Squealer-Rocks.de CD-Review
Russ Ballard - Book Of Love

Genre: Rock
Review vom: 26.10.2006
Redakteur: Eric
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Pop-Rock … das klingt wie „neue Unterschicht“, irgendwie unanständig, und wird mit Sicherheit bei dem Großteil unserer Redakteure den Metaller-Urinstinkt „Renn schnell, renn weit“ hervorrufen. In einer Vielzahl der Fälle rennt der Metalhead dann auch zurecht, aber wenn Russ Ballard ein neues Album an den Start bringt, dann lohnt es sich, erstmal zu verharren und ein Ohr zu riskieren oder zwei.

Ballard himself ist natürlich lebende Legende. 200 (!) Chart-Platzierungen hat der Mann zu verantworten, verrät uns der Promo-Flyer, darunter nicht weniger als 20 Top-Ten-Hits. Und wer Nummern wie „God Gave Rock’n’Roll To You“ (nein, er schrieb den Song nicht für Kiss, hehe) oder „Since You’ve Been Gone“ in seiner Vita stehen hat – jedes weitere Wort überflüssig. Jetzt ist Ballard also zurück, unter eigenem Namen, mit 16 brandneuen Songs und einer Spielzeit von fast 70 Minuten. Und ja, es ist Pop-Rock, ganz ohne Zweifel. Und es ist der Beweis, dass Pop-Rock nicht klebrig-kitschig und massenanbiedernd rüberkommen muss. Ganz im Gegenteil, auch wenn der geneigte Metaller brutales Geriffe auf dieser Scheibe ebenso vergeblich suchen wird wie Double-Bass-Attacken, so zeigt „Book Of Love“ doch, wie die „weiche Grenze“ des Rock tönen kann, wenn sie denn von einem Großen beschritten wird: Mit Gefühl, Tiefgang, Abwechslungsreichtum und einem Übermaß an großen Melodien. „It’s My Life“, „Crazy World“ und „In The Dark“ sind Rocker, die Ballard geschickterweise an den Anfang seiner neuesten Outputs gesetzt hat, zum Großteil präsentiert sich „Book Of Love“ jedoch als ruhiges, fast nachdenkliches Album. Dabei bewegt sich der Brite soundmäßig ganz eindeutig in den Achtzigern, allerdings nicht, ohne ständig neue Spielereien in seine Songs einzubauen. Am Ende des Tages stehen dann 16 Klasse-Songs, jeder einzelne etwas Besonderes und trotz aller Verspieltheit immer lebendig, „echt“ und zu keinem Zeitpunkt steril.

Das Highlight der Scheibe hat sich Meister Ballard jedoch für das Ende der Scheibe aufgehoben. Auf den treibenden, großartigen Rocker „In My Darkest Hour“ folgt mit dem Titelsong nicht mehr und nicht weniger als einer der besten Songs, die mir in diesem Jahr untergekommen sind. Damit nicht genug, schiebt er mit „In To The Light“ gleich noch eine Hymne vor dem Herrn nach, einen Gehörgang-Kraller der gemeinsten Art.

Fazit: Dass Russ Ballard einer der größten Songwriter unserer Zeit ist, steht außer Frage – und es ist dennoch zu befürchten, dass die Masse den von Medien gemachten Retorten-Hits hinterher rennt und „Book Of Love“ im Kommerz-Overkill untergehen wird. Das ist nicht neu und trotzdem traurig, deshalb kann ich euch diese Scheibe nur wärmstens ans Herz legen, wenn ihr neben Geballer auch großartig gemachten Pop-Rock durchgehen lasst, solltet ihr dringend zugreifen. Ich trage mich ernsthaft mit dem Gedanken, eine Pop-Rock-Scheibe in meine Jahres-Top-Ten aufzunehmen, und damit dürfte über die Qualität von „Book Of Love“ alles gesagt sein. Groß!


Tracklist:
1. It’s My Life (Stand In My Shoes)
2. Crazy World
3. In The Dark
4. When You Sleep
5. Love Works In Strange Ways
6. Like Father Like Son
7. Is There Anybody Out There
8. I’m Just Not Made For This World
9. Just Like Me
10. This Is Not A Love Song
11. The Road That Has No Turning
12. In My Darkest Hour
13. Book Of Love
14. In To The Light
15. Wonderful World

DISCOGRAPHY:

1975 - Russ Ballard
1976 - Winning
1979 - At The Third Stroke
1980 - Russ Ballard & The Barnet Dogs
1981 - Into The Fire
1984 - Russ Ballard - 1984
1986 - The Fire Still Burns
1995 - Seer
2006 - The Book Of Love

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