Squealer-Rocks.de CD-Review
Long Distance Calling - Avoid the Light

Genre: New Art Rock / Post Rock
Review vom: 23.04.2009
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 24.04.2009
Label: Inside Out



Long Distance Calling kann man zur Zeit kaum entgehen. In nahezu jedem Print- oder Online Medium werden die Münsteraner als die neuen Heilsbringer intelligenter Musik in den Himmel gelobt . Nun könnte man natürlich ketzerisch sein und behaupten, dass heutzutage eh alles abgefeiert wird, was sich irgendwie in die Schublade New Art Rock / Post Rock quetschen lässt.
Doch schon alleine der Umstand, dass Long Distance Calling fast ausschließlich instrumental musizieren, sollte dem skeptischen, Hype – geschädigten Hörer die nötige Aufmerksamkeit abringen. Bereuen dürfte dies niemand.

Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass „Avoid the Light“ längst nicht überall und auch nicht jeden Tag funktioniert. Nicht über die Brüllwürfel am PC, nicht beim Frühjahrsputz und schon gar in feucht – fröhlicher Runde.
Die Musik des Fünfers erfordert eine adäquate Akustik und auch die Gemütslage des Konsumenten muss entsprechend sein. Weniger kompliziert ausgedrückt: Zurücklehnen und Geniessen.

Wer zunächst am Unterhaltungswert von 12 – minütigen Werken ohne Gesang zweifelt, wird sich bereits nach dem Opener „Apparitions“ wundern, wie schnell eben diese doch vergehen können. Und alles ganz ohne selbstverliebte Frickeleien und ohne ein einziges Mal zu denken „wie lange noch?“. Der Wechsel zwischen Harmonie und Aggression, Zartheit und Härte gelingt der Band wunderbar und erzeugt einen fesselnden Spannungsaufbau. Der Track ist eine reine Seelenmassage, ein Soundtrack zu einem Film, den sich jeder selbst ausdenkt. Zum „Wegfliegen“ benötigt man keine Drogen, der richtig gute Stoff kommt aus dem Kopfhörer!

Etwas handfester, mit starken Metal Elementen, kommen die „Black Paper Planes“ daher. Das – ohnehin grandiose – Spiel von Drummer Janosch Rathmer setzt hier deutliche Akzente und fungiert beinahe als Hauptdarsteller. Wobei: es ist generell faszinierend, wie sehr Long Distance Calling als Einheit funktionieren. Gitarrensoli muss man mit der Lupe suchen und selten hatte die Floskel „es klingt wie aus einem Guss“ eine solche Berechtigung.
„359°“ ist wieder etwas getragener und besitzt dezenten Pink Floyd Charme.
„I Know You, Stanley Milgram!“ ist mit brachialen und psychedelischen Parts gespickt, kriegt jedoch immer genau zum richtigen Zeitpunkt die Kurve und versorgt uns mit fantastischen Harmonien und einer satten Portion Bombast. Zack! Wieder sind 10 Minuten vorbei ohne dass man es irgendwie gemerkt hätte.

Der Exot des Albums ist „The Nearing Grave“; Exot deshalb, weil es hier Gesang zu hören gibt. Am Mikro steht Jonas Renske von Katatonia, der zweifellos zu den Guten seiner Zunft gehört. Dennoch wirkt gerade dieses Stück deplatziert. Die Nummer ist einfach zu gewöhnlich, es fehlt die Magie. Zudem lässt die Produktion etwas zu wünschen übrig, klingt etwas übersteuert.
Beim finalen „Sundown Highway“ ist der Sound wieder perfekt und die Magie ist auch zurück.
Nach einem ruhigen, aber dennoch verstörenden Beginn gibt’s richtig was auf die Glocke. Mit ein bisschen Fantasie lassen sich sogar Parallelen zu Lake Of Tears erkennen. Tolles Finale.

Ich stimme aus voller Kehle in die Lobeshymnen mit ein. Long Distance Calling schaffen es, Geschichten auch ohne Text zu erzählen und nehmen den Hörer mit auf eine Reise in eine andere Welt. Kaum zu glauben, wie abwechslungsreich instrumentale Mucke doch sein kann.

Tracklist:
01. Apparitions
02. Black Paper Planes
03. 359°
04. I Know You, Stanley Milgram!
05. The Nearing Grave [feat. Jonas Renkse]
06. Sundown Highway

Line Up:
David Jordan – Guitar
Janosch Rathmer – Drums
Florian Füntmann – Guitar
Jan Hoffmann – Bass
Reimut van Bonn – Ambience

DISCOGRAPHY:

2007 - Satellite Bay
2009 - Avoid the Light

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