Frage nach der genauen Analyse der einzelnen Stücke erübrigt sich aufgrund all dieser Punkte von alleine, denn diese würde letztendlich in einer enzyklopädischen, alle Rahmen sprengenden Arbeit enden.

Soviel zum rein instrumentalen Aspekt der Nordlichter. Versucht euch nun einen Sänger vorzustellen, der all die genannten stilistischen Merkmale in sich vereint. Er müsste einwenig von John Bush (ehemals Anthrax, Armored Saint), Chris Barnes (Six Feet Under), Daron Malakian (System Of A Down), Zak Tell (Clawfinger) und Alexi Laiho (Children Of Bodom) haben, um vor dem ganzen instrumentalen Hintergrund nicht verloren auszusehen.
Und verloren sieht Frontschreier Olav Iversen wahrlich nicht aus. Mal dezent rappend, dann inbrünstig growlend, oder bösartig kreischend („Miasma“, „Expulsion Of The Assailants: Part II“) beweißt er eine unglaubliche Vielseitigkeit, wie sie wohl nur wenigen Sängern in diesem Metier beschieden ist, so dass der atemlos geöffnete Mund auch offen bleibt.

Gerade dieses Niederwalzende, durch die komplexe Härte und Aggressionsgeladenheit der Musik hervorgerufene, ist es, was EUROPEAN COWARDS und Manngard auszeichnet, sie aber gleichsam ungenießbar für die meisten Zeitgenossen werden lässt. Denn, während man als Zuhörer spätestens nach dem famosen „Miasma“ nach Atem ringend und niedergeprügelt mit zuckenden Gliedmaßen kaum mehr in der Lage ist, all die Elemente aufzunehmen, die die Norweger einem bieten, haben die vier noch lange nicht genug und setzten mit ihrem neunminütigen Kracher „You Smell Of Dust, Are You Alive?“ zum finalen Schlag an, der auch den standhaftesten Metaller auf den harten Ringboden holen wird.

Fazit: Wer es also wagt die CD in seinen Player einzulegen und die Starttaste noch soeben erreicht, dem wird alsbald die Kraft fehlen, sich vom niederschmetternden Sound der vier Norweger zu befreien. Denn unweigerlich zwingen sie den Zuhörer durch ihre vielschichtigen, versiert prügelnden Nummern in die Knie, so dass man am Ende atemlos vor sich hinstarrend fragt, welche Lawine einen da überrollt hat.
EUROPEAN COWARDS ist wahrlich nur denen zu empfehlen, deren musikalische Schmerzgrenze weit über dem Durchschnitt anzusiedeln ist.

Tracklist:
1. Pests In Pools Of Stagnant Water
2. Horrordementia
3. European Cowards
4. Republic Of Texas
5. Expulsion Of The Assailants - Part I: Implicit Approval Of Your Uninvited Guests
6. Expulsion Of The Assailants - Part II: Surgical Removal Of Your Evil Thoughts
7. Divine Justice
8. Evil Raping Evil
9. Miasma
10. You Smell Of Dust, Are You Alive?

Anspieltipps: Pests In Pools Of Stagnant Water, Expulsion Of The Assailants - Part II: Surgical Removal Of Your Evil Thoughts, Miasma

Line-Up:
Olav Iversen - Gesang
Olav Kristiseter - Gitarre
Einride Torvik - Bass
Iver Sandoey - Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2002 – Manngard (EP)
2006 – Circling Buzzards
2007 – European Cowards

SQUEALER-ROCKS Links:

Manngard - European Cowards (CD-Review)

Olav Kristiseter von Manngard (Interview)
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