Squealer-Rocks.de CD-Review
Leichenwetter - Legende

Genre: Gothic Rock
Review vom: 02.10.2011
Redakteur: Tina
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Echozone



1996 von Dawe und Numen gegründet, haben sich Leichenwetter die Aufgabe gestellt, die Werke längst verstorbener deutscher Dichter zu vertonen. Und das Ganze sehr eigenwillig, indem sie sie in ein modernes Gewand aus dunklem Metal mit elektronischem und auch orchestralem Einschlag kleiden. Die teils tiefgründigen und immer vielschichtigen Schätze der deutschen Lyrik gewinnen durchaus noch einmal mehr Charme, zumal die Sprache des Schriftgutes durchaus ins Genre passt. Bei etlichen Konzerten als Support u.a. für Doro, Subway to Sally, Megaherz, Tanzwut, The Vision Bleak, Nik Page, The Crüxshadows, Die apokalyptischen Reiter, etc. konnten sie sich eine ständig wachsende, treue Anhängerschaft erspielen.

Insbesondere innerhalb des Gothic Bereiches, wo überwiegend mal Elektro, mal Klassik, mal laut, mal leise, mal Geballer, mal Gejammer, die Vorherrschaft übernehmen, schaffen es nicht so ganz viele Bands, sich vom Einheitsbrei freizustrampeln und innerhalb des Genre ein kleines Exempel zu statuieren.

Leichenwetter haben sich keine musikalische Revolte auf die Fahne geschrieben, sondern eher das Credo, der deutschen Lyrik wieder neues Leben einzuhauchen. Sicherlich nicht total ungewöhnlich und völlig neu, doch die Umsetzung und vor allem die Interpretation des altehrbaren Schriftgutes ist schlichtweg eine Sache für sich.

Vor allem der „Erlkönig“ dürfte allen von uns aus Schulzeiten noch gut bekannt sein – die Vertonung dessen ist wirklich beachtlich, zumal der ganze große Zusammenhang des Albums an der Stelle noch nicht seine volle Wirkung ausgebreitet hat. Was auf den ersten Blick an den Lehrplan des nächsten Schulhalbjahres erinnern mag, entpuppt sich nach und nach als beeindruckende Interpretation, die mich unweigerlich in ihren Bann zieht.

Ein wenig Beklemmung löst der Titel „Die Beschwörung“ von Heine aus. Bereits die ersten Takte und die Stimme von Numen lassen mir kalte Schauer über den Rücken laufen. Die Einspieler von Nachrichten über den sexuellen Missbrauch innerhalb christlicher Einrichtungen, untermalt von bedrückenden, orchestralen Elementen gepaart mit fast schon aggressiven Gitarren ziehen mich unweigerlich in den Bann. Es ist schon fast beängstigend, mit welcher Inbrunst dieser unhaltbare Zustand an den Pranger gestellt wird.

Gesanglich finde ich nicht wirklich was zu nörgeln. Aufgrund seiner Erfahrung weiß Numen sehr wohl mit seiner Stimme umzugehen, die Stimmung aufzufangen und weiterzugeben, Stimmungsbögen zu schlagen. Die Variabilität ist hoch beachtlich und an einigen Stellen ist es fast überraschend, wie Numen die Stücke für sich interpretiert und verschiedenen Lyrics ihr eigenes Leben einhaucht.

Einen Punkt, der mich wirklich unglücklich macht, ist die Coverversion „Out Of The Dark“ von Falko. Dieses Stück lebte und pulsierte nahezu durch den österreichischen Charme des Sängers, der zu früh aus dem Leben schied. Mit diesem Titel wurde immer das Leben und Hinscheiden von Falko verbunden, da sich bis heute die Geister an seinem Tod scheiden. Musikalisch stark am Original orientiert, gesanglich zwar völlig okay, dennoch bleibt für mich ein Störgefühl, was ich nicht wirklich in Worte fassen kann.

Die musikalische Umsetzung ist ein klassisches Konzept der Marke Metal meets Classic mit elektronischen Einflügen. Eine absolut ordentliche und grundsolide Leistung, die orchestralen Einschübe sind pointiert und nicht zu inflationär für diese Art von Musik. Wenn auch an dieser Stelle bemerkt werden darf, dass sich wohl doch so etwas wie Routine eingeschlichen hat, denn an einigen Stellen fehlt mir die totale Hingabe, die völlige Leidenschaft. Die ist nun mal nicht mit großer Theatralik oder gar Pathos aufzuwiegen, wie an einigen Stellen geschehen. Vielleicht auch einfach Ansichtssache.

Unter dem Strich bleibt für mich trotz und alldem ein wirklich starkes Album über.

Fazit:
Definitiv Geschmackssache. Mir gefällt‘s!

Anspieltipps:
Track 6 - Die Beschwörung (Heinrich Heine)
Track 12 – Herbstseele (Georg Trakl)

Tracklist:
1. Anrede (Ernst Stadler)
2. Romanze Zur Nacht (Georg Trakl)
3. Erlkönig (Johann Wolfgang von Goethe)
4. Verklärung (Johann Gottfried von Herder)
5. Chor Der Toten (Conrad Ferdinand Meyer)
6. Die Beschwörung (Heinrich Heine)
7. Abendlied (Ernst Moritz Arndt)
8. Out Of The Dark
9. O Schweig (Clemens Brentano)
10. Betörung (Ernst Stadler)
11. Schwanenlied (Clemens Brentano)
12. Herbstseele (Georg Trakl)

Line-Up:
Numen – vocals
Dawe – guitars
Dr. Bawin – bass
RaweN - drums

DISCOGRAPHY:

1998 – Nachtwerke
2003 - Urworte
2005 – Letzte Worte
2007 – Klage
2010 - Legende


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Leichenwetter - Legende (CD-Review)

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