Squealer-Rocks.de DVD-Review
BAP - Rockpalast 1981-2006

Genre: Rock
Review vom: 14.06.2009
Redakteur: Eric
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: EMI



Dass BAP eine in vieler Hinsicht ungewöhnliche Band sind, ist keine bahnbrechende Neuigkeit. Dass sich meine Berührungspunkte mit der Kapelle bis zum Rock Of Ages-Festival vor 2 Jahren auf die üblichen Hits beschränkte, ist völlig uninteressant. Dass ich aber jetzt, wo ich Blut geleckt habe am kölschen Sound der Band, die Rockpalast-DVD's zum Besprechen auf dem Tisch liegen habe, ist dagegen höchst erfreulich und passt wie Arsch auf Eimer.

BAP halten einige Rekorde. Einer davon besteht in den Teilnahmen beim Rockpalast: Nicht weniger als sieben Mal war die Truppe dort zu Gast, so oft wie kein anderer Künstler. Vier Mitschnitte davon könnt ihr euch nun ins heimische Wohnzimmer holen und damit eine beeindruckende Zeitspanne vom ersten Auftritt 1981 in der Hamburger Markthalle bis zum damit kaum noch vergleichbaren Mega-Jubiläumsevent in der Köln-Arena vor ungefähr drei Jahren.

Natürlich sollte man an die Aufzeichnung des Gigs in der Markthalle Hamburg im Jahr 1981 von der Aufmachung keine allzu hohen Erwartungen richten. Da ist nix mit Breitbildformat oder krachendem, perfektem Sound. Der Reiz dieser DVD bezieht sich dann auch aus ganz anderer Quelle: BAP zu Gast im „Ausland“, zu Beginn einer großen Karriere und doch schon mit einem Erfolgsalbum im Rücken. Mit einer Bühnenshow, die mit Jahrzehnten Distanz stellenweise etwas befremdlich anmutet, beispielsweise Niedecken's Ansage zu „Stell Dir Vüür“. Dennoch, die Entertainer-Qualitäten des charismatischen Frontmanns waren schon damals extrem ausgeprägt, und etliche Nummern des Gigs von vor fast 30 Jahren sind auch noch heute Bestandteil einer jeden BAP-Show. Mit „Müsli Män“, „'Ne schöne Jrooss“, „Waschsalon“ und natürlich dem Band-Überhit „Verdamp Lang Her“ verließen BAP die „ausländische“ Halle in Hamburg umjubelt und gefeiert.

Im Musical Dome 1999 waren die Voraussetzungen gänzlich andere. Nach einer höchst erfolgreichen Zeit gingen die Kölner durch eine Krise, manifestiert durch den Abgang von Klaus „Major“ Heuser. Der Major zeichnete immerhin bis dato für das Songwriting verantwortlich, und in den zurückliegenden Jahren hatten BAP gesamtdeutsch betrachtet etwas an Popularität verloren. Im Rahmen einer Rockpalast-Aufzeichnung spielten sie in dem Jahr zum ersten Mal im Musical Dome in Köln. Ein Gig der etwas anderen Art: Die Musiker fein gewandet, das Publikum sitzend und die Setlist mit etlichen eher unbekannten Perlen, die laut O-Ton Niedecken „auf den großen Konzerten keinen Platz finden, weil wir die Leute da ja auf Zug halten müssen.“ Es waren die neuen, die veränderten BAP, und so präsentierten sie ihre Songs, auch die altbekannten: In neuen Gewändern. Niedecken hatte sein einzigartiges, charismatisches Profil auf der Bühne vollständig ausgeprägt und erinnerte nicht nur bei seinen mal launigen, mal nachdenklichen, aber immer authentischen Ansagen an den Boss persönlich. So stand am Ende ein umjubelter, alternativer Gig und die Erkenntnis: Heuser war durchaus ersetzbar, und Helmut Krumminga hatte seine Feuertaufe bestanden.

Zwei Jahre später sah die Sache schon ganz anders aus, bild- und tongeworden nachgewiesen mit der Aufnahme 2001 Tote Brücke Euskirchen. Die Besetzung ist die selbe wie zwei Jahre vorher im Musical Dome, und wie Peter Rüchel treffend anmerkt, sie hatte sich durchgesetzt. Meldungen über die Auflösung der Kapelle hatten nicht enden wollen und BAP antworteten darauf mit „Aff un zo“, einem der wohl stärksten Alben in der Bandgeschichte. Logisch, dass die Songs dieses Albums den Mittelpunkt der Show bilden, genau genommen wird das Album sogar komplett gezockt. Damit wird natürlich die Auswahl an Klassikern auf dieser DVD eher reduziert. Auch wenn selbstredend Klopper wie „Verdamp lang her“ oder „Waschsalon“ nicht fehlen dürfen: Für den Gelegenheitsfan dürfte dieser Rockpalast-Mitschnitt nicht eben das erste Mittel der Wahl sein. Der Stimmung bei diesem Open Air am Fuße der „Toten Brücke“, einem sinnlosen Bau aus den 70ern, tut das jedenfalls keinen Abbruch. Sound und Bild sind absolut in Ordnung, Bonusmaterial sollte allerdings keiner erwarten.

Den krönenden Höhepunkt der Serie bildet dann aber zweifellos die Kölnarena 2006. Eine Band wird gefeiert und feiert sich selbst, höchst verdient nach 30 Jahren feinster Rockmusik. Die imposante Kölnarena ist ausverkauft, natürlich, und bildet den würdigen Rahmen für mehr als 30 Songs, verteilt auf zwei Silberlinge. Hier gibt’s dann tatsächlich ein „Best Of“ aus drei Dekaden BAP, frenetisch umjubelt und Rockpalast-typisch höchst professionell und ohne Anbiederung an MTV-Clip-Hektik in Szene gesetzt. Hier spielt eine große Band ein großes Konzert, Gastauftritte beispielsweise von Thomas D. oder Culcha Candela eingeschlossen. Ein bombastischer Sound und eine bestens aufgelegte Band sorgen dafür, dass das Publikum vom ersten Ton an steil geht und die Stimmung während der gesamten Show nicht einen Moment in den Keller rutscht. Niedecken selbst schlägt gegen Ende des Konzertes den Bogen zum Gig in der Hamburger Markthalle, der zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre zurückliegt. So rahmt dann am Ende die legendäre WDR-Serie ein Vierteljahrhundert BAP-Karriere ein, ein Ende ist nicht absehbar.

Was für ein Fazit kann man ziehen nach soviel Kölschrock? Jede Veröffentlichung hat ihren Reiz und damit ihre Berechtigung. Den 81er Auftritt in Hamburg werden vor allem ältere Rockfans mit dem ein oder anderen wehmütigen Seufzer begleiten. Eine junge Band am Anfang einer großen Karriere, da schaut man gerne nochmal hin. Der „etwas andere“ Gig im Musical Dome, als die Band in unruhige Fahrwasser geraten war und dennoch oder gerade deshalb bewies, welche Größe in ihr steckt. Zwei Jahre später das Open Air an der Toten Brücke mit einem stabilen Line-Up und einem klasse Album im Gepäck. Und natürlich die Jubiläumsfeierlichkeiten in ganz großem Stil vor drei Jahren in der Kölner Arena. Fans der Kapelle werden an sämtlichen Veröffentlichungen kaum herumkommen, der Teilzeit-BAP-Hörer ist ohne Zweifel mit dem mächtigen Arena-Gig am besten bedient. Tolle Songauswahl, tolles Bild, toller Sound: Im Grunde eine Pflichtanschaffung für jeden Rocker-Haushalt.

Tracklist Markthalle Hamburg 1981

1.Rockpalast Vorspann
2.Morgenmagazin
3.'ne schöne Jrooss
4.Stell dir vüür
5.Südstadt verzäll nix
6.Stollwerck Leed
7.Wat Ess?
8.Jraaduss
9.Neppes, Ihrefeld un Kreuzberg
10.Helfe kann dir Keiner
11.Frau, ich freu mich
12.Müsli Man
13.Ruut-Wiess-Blau Querjestriefte Frau
14.Jupp
15.Pardong
16.Anna
17.Verdamp lang her
18.Wo mer endlich Sommer hann
19.Waschsalon
20.Liebeslied
21.Hang On Sloopy
22.Wahnsinn
23.Et letzte Leed
24.Wie 'ne Stein
25.Dat bin ich nit
26.Das große Schu-Bi-Du

Tracklist Musical Dome Köln 1999

CD 1
1.Rockpalast Vorspann
2.Vum Donnernde Lääve
3.'ne schöne Jrooss
4.Niehmols verstonn
5.Diss naach ess alless drinn
6.Rock'n'Roll Star
7.Müsli Man
8.Für 'ne Moment
9.Rita, mir zwei
10.Wat, usser Rock'n'Roll?
11.Allerletzte Chance
12.Nemm mich met
13.Verdamp lang her
14.Jede Draum jedräump
15.Jupp
16.Arsch huh, Zäng ussenander
17.Mayday!
18.Leechterkette Locke
19.Novembermorje
20.Ann' ner Leitplank
21.Miss Samatha's Exclusiv-Discount-Jeschenkboutik
22.Ruut-Wiess Blau Querjestreifte Frau
23.Ewije Affhängerei
24.Maat et joot

CD 2
25.Vill passiert sickher
26.Hungry Heart
27.Hück es sing Band en der Stadt
28.Et letzte Leed
29.Helfe kann dir Keiner

Tracklist Tote Brücke 2001

1.Rockpalast Vorspann / Ansage
2.Rock'n'Roll Star
3.Wat 'e Johr
4.Aff un zo
5.Eddie's Radio Show
6.Shoeshine
7.Mau Mau
8.Vill passiert sickher
9.Die Morität von Jan und Griet
10.Kilometerweit entfernt
11.Souvenirs
12.Chippendale Dash
13.Nix wie bessher
14.Noh zahle Mohle
15.Suwiesu
16.Hück ess sing Band en der Stadt
17.Irjenden Rock'n'Roll-Band
18.Dir allein
19.Istanbul
20.Diss naaches alles drinn
21.Verdamp lang her
22.Arsch huh, Zäng ussenander
23.Für 'ne Moment
24.Maat et joot
25.Leopardenfellhoot
26.Waschsalon
27.Hey Hey, My My …
28.Wat schriev mer en su einem Fall?

Tracklist Kölnarena 2006

CD 1
1.Rockpalast Vorspann
2.Wahnsinn
3.Waschsalon
4.Ahl Männer, aalglatt
5.Diss naach es alles drinn
6.Helfe kann dir keiner
7.Dreimohl zehn Johre
8.Hurricane
9.Stell dir vüür
10.Rita, mir zwei
11.Ahnunfürsich
12.'ne schöne Jroos
s 13.Nix wie bessher
14.Aff un zo
15.Rövver noh Tanger
16.Widderlich
17.Jupp
18.Paar Daach fröher
19.Time Is Cash, Time Is Money
20.Lena
21.Nemm mich met
22.Unger Krahnebäume
23.Kristallnaach
24.Alexandra, nit nur do

CD 2
25.Für 'ne Moment
26.Frau, ich freu mich
27.Verdamp lang her
28.Do kanns zaubere
29.Jraaduss
30.Wellenreiter
31.Nähxte Stadt
32.Maat et joot
33.Hungry Heart

DISCOGRAPHY:

1979 - BAP rockt andere kölsche Leeder
1980 - Affjetaut
1981 - Für Usszeschnigge
1981 - Rockpalast Hamburg Markthalle
1982 - Vun drinne noh drusse
1982 - Rockpalast Loreley (DVD)
1983 - BAP Live - Bess Demnähx (Doppel-CD)
1984 - Zwesche Salzjebäck un Bier
1986 - Ahl Männer, aalglatt
1986 - Rockpalast Grugahalle (DVD)
1988 - Da Capo
1990 - X für 'e U
1991 - Affrocke - Live (Doppel-CD)
1993 - Pik Sibbe
1995 - Wahnsinn - Die Hits von 79 bis 95 (Best Of)
1996 - Amerika
1996 - Rockpalast Capitol
1999 - Comics & Pin-Ups
2001 - Aff un zo
2002 - Övverall (DVD, Live Doppel-CD)
2003 - Viel passiert - der BAP Film (DVD)
2004 - Sonx
2004 - Sonx - Der Film (DVD)
2005 - Dreimal Zehn Jahre (DVD)
2006 - Rockpalast Kölnarena
2008 - Radio Pandora

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BAP - Rockpalast 1981-2006 (DVD-Review)


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