Coert Bouten von Delphian

(27.05.2007, Interview geführt von Jack)

Die Niederlanden. Eine Nation, die in den nächsten 20 bis 50 Jahren in ein neues Atlantis verwandelt wird, entdeckt die progressive Rockmusik. Nach Sun Caged versuchen Delphian dem Land ein festes Standbein auf dem Spielplatz der Virtuosen aufzubauen. SQUEALER-ROCKS.de plauderte mit Gitarrist Coert Bouten über die neue Platte, Within Temptation Vergleiche und vieles mehr.

Squealer-Rocks.de: Hi! Mit UNRAVEL habt ihr gerade eueren zweiten Longplayer herausgebracht. Es wird oft gemunkelt, dass das zweite Album das am schwierigsten zu schreibende sei. Die Gründe liegen angefangen bei einer urplötzlich entstandenen Erwartungshaltung seitens der Presse und Fans auf der Hand. War bei euch solch eine "Angst" zu spüren?

Coert Bouten: Wir haben das auf jeden Fall nicht so erfahren. Als wir damals unser erstes Album ORACLE aufgenommen haben, spielten wir erst seit einem Jahr in der jetzigen Besetzung zusammen und hatten ziemlich viele alte Songs. Diese Songs hatten Roel (an Helden, Schlagzeuger - Anm.d.Red.) und ich im Verlauf der ersten drei Jahren geschrieben und wir hatten damals kein Sängerin. Deshalb war es ziemlich schwierig die Songs an eine zusätzliche Sängerin anzupassen (es waren ziemlich komplexe instrumentale Songstrukturen). Für UNRAVEL haben Roel und ich die meisten Songs geschrieben, aber wir haben die Songs mit der ganzen Band arrangiert. Es war deshalb sogar einfacher, weil jeder etwas beigetragen hat.

Squealer-Rocks.de: Als Journalist versucht man in der Regel alles und jeden in eine Schublade zu stecken. Im Falle von Delphian und dem Album UNRAVEL ist mir dies allerdings nicht gelungen. Für Melodic Metal ist es zu bedacht und komplex. Für Symphonic Metal fehlen die ausufernden Keyboardpassagen usw.. Hast du eine geeignete Genrebezeichnung parat?

Coert Bouten: Wir bezeichnen unser Musik als Progressive Rock/Metal, aber wir haben ziemlich viele Geschmacksrichtungen in unserem Stil integriert. Auf jeden Fall kein Gothic, weil wir ganz und gar nichts mit diesem fröhlich hüpfenden Strumpfhosen-Metal zu tun haben. Der Fakt, dass wir eine Sängerin und keinen Sänger in unseren Reihen haben, bringt manche Leute auf diese Idee, das kotzt mich immer wieder an.
Unserer Interessen liegen weit auseinander: Roel mag Marillion, Queensryche und Dream Theater, Aniek mag 70-er Musik, Sjoerd mag Guns'n'Roses, Marcel mag alles was mit Metal zu tun hat und ich mag Opeth, Nevermore, Iron Maiden und Porcupine Tree usw.. Wir haben nicht wirklich ein Vorbild, an dem wir uns anlehnen. Das macht unser Musik auch abwechslungsreich. In der Band muss jeder zufrieden sein mit einem Song.

Squealer-Rocks.de: Die - mir sehr zusagende - Produktion des neuen Albums habt ihr selbst in die Hand genommen. Warum habt ihr nicht auf die Dienste eines "richtigen" Produzenten zurückgegriffen?

Coert Bouten: Das hat einfach mit Geld zu tun, wir haben für UNRAVEL selbst das Geld beisteuern müssen, um das Ganze so hinzukriegen wie es jetzt ist. Aber immer noch besser als das Geld wieder in einer Kneipe zu versaufen.

Squealer-Rocks.de: Als wie schwierig würdest du es im Nachhinein einstufen, wenn man seine eigenen Songs selbst produziert und kein "Außenstehender" mit Rat und Tat zur Seite steht?

Coert Bouten: Das ist eine riesige Herausforderung, aber wir haben bis jetzt auch noch nie einen Produzenten gehabt. Ich denke, wir haben aus unsern ersten zwei Aufnahmen (DEMO und ORACLE) viel gelernt und diese Erfahrung haben wir beim Schreiben von UNRAVEL zu Nutzen gemacht.

Squealer-Rocks.de: Müsste ich mir ein Highlight von UNRAVEL herauspicken, dann würde ich mich nach langer Überlegungszeit wohl für den Zehnminüter "Air" entscheiden. Dieser Song bündelt alle Stärken von Delphian.
Wie kam dabei die Zusammenarbeit mit Leon Brouwer, der den männlichen Gesangspart übernahm, zustande und was macht er, wenn er nicht gerade als Gastsänger bei euch gebraucht wird? (grinst)

Coert Bouten: Da hast du recht! Roel und Aniek (Janssen, Sängerin - Anm.d.Red.) haben "Air" geschrieben und Aniek hatte das Lied als Duett gedacht. Leon kennen wir über den Sun Caged Keyboardplayer Rene Kroon. Die beiden spielen zusammen in einer Band namens "The Barstool Philosophers". Aniek hat damals Leon gefragt ob er Bock hätte ein Duett zusammen mit Delphian aufzunehmen. Rene spielt übrigens die Keyboard-Parts von "Air".

Squealer-Rocks.de: Die Niederlanden und Within Temptation. Egal, welcher Musik man letzten Endes nachgeht, eine Band aus den Niederlanden wird in fast allen Fällen mit Within Temptation verglichen - insbesondere dann, wenn sie eine Sängerin besitzt. Wie entgegnet ihr diesen Vergleichen?

Coert Bouten: Within Temptation ist eine gute Band mit großem internationalem Erfolg. Das es auch Leute gibt, die sich nicht die Mühe geben, um unsere Musik anzuhören, und dann einfach den Stempel "Within Temptation" auf unser Musik drücken, ist aber ziemlich nervig. Weil wir, außer dem Faktum, dass wir eine Sängerin haben, nicht viele Übereinstimmungen mit dieser Band haben (deren Erfolg wäre aber gut (lacht)). Aber man muss damit leben können.

Squealer-Rocks.de: Jetzt da die Platte über Lion Music veröffentlicht wurde, was kommt als Nächstes? Was erhofft ihr euch von dieser Zusammenarbeit und wohin soll euch das Unterfangen "Delphian" langfristig führen?

Coert Bouten: Erstens viel Zeit auf der Bühne (auch in Deutschland!!) verbringen (wir arbeiten an einer Vielzahl von Auftritten). Danach werden wir mit den Arbeiten an unserem dritten Album beginnen.

Squealer-Rocks.de: Thema Live-Auftritte: Wann und wo kann man Delphian live bewundern?

Coert Bouten: Bis jetzt nur in den Niederlanden, aber wir arbeiten an Auftrittmöglichkeiten in Deutschland. Deutschland ist immerhin ein riesiges Metal-Land. Die aktuellen Auftritte stehen auf unserer Website www.delphian-metal.nl.

Squealer-Rocks.de: Was treibt ihr, wenn ihr nicht mit Delphian beschäftigt seid? Von Schlagzeuger Roel van Helden weiß man, dass er noch bei der Progband Sun Caged involviert ist. Wie sieht's beim Rest aus?

Coert Bouten: Wir sind die restliche Zeit besoffen, insbesondere Sjoerd (Hoeijmakers, Basser - Anm.d.Red.), weil er unser Rock'n'Roll Faktor und unser Junggeselle ist (Damen: Ihr könnt ihm eine E-Mail schicken, seine Mailadresse findet ihr auf unserer Internetsite). Ansonsten haben wir einige musikalische Projekten neben Delphian laufen: Roel hat Sun Caged, Aniek Dogtroup und Invited und ich habe eine tolle akustische Combo, Coma genannt, am Laufen und arbeite auch an einem Solo-Projekt.

Squealer-Rocks.de: Die Metalheads älteren Semesters reden gerne davon, wie schön die Achtziger waren und dass heutzutage beileibe nicht mehr so viele gute Alben veröffentlicht werden. Wenn ich mir aber anschaue wie viele fantastische CDs des Jahres 2007 mein Regal füllen, dann muss ich ihnen ganz klar widersprechen. Wie siehst du das?

Coert Bouten: Die Achtziger waren das erste richtige Jahrzehnt des Metals, fast alles war damals neu und revolutionär. Aber Bands wie Opeth, Porcupine Tree, Nevemore usw. zeigen mir, dass es heutzutage auch noch reichlich talentierte Musiker gibt. Und wir können uns alle wieder auf Maiden live in diesem Jahr freuen, das ist immer gut.

Squealer-Rocks.de: Das war's auch schon! Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit Delphian. Die letzten Worte gehören Dir!

Coert Bouten: Kommt alle mal zu unseren Konzerten, wenn wir in eurer Nähe spielen!! Cheers, Coert


DISCOGRAPHY:

2004 – Demo
2005 – Oracle
2007 – Unravel

SQUEALER-ROCKS Links:

Delphian - Unravel (CD-Review)
Coert Bouten von Delphian (Interview)


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