Squealer-Rocks.de CD-Review
Loriot - Palast der Republik, DDR, 1987

Genre: Humor
Review vom: 14.01.2010
Redakteur: Maddin
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Deutsche Grammophon Literatur



Die Frage darf nicht lauten, ob es in Ordnung ist, eine Loriot CD auf Squealer - Rocks zu besprechen, vielmehr muss sie heißen: "Warum erst jetzt?"!
Wenn es den deutschen Humoristen gibt - wir vermeiden geflissentlich das Wort "Komiker" -, an dem sich ALLE messen müssen -- die wenigen Guten dieses Standes tun das auch - dann ist es ohne den geringsten Zweifel Vicco von Bülow, alias Loriot.
Es gab, gibt und wird niemals wieder eine Person geben, die Humor so dermaßen subtil verbreitet, dabei nahezu jegliches gängige Slapstick - Klischee vermeidet und dennoch so komisch ist, dass einem nur der pure Gedanke an so manchen Sketch die Lachtränen in die Augen treibt, wie der mittlerweile 86-- jährige.

Wie viele seiner Zitate sind mittlerweile in den deutschen Sprachgebrauch integriert?
Wer denkt bei einem schlichten "Ach, was!" nicht an diesen unverwechselbaren Gesichtsausdruck?
Wer ist nicht versucht, beim Skatspiel auf die Frage "Wie heißt er?" mit "Moosbach!" zu antworten oder an der Kino /Theater/ Opernkasse Tickets für "3 Erwachsene und einen Riesenschnauzer" zu ordern?


Weitere unsterbliche Fragmente seiner Klassiker:
"Ich heiße Erwin Lottemann, nee, Lindemann ...";
"Die Ente bleibt drin..."
"Ein Klavier, ein Klavier...!"
"Früher war mehr Lametta..."
"Reiter werden ja immer gebraucht..."
"Mein Name ist Loose und ich kaufe hier ein..."
"Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann...!"
"Dann hab' ich mein Jodeldiplom, dann hab' ich was eigenes..." - die Reihe ließe sich unendlich fortsetzen.
Alles Sätze, die jeder Freund des anspruchsvollen Humors noch auf dem Sterbebett aufsagen kann.
Eine der größten Auszeichnungen (und Loriot bekam sehr, sehr viele!) wurde dem bescheidenen Genie wohl zuteil, als seine "Steinlaus" im medizinischen Nachschlagewerk, dem "Pschyrembel", erwähnt wurde.


Doch der Anlass unseres kleinen Specials ist ein profaner: Es gilt, eine neue CD des Meisters vorzustellen. "Neu" ist natürlich nicht ganz korrekt, aber da Loriot zeitlos ist, relativieren sich solch unwichtige Dinge wie Jahreszahlen.
Die CD ist das Tondokument einer Lesung, die Loriot gemeinsam mit seiner kongenialen - leider mittlerweile verstorbenen - Partnerin Evelyn Hamann in Ost - Berlin 1987 im "Palast der Republik" abhielt.
Wie wohl die meisten von euch habe ich Loriot bisher immer nur visuell wahrgenommen, schließlich ist die unvergleichliche Mimik ein wichtiger Bestandteil seines Humors. "Die Nudel" würde als Hörspiel natürlich nicht funktionieren.
Von daher war ich im Vorfeld höchst skeptisch, was die Wirkung dieser Veröffentlichung betrifft.
Doch, Entwarnung: Die CD ist Pflicht!


Wie schon gesagt, es handelt sich um eine Lesung. So bekommen einige Klassiker eine völlig neue Dimension: Es ist nicht nur erfrischend anders, sondern umwerfend komisch, wenn Evelyn Hamann einen der beiden "Herren im Bad" spricht. Einen weiteren der bekanntesten Geniestreiche bekommen wir ebenfalls in ungewohntem Gewand zu hören: Der Lottogewinner Erwin Lindemann, den man naturgemäß mit der Darbietung von Heinz Meyer verbindet, wird hier von Loriot selbst gesprochen. Einfach herrlich!
Dem Hörspiel - Status entsprechend werden neben den Dialogen stets Beschreibungen wie in einem Drehbuch, bspw. zum Ort der Handlung etc., mit eingeflochten.
Neben den unvermeidlichen Klassikern werden auch Sachen präsentiert, die nicht in jeder "Best Of" - Sammlung vertreten sind.
Es wird mal in höchstem Maße die politische Satire gestreift, wie beim bitterbösen "K 2000", dem "Atombunker für die ganze Familie", doch auch völlig "sinnfreies" (wobei dieser Begriff bei Loriot eine völlig andere Bedeutung bekommt) a la "Sollen Hunde fernsehen?" oder "Marzipankartoffeln" ist an Genialität nicht zu überbieten.
Ein ganzes Drittel des Mitschnitts widmet sich das Duo dem Zusammenleben der Geschlechter, welches nach sprachlichen Irrungen und reichlich Wirrungen mit dem berühmten Satz von Frau Hamann endet: "Männer und Frauen passen einfach nicht zueinander!".


Zumindest diese Beiden passten hervorragend zueinander, denn beim Hören der Aufnahme ereilte mich folgendes Phänomen, das wohl jeder Loriot - Fan kennt
Man verpasst beim "Lottogewinner" - aus welchen Gründen auch immer -- einen einzigen Satz. Was tut man nun, obwohl man die Nummer seit 25 Jahren auswendig kennt?
Richtig, man betätigt die "Skip" - Taste und hört alles noch einmal von vorne.


Holleridudödeldi!
(Nicht: Dudödeldu -- das ist 2. Futur bei Sonnenaufgang).

Tracklist:
1. Begrüßung 0:36
2. Das Frühstücksei 3:16
3. Feierabend 3:23
4. Garderobe 2:27
5. Aufbruch 3:36
6. Geigen und Trompeten 2:42
7. Herren im Band 7:31
8. Schnittbohnen 3:01
9. Bundestagsrede 2:44
10. Autofrei 3:49
11. Marzipankartoffeln 4:37
12. Professor E. Damholzer 3:50
13. Der K 2000 3:51
14. Bayreuther Pausengespräch 1:47
15. Der Jugendfilmer 2:42
16. Festansprache Kulturdezernent (Musik) 4:22
17. Fernsehabend 3:07
18. Tagesthemen 3:24
19. Sollen Hunde fernsehen? 2:29
20. Der Astronaut 3:47
21. Literaturkritik 2:48
22. Englische Ansage (Inhaltsangabe) 4:08
23. Der Lottogewinner 5:01

DISCOGRAPHY:

Sorry, noch keine Discography eingestellt.

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