Burkhard Schmitt von Hate Squad
(14.05.2008, Interview geführt von Jack)
Es gibt sie noch, die konstanten Größen der Musikszene, die nach wie vor zu ihren Aussagen und Idealen von einst stehen. Auch nach 15 Jahren sind Hate Squad aus der niedersächsischen Landeshauptstadt noch nicht müde, meldeten sich die Jungs doch erst kürzlich mit ihrem neuesten Bolzenschneider DEGÜELLO WARTUNES zu Wort. Squealer-Rocks.de sprach mit Frontmann Burkhard Schmitt über die Band, ihre Hintergründe, die Philosophie, die Szene und ungewünschte Parallelen.
Squealer-Rocks.de: Hey Burkhard! Nach vier Diskografie-Jahren meldet ihr euch zu euerem 15-jährigen Bandbestehen mit DEGÜELLO WARTUNES eindrucksvoll zurück. Was waren die Gründe für diese in der heutigen Musikzeitrechnung doch sehr lange Auszeit, die auch von rarer gesäten Live-Auftritten begleitet war?
Burkhard Schmitt: Im Prinzip haben wir da unsere eigene Zeitrechnung und machen uns da nicht von den Erwartungen anderer abhängig. Es hat schlicht und einfach damit zu tun, dass wir alle auch noch viele andere wichtige Dinge im Leben um die Ohren haben und uns so oft um die Band kümmern wie jeder kann, was allerdings natürlich mit zunehmendem Alter, sprich zunehmenden Verpflichtungen, eher weniger wird als mehr. Außerdem sind wir alle am Songwriting beteiligt und erarbeiten die Musik auch zusammen. Erst, wenn alle zufrieden sind, wird ne Platte aufgenommen und dann, weil wir ready sind und heiß drauf und nicht, weil es mal wieder dringend Zeit wäre und irgendwer rumdrängelt! Ähnlich verhält sich es auch mit Live-Shows, wobei wir dieses und nächstes Jahr auf jeden Fall sehr viel mehr Shows spielen wollen als die letzten drei bis vier Jahre, das hängt aber auch leider nicht immer nur von uns ab, wo und wann wir zu sehen sind...
Squealer-Rocks.de: Genug Vergangenheitsgeplänkel: DEGÜELLO WARTUNES nimmt kein Blatt vor den Mund und prügelt gnadenlos auf den Hörer ein. Was meint ihr: Ist es euer aggressivstes Werk?
Burkhard Schmitt: Wie meinst Du das nun genau? Also von unseren Alben sicher die ersten beiden und die letzten beiden Scheiben…wenn Du die Songs auf DEGÜELLO WARTUNES meinst, dann sind da sicher einige zu nennen, wie z.B. „Anger from the gutter“, „Rise up“, „Aggro Manticore“ oder „Killing Spree“. Im Prinzip denke ich das alle Hate Squad Veröffentlichungen eine mehr oder weniger aggressive Ader haben, sogar auch die Demos oder auch die „Sub zero“ Remixe oder auch die PZYCO!…Du wirst auf jeder Hate Squad Veröffentlichung immer Aggressionen hören, zwar nicht immer durchgehend, aber sie sind immer vorhanden! Auch wenn uns das ja manchmal nachgesagt wird, aber vom Härtegrad her gesehen haben wir sicher keineswegs nachgelassen, eher im Gegenteil…und das ist auch sehr gut so (lacht).
Squealer-Rocks.de: Mit „Hannover H8core“ befindet sich auch eine amtliche Stadionhymne auf der neuen Platte. Da fragt man sich ja nur noch: Wann spielt ihr den Song in der AWD-Arena? Was erwartet ihr künftig bei der Live-Performance des Songs vom Publikum?
Burkhard Schmitt: Hahaha, also ich würde jeder Zeit gerne in der AWD Arena spielen, zu welchem Anlass auch immer…und meine Jungs sicher ebenfalls. Allerdings muss ich auch sagen das dieser Song im Prinzip nur sekundär wirklich etwas mit Fußball zu tun hat, es ist ja schließlich kein Text über einen bestimmten Verein oder ein Fun Song. Der Song ist dann eher zu sehen als grundsätzliche Message von Hate Squad in extrem lokalpatriotischem Outfit an Leute die immer noch nicht begriffen haben, worum es uns geht, was wir machen und wofür wir stehen…und auch ebenso was wir nicht sind, wollen oder jemals sein werden. Im Prinzip ist es nur ein Begriff der unsere Musik plakativ unterstreichen soll…eben nur ein fuckin’ Wort um uns zu beschreiben. Einfach nichts anderes als wenn ich anstatt „Hannover H8core“ den Song „Extreme angry Thrash Death Metal with Hardcore from Hannover - Fuck you!“ genannt hätte (lacht). Wenn wir den Song live spielen, dann erwarten wir das die Leute abgehen und Spaß haben und wer Lust hat natürlich mitzubrüllen, der Chorus ist ja nun echt nicht schwer...und wer Lust hat soll halt das „Hannover“ spontan durch seine Stadt ersetzen…auch „Hamburger H8core“ oder „Berliner H8core“ würde sicher gut klappen…zumal ja unser Bassist Bauke eh nun ein Hamburger ist, dann passt das auch wieder (lacht).
Squealer-Rocks.de: Die Brutalität und Aggressivität impliziert ja nicht nur euere Instrumentierung, sondern auch die Lyrik, die auf den ersten Blick doch sehr direkt rüber kommt. Wie würdet ihr euere Texte unter einem Slogan am besten zusammenfassen?
Burkhard Schmitt: Huh das ist dann aber ein langer Slogan…wie klingt das z.B. “Direct-angry-brutal-sick-hateful-wartunes-against-injustice-war-and-poverty“? Keine Ahnung, alles was mich irgendwie beschäftigt, packe ich in die Lyrics, wobei ich sagen muss das ich zu 99% jedoch das Thema Liebe komplett außen vorlasse! Nicht, weil ich es unwichtig finde, sondern weil ich einfach vieles in diesem Thema lieber mit ganz anderer Musik verarbeiten würde…wenn man z.B. wirklichen Kummer hat, dann ist man ja eher auch traurig gestimmt und nicht sofort gleich wütend, das kommt dann vielleicht bei mir hinterher irgendwann! Jedenfalls, die einzigen Hate Squad Songs wo ich je wirklich etwas in dieser Richtung textlich gemacht habe waren „Just a dream“ und wenn überhaupt noch „Love/Hate“, ansonsten kommt dann doch eher die Wut und Hass durch und das passt auch zu Hate Squad am Besten und ich bin froh das ich es auf diese Weise kanalisieren kann (lacht).
Squealer-Rocks.de: Auch die Gästeliste des Albums weist einige interessante Namen wie zum Beispiel Marcus Bischoff, den Heaven Shall Burn Frontmann, auf. Besteht zwischen Hate Squad und Heaven Shall Burn eine spezielle Beziehung oder wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Burkhard Schmitt: Eine spezielle Beziehung wäre vielleicht übertrieben, aber wir kennen die HSB Jungs und mögen sie ebenso wie deren Musik. Als dann Heaven Shall Burn „Not my God“ von uns als Bonustrack für das ANTIGONE Album coverten, fand ich das schon sehr sehr geil, zumal es eine hammerfette Version geworden ist und irgendwie war dann der Kontakt irgendwann da. Die Sache war aber auch sehr spontan und ich kann nur sagen das Marcus Bischoff von HSB, aber auch sein Maintain Kollege Timo Böhling, der ja ebenfalls da war, ihre Sache supergeil gemacht haben und für diese spontane Aktion auch sehr professionell! Es hat echt Spaß gemacht…davon abgesehen finde ich es eh geil, wenn auf Alben mal Gäste dabei sind, die hier und da auch noch einen gewissen Akzent setzen können…da ist leider der Metal Bereich (mal von Ausnahmen wie Soulfly etc. abgesehen) meiner Ansicht nach auch noch recht weit zurück, wenn man es mal z.B. mit der Hardcore Szene oder auch dem Hip Hop vergleicht. Gerade, was Sänger im Metal Bereich angeht, die sind wirklich immer schnell angepisst - habe ich erlebt - wenn sie nicht allein die Frontdiva spielen dürfen, wie gesagt das ist in anderen Szenen etwas anders und da können sich viele Bands noch was abgucken, die meinen sie wären real! Da ich ja nun mal Sänger bin, kann ich mir eigentlich vorstellen bei so gut wie allem mitzumachen, wo ich einen Laut aus meinem Mund rauslassen muss…und ich denke das geht sicher anderen ebenso, weshalb ich solche Kombinationen mit mehreren Stimmen immer äußerst interessant finde, egal in welcher Form (lacht).
Squealer-Rocks.de: Musikalisch könnte man euch auch ohne weiteres auf den Metalcore-Zug aufspringen lassen. Mit euerer klaren H8core-Bekundung wehrt ich euch jedoch inständig gegen die Pauschalisierung. Hate Squad werden diesen Trend definitiv überleben, oder?
Burkhard Schmitt: Ähm, was heißt überleben bzw. auf einen Zug aufspringen, ich denke mal wir waren ja schon lange da, bevor es überhaupt ein Trend wurde bzw. einen Zug in dieser Richtung gab! Wenn man unter Metalcore versteht, dass schneller (Thrash) Metal mit der Aggression des Hardcore und der Brutalität des Death Metal gepaart wird, dann ist es ja so ziemlich genau das, was wir machen und das auch nicht erst seit zehn Jahren, sondern ja schon seit 15 Jahren…da fragst Du mich nun nicht ernsthaft, ob wir es überleben werden, oder? Solange ich lebe, werde ich diese Musik lieben und so lange ich sie liebe, werde ich versuchen etwas in dieser Richtung zu machen…und so lange wird es auch mit Sicherheit Hate Squad noch geben. Ich sage Dir jetzt mal was ganz Exklusives: Selbst wenn sich in dieser großen weiten Welt niemand aber auch niemand finden sollte, der jemals wieder eine Hate Squad Platte veröffentlichen würde…dann würde ich es halt wieder selbst machen, so wie wir es mit unserem ersten Demo gemacht haben, das hat immerhin mehr gerissen als heute so manche Platte diverser Bands. Das geht alles und es zeigen viele Bands permanent im Underground, dass sie auch ohne Label etc. gute CDs an den Start bekommen und geile Arbeit leisten, warum auch nicht? DIY – das ist und war im Prinzip schon immer meine Devise und wenn es eines Tages so sein sollte, dass es wieder auf diesem Level landet, nun ja dann ist es halt so und fertig ist die Kiste, dann weiß ich aber wenigstens was zu tun ist...meine Erfahrungen habe ich gesammelt und die kann mir keiner mehr nehmen. Im Prinzip mache ich persönlich das ganze Theater mit der Musik aus genau zwei Gründen: Ich will, wenn möglich, viele CDs aufnehmen und wenn möglich viele tolle Shows spielen, alles andere ist eh Illusion und für mich mehr oder weniger unwichtig geworden, ob es dahingehend mit Hate Squad noch mal durchstartet oder eben nicht. Das liegt auch nicht allein in unserer Hand. Die Leute müssen sich ja entscheiden, welche CDs sie kaufen bzw. wen sie supporten und damit ebenso gleichzeitig welche Bands z.B. auf welchem Festival spielen etc., wenn keiner unseren Kram kauft, dann kann ich niemanden dazu zwingen und ich will es auch absolut nicht! Ich glaube kaum, dass wir auch nur eine einzige CD weniger verkaufen würden, wenn kein Mensch mehr das Wort Metalcore in den Mund nehmen würde, denn wir haben bisher nicht wirklich gespürt, dass unsere Verkäufe dadurch stark angezogen hätten, nur weil es diesen Trend gibt…aber das Gute ist auch, es hat dadurch aber auch nicht nachgelassen, d.h. wir haben unsere kleine aber feine Fanbasis und die ist eher gerade am wachsen als am schrumpfen (lacht). Trend hin oder her, wir werden es überleben soviel ist sicher!
Squealer-Rocks.de: Eueren Style beschreibt ihr ja selbst als „Hatecore“ (bzw. „H8core“). Meine ersten Erfahrungen mit dieser Begrifflichkeit beliefen sich auf rechtsextreme Bands, die mit diesem Schlagwort negativ für „Furore“ sorgten. Inwieweit hattet ihr in euerer bisherigen Bandhistorie damit ernsthafte Schwierigkeiten?
Burkhard Schmitt: Das glaube ich Dir gerne…dann wird Dir sicher auch eine Legende wie SFA nix sagen, die schon 1989/90 den Begriff „Hatecore“ bzw. „New York City Hatecore“ prägte, schau mal bei Wikipedia was darüber so geschrieben steht oder auch bei Youtube findest Du ein Video, wo der SFA Sänger die ganze Sache auch noch mal vor ner Kamera erklärt, was er unter Hatecore versteht und das deckt sich so ziemlich mit meinem Bezug zu dieser Begrifflichkeit. Lustigerweise ist das SFA Video auf Youtube auch noch aus Hannover, hahaha…also da schließt sich wieder der Kreis.
Wir haben dann im Prinzip, jung und naiv wie wir waren, so um 1992/93 rum einfach mal ne Band gegründet, diese Hate Squad genannt (nicht wegen SFA, das war eher einfach so ein Geistesblitz, den alle gut fanden) und einfach gedacht das z.B. ein „H8“ (amerikanische Slang Abkürzung für „Hate“) doch ein sehr geiles Logo abgeben könnte und dann kam auch diese Idee auf das Ganze „Hannover H8core“ zu nennen, was ja auch sehr nahe lag bei dem Logo und dem Bandnamen…Corporate Identity sozusagen in allen Bereichen (lacht).
Zumal dieses „H8“ damals KEINER benutzte, nicht SFA, nicht Hatebreed und auch schon gar keine Nazis, auch wenn man heute schön versucht dem „H8“ die selbe Bedeutung aufzudrücken wie z.B. der „88“! Irgendwie sind da die deutschen Rechten auch echt genau so kleine Gauner wie irgendwelche Produktpiraten aus China, die klauen echt alles was nicht niet und nagelfest ist, das kann sogar direkt von der Antifa ein abgewandeltes Logo sein oder sonst was, Hauptsache es passt irgendwie in das Bild bzw. Image…und da ist natürlich alles was mit Hass zu tun hat sehr willkommen! Nur, was können wir dafür, zumal wir das schon alles viele Jahre verwendeten bevor die Rechten überhaupt auf diese Idee gekommen sind? Dieses Wort „Hass“ alleine steht eigentlich auch viel eher für rasende Wut als für blinden dumpfen Hass auf andersartiges. Hass hat für mich persönlich aber auch rein gar nichts mit Rassismus oder ähnlichem zu tun, denn in meiner Welt kennt Hass keine Farben…vielleicht gut und böse, arm und reich, gerecht und ungerecht, kalt und mitfühlend, aber sicher keine Hautfarben und schon gar nicht den Wunsch nach einer neuen Nazidiktatur! Ich wünschte die Leute würden sich etwas mehr mit unseren Texten beschäftigen so simpel und langweilig sie für manche auch sein mögen, aber dann würde Vieles über unsere Ansichten klarer werden – wer sich mal genau die Lyrics zu „Hannover H8core“ oder auch „Free at Last“ durchliest, der wird sicher nicht mehr annehmen das Hate Squad eine rechte bzw. rassistische Band sein könnten. Genauso wer sich die Texte mal zu „Bastards“ oder „Aggro Manticore“ durchliest wird feststellen das wir sogar eine eher unpolitische, wenn nicht sogar antipolitische Band sind, ich hasse Politik und das ist z.B. ein Hass der sich aufrecht vertreten lässt finde ich!
Squealer-Rocks.de: Eine perverse und mich immer wieder fuchsteufelswild machende Entwicklung bei uns im Süden ist die, dass die sich selbst als „Metalheads“ bezeichnenden Leute stets Konzerte in der Region einfordern, zu den wenigen Events dann aber doch nicht erscheinen. Die Folge: Schlecht besuchte Konzerte und nur in den seltensten Fällen eine gute Stimmung. Das dürfte im Norden kaum anders sein, oder?
Burkhard Schmitt: Och, also da kann ich jetzt nicht so viel zu sagen und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich mir darüber nicht wirklich Gedanken mache. Wenn ein Konzert ist und ich die Band unbedingt sehen will, dann gehe ich hin, wenn nicht dann nicht. So werden das alle anderen ebenfalls tun und mal sind es halt mehr, mal weniger Leute. Ich schrei da persönlich auch nach nichts, ich nehme es, wie es kommt. Die letzten Jahre war in Hannover immer etwas weniger los, wird aber auffällig wieder mehr. Dieses Jahr war z.B. was Hannover angeht für mich persönlich recht gut bisher: Dismember, Fall Of Serenity, Lay Down Rotten, Overkill, Mortal Sin, Exodus etc. und die Shows waren schon O.K. besucht, auch kleinere Konzerte sind völlig O.K. besucht hier bei uns, soweit ich das beurteilen kann (lacht). Was unsere eigenen Shows angeht, frage ich mich auch manchmal, warum in einer bestimmten Stadt zu einer Hate Squad Headliner Show mal 70 Leute kommen und mal auch 600! Ich habe keine Ahnung, warum dies so ist, kann aber an dieser Stelle nur alle auffordern zu unseren Shows zu kommen wenn sich eine Gelegenheit bietet und die sind ja bekanntlich rarer geworden, also wenn Chance da dann alle Leute Chance nutzen und vorbeikommen (lacht).
Squealer-Rocks.de: That’s it! Ich bedanke mich vielmals für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir!
Burkhard Schmitt: Vielen Dank für das Interesse an Hate Squad, wir wissen das zu schätzen! Wer meint er kann generell mit uns was anfangen, sollte unbedingt das neue Album anchecken und wenn wir wieder irgendwo in der Nähe zocken, dann schaut vorbei! Vielen Dank an alle die uns die letzten 15 Jahre so massiv unterstützt haben…Hate Squad sind noch lange nicht tot!
NEVER SURRENDER…DIE FIGHTING!
DISCOGRAPHY:
1994 - Theater Of Hate
1995 - I.Q. Zero
1996 - Sub Zero - The Remixes
1997 - Pzyco!
2004 - H8 For The Masses
2008 - Degüllo Wartunes
SQUEALER-ROCKS Links:
Hate Squad - Degüello Wartunes (CD-Review)
Burkhard Schmitt von Hate Squad (Interview)