Squealer-Rocks.de CD-Review
Månegarm - Nattväsen

Genre: Pagan Metal
Review vom: 17.11.2009
Redakteur: Reaper
Veröffentlichung: 19.11.2009
Label: Regain Records



Wer einmal des Nachts durch die ursprüngliche Dunkelheit wanderte, der kennt dieses besondere Gefühl der (Ehr)furcht, die einen ergreift, wenn nichts außer den Gestirnen den Weg, dem man folgt, erhellt. Es ist dies eine urtümliche und doch tief in der menschlichen Seele verankerte Furcht, die sich anders als die Gefahren von Räubern und Dieben ausgehend, die in den finsteren Ecken unserer hellerleuchteten Städte lauern, kaum rational erfassen lässt, denn tief in uns verborgen schlummert das alte Wissen, nicht alleine zu sein in dem Dunkel, das uns einen Blick in die Ewigkeit gewährt, denn sie sind da – einmal verflucht und einmal verehrt – die Wesen der Nacht.
Sie rufen nach euch, ihr müsst nur ihr Rufen erhören und euch auf die Pfade begeben, auf die Månegarm mit ihrem neusten Album „Nattväsen“ einladen.

So schlicht das Cover von „Nattväsen“ auch auf den ersten Blick erscheinen mag, so allumfassend ist doch die Aussage, die in den Runen und dem Bildnis der Schlange verborgen liegt. Verschlungen, wie die Pfade der Nacht, windet sie sich auf schwarzem Grund, bis sie gleich der Midgardschlange in ihren eigenen Schwanz beißt und so Unendlichkeit verheißt. Unter ihrem weitgeöffneten Maul prangt blutrot das Zeichen Månegarms, des Mondhundes: die Runen Madr und Gifu
Erstere steht für einen ausgeglichenen Menschen und seinen Lebensweg, während letztere sowohl für ein Geschenk als auch für Opferbereitschaft stehen kann. Zusammen stehen sie für einen starken und ausgeglichenen Menschen oder eine Gemeinschaft, welche Wissen und Erfahrungen mit anderen teilen und an diese weitergeben.
Eine Einladung in der alten Kunst der Piktographie, die heute längst nicht mehr im Glanze früherer Tage erstrahlt, denn sind wir blind geworden ihrer Botschaft.

Schwungvoll und folklor beschwingt durch den Einsatz von mehrstimmigen Gesangspassagen und Geigen beginnt man in „Mina Fäders Hall“ (dt. meiner Väter Hallen) den Tanz mit dem Tod, der unter stampfenden Blastbeats und Gitarren mächtig an Fahrt aufnimmt, dabei aber nie einseitig wirkt und sich mit jedem Durchlauf tiefer in die Seele brennt. Auch „Nattsjäl, Drömsjäl“ (dt. Nachtseele, Traumseele) besticht durch seine wunderschönen, von Geigen getragene Melodien, die von langsamer Doublebass untermalt werden. Im Mittelteil schwingt sich das Stück zu einem herausragenden, bereits auf CD Live-Charakter versprühenden Mitklatsch- und -singpart auf, der bereits Vorfreude auf eine mögliche Tour weckt.

Månegarm verstehen es gekonnt die harten, teils im Death, teils im Black Metal angesiedelten Stücke mit traumhaften, folkloren Melodien zu verweben, so dass sich eine musikalische Einheit von atemberaubender Stimmungsvielfalt ergibt. So beginnt „Bergagasten“ (dt. der Berggeist) auf akustischen Gitarren, die schließlich in prägnanten, groovigen Gitarren aufgehen und an „Becoming The Eye“ vom letzten Thyrfing Album „Hels Vite“ erinnern. Was den Berggeist jedoch von jenem unterscheidet ist der packende Refrain, wie man ihn bereits aus Liedern wie dem grandiosen „I Underjorden“ vom 2007er Album „Vargstenen“ kennt und in welchem Erik Grawsiö zeigt, dass er auch ein durchaus respektabler Sänger ist.

In eben jene Unterwelt entführt uns nun auch unter den düsteren, melancholisch schönen Klängen der Geige und zumeist dezenten Gitarren sogleich die nächste Nummer, „I Den Svarteste Jord“ (dt. in der schwärzesten Erde), bevor man sich in die frostigen Höhen der nordischen Berge erhebt und auf den Schwingen des Sturmadlers „Hraesvelg“ in mystische Gefilde getragen wird. Schamanentrommeln, wirre Stimmen in Trance, das Rasseln von Ketten und Knochen im Winde… man spürt förmlich die Geister, die um das Feuer schleichen und sich des Schamanen bemächtigen werden.
Unvermittelt bringen die Schwingen des „Fleischverschlingers“ die Wintermacht, „Vetrarmegin“, heran. Das gleichnamige Stück präsentiert sich so rau und schroff wie der Winter selbst und wartet mit einer ordentlichen Portion schwarzmetallischer Härte und Tempo auf.

Der Titeltrack schließlich bewegt sich sehr stimmungsvoll im unteren Midtempo und erinnert dabei stellenweise sogar an Gute-Nacht-Weisen, so traumhaft sind die Melodien, sowohl von den Instrumenten als auch dem von Erik in typisch rauer Weise gesungenen Refrain. So stimmt „Nattväsen“ auf den grandiosen Abschluss des Albums ein, denn dieser wird von einer Nummer markiert, wie sie so auch auf „Urminnes Hävd“, dem außergewöhnlichen Akustikalbum Månegarms, hätte einen wohlverdienten Platz finden können. Als einziges Wort verbleibt die Morgendämmerung, „Delling“, als atemberaubend zu bezeichnen.

Fazit: Bange stellte man sich als Fan der schwedischen Pagan Metaller die Frage, ob man solch großartige Alben wie „Vargstenen“ oder „Urminnes Hävd“ noch einmal übertreffen könne. „Nattväsen“ klingt an manchen Stellen härter als seine beiden Vorgänger und doch verlieren die Schweden zu keiner Zeit die liedtragenden Melodien aus den Augen, die ihre Musik auszeichnen. Erik Grawsiö sagte einmal, dies sei wahrer Pagan Metal, und wie schon damals kann man diese Aussage so unterschreiben.


Tracklist:
1. Mina Fäders Hall
2. Nattsjäll, Drömsjäl
3. Bergagasten
4. I Den Svartaste Jord
5. Hraesvelg
6. Vetrarmegin
7. Draugen
8. Nattväsen
9. Delling

Anspieltipps: Mina Fäders Hall, Bergagasten, I Den Svartaste Jord, Delling

Line-Up:
Erik Grawsiö – Gesang, Schlagzeug
Markus Andé – Gitarre
Jonas "Rune" Almquist – Gitarre
Pierre Wilhelmsson – Bass
Janne Liljeqvist – Geige, Flöte, Cello

DISCOGRAPHY:

1996 - Vargaresa
1997 - Ur Nattvindar
1998 - Nordstjärnans Tidsålder
2000 - Havets Vargar
2003 - Dödsfärd
2004 - Vargaresa – The Beginning
2005 - Vredens Tid
2006 - Urminnes Hävd (The Forest Sessions)
2007 - Vargstenen
2009 - Nattväsen


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