Squealer-Rocks.de CD-Review
Klaus Lage - Beste Lage

Genre: Deutsch - Rock
Review vom: 30.08.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlic
Label: EMI



Was haben eigentlich Billy Joel und Klaus Lage gemeinsam? Nun, auf den ersten Blick gibt es wohl kaum Ähnlichkeiten, doch beim berühmten zweiten Hinschauen / Hinhören erkennt man eine ganze Menge Gemeinsamkeiten:
Beide sind grandiose Songwriter, halten stets die Waage zwischen Rock und Balladen, gehören zu den wenigen ihrer Zunft, die Qualität und Erfolg verknüpfen konnten und - irgendwie muss ich ja die Kurve hin zu unserer Seite kriegen – beide sind eigentlich kein Thema für ein Hardrock / Metal Webzine, werden aber dennoch hier review – technisch bedacht.
Denn beide gehören auch zu den Künstlern, denen jeder Fan der harten Klänge zumindest mit Anerkennung gegenüber steht und großmütig sagt: „Jau, der hat schon ein paar geile Songs drauf!“
So – damit ist die Rechtfertigung erledigt, setzen wir also an zur offiziellen Lobhudelei auf den besten aller Deutsch - Rocker.


Seit gut 28 Jahren im Geschäft legt Klaus Lage erst jetzt ein höchst überfälliges Best Of Album vor, dazu noch eins, das diesen Titel auch wirklich verdient.
Apropos Titel: Selten habe ich so eine tolle Assoziation zwischen Cover, Künstlername und Titel gesehen. Die Liebe zum Detail beschränkt sich aber nicht nur auf das Bild für die Werbeplakate, sie prägt diese Doppel CD und macht sie von daher zu einem wirklich wichtigen Bestandteil in Herrn Lages Discographie.
Der weisse Mann mit der schwarzen Blues Stimme legt deshalb auch Wert auf die Tatsache, das die Zusammenstellung von ihm höchstpersönlich vorgenommen wurde.

Die erste Silberscheibe enthält u.a. alle großen Charterfolge des ehemaligen Sozialarbeiters und sorgt für den wohligen „Ach ja, das hat der ja auch gesungen“ - Effekt.
Ob es das grandiose „Monopoly“ ist, dessen 80er Jahre Polemik auch heute noch, bzw., schon wieder hochaktuell ist, der „Schimmi“ Soundtrack „Faust auf Faust“ oder der Mega Hit „1000 und 1 Nacht“ : alles Klopper, die wir auf einer Party zwischen Maiden und Priest gerne und laut mitbrüllen.
In der Reihe seiner Hits darf natürlich „Mit meinen Augen“ nicht fehlen, Klaus' erster bundesweiter Radio Einsatz aus dem Jahr 1983, und trotz rockiger Ausrichtung textlich wohl auch eins der schönsten Liebeslieder aller Zeiten. Allerdings nur knapp vor dem unwiderstehlichen „Schweissperlen“, dessen wuchtige Produktion selbst ein „November Rain“ im Regen stehen lässt.

Nun gibt es aber auch auf CD No. 1 schon einiges an weniger radiotauglichen Sachen zu vermelden, was nicht nur lobenswert ist, sondern auch dem Hörvergnügen zu Gute kommt.
Sei es der „Humble Stance“ (Saga) Tribut „Komm, Halt mich fest“ oder das tolle „Der alte Wolf“, das seinerzeit von Hildegard Knef schon mit rauchigem Flair intoniert wurde.
Für Coverversionen hat der wuchtige Barde mit der getönten Brille ohnehin ein glückliches Händchen. Seine Adaption von Joan Osbornes „One Of Us ..“ ist schlicht brillant. „Was, wenn Gott ein Berber wär“ ? Ein Gedanke, der in dieser wunderschönen Liedform mehr zu Tränen rührt, als jede noch so pathetische Liebesschnulze.
Keine Tränen, sondern Schweissperlen (!) verursacht dagegen die Live Version des Janis Joplin Klassikers „Mercedes Benz“. Ein Mann, SEIN Publikum und SEINE Stimme – sonst nix!
Zeig' mir einen Menschen, mit einem Funken Rock'n'Roll im Blut, der hier nicht mitsingt.

Der Oldie ist auf CD 2 ganz am Ende zu finden und überhaupt ist dieser Teil der Retrospektive der wesentlich interessantere. Hier stehen Klaus Lages persönliche Lieblingssongs oder zumindest die, die man in gut 78 Minuten unterbringen konnte.
Zu Beginn gibt’s aber zunächst mal brandneues Material des kommenden Albums.
Das ruhige, mit Sprechgesang versehene „Lila Kuh“ ist dabei ein absoluter Hammer. Spätestens beim dritten Hören, wenn man den tollen Text über die allmächtige Blödkultur richtig für sich vereinnahmt hat, wird man süchtig nach dem Stück. Der zweite neue Track, „Krempel“, ist zwar nett, kann aber mit dem Rest nicht ganz mithalten. Der ist nämlich hochkarätig.
Der Übersong schlechthin ist hierbei zweifelsohne „Fang neu an“ , das auch schon 25 Jahre auf dem rockigen Buckel hat. Diese stark zum epischen Hardrock tendierende Nummer ist nicht nur wegen der enormen Emotionalität und Härte mitreissend, man fragt sich auch, wie die damals solch einen wuchtigen Sound hinbekommen haben, wo heute mit dem Vielfachen an technischen Möglichkeiten lediglich „Blech“ erzeugt wird.
Richtig schön rockig ist auch das „Bankgeheimnis“, incl. Text für uns „kleine Leute“.

Daneben macht sich das textlich ähnlich gestrickte „C'est La Vie“ wunderbar. Schunkeln zum Untergang heisst hier die Devise. Der Galgenhumor des Lebens a la Lage. Fantastisch!
Zum Mitwippen lädt dann auch „La Ola“ ein. Der vertonte Beweis, dass man auch Hymnen für die Fan - Kurve machen kann, ohne sich in plumpen „Titten – und Ballern“ Lyrics zu üben.
Nochmal: Fantastisch!
Das dritte „fantastisch“ kassiert der „Verdammte(r) Kerl“. Wieder ist man den Tränen verdammt nahe, wenn Klaus über einen alten Freund singt, der nicht mehr da ist, weil „...uns der Sensenmann verkohlt hat...“. Verdammter Song, macht mich total rührselig...
Ich reisse mich jedoch zusammen, denn ein ganz großes Highlight muss in jedem Fall noch erwähnt werden und das heisst „Weil Du anders bist“.
Das Duett mit Irene Grandi erreicht locker Meat Loaf Niveau. Eine ergreifende Mini Oper mit so viel Pathos, dass der Kopfhörer fast schmilzt. Gaaaanz großes Kino!

So, damit hätten wir die tolle Werkschau des Herrn Lage einigermaßen dokumentiert. Gut, das düstere „Wie ein Stein“, das schon fast in den Gothic - Bereich geht, sollte noch Erwähnung finden oder das lustige „Bukowski“ oder...oder...oder... .

Über 150 Minuten Spieldauer, 38 Songs, zum Preis einer normalen CD. Dieser Fakt sollte letzte Zweifel ausräumen, ob das Teil, notwendig ist.
Glaubt mir: tut Euch mal was Gutes und zieht Euch 2,5 Stunden Klaus Lage rein; lässt die Seele und das allgemeine Wohlbefinden geradezu jubilieren.

Tracklist:
01 Monopoli
02 1001 Nacht
03 Stille Wasser
04 Faust auf Faust
05 Zurück zu Dir
06 Nie wieder Kind
07 Mit meinen Augen
08 Die Liebe bleibt
09 Eifersucht
10 Schweißperlen
11 Wieder zuhaus
12 Steig nicht aus
13 Dein Gang
14 Komm, halt mich fest
15 Regenbogen
16 Was wenn Gott
17 Der alte Wolf
18 Zug um Zug
19 Du hast'n Freund in mir

Disc 2:
01 Lila Kuh
02 Krempel
03 50
04 Verdammter Kerl
05 Bankgeheimnis
06 Weil Du anders bist - Duett mit Irene Grandi
07 Wie ein Stein
08 La Ola
09 C'est La Vie
10 Gestern
11 Halt aus
12 Bukowski
13 Fang neu an
14 Deins und meins
15 Du und der Blues 1
6 Hartes Pflaster
17 Taxi
18 Transit
19 Mercedes Benz

DISCOGRAPHY:

1980 - Die Musikmaschine
1982 - Positiv
1983 - Stadtstreicher
1984 - Schweissperlen
1985 - Heisse Spuren
1986 - Mit meinen Augen, Live
1987 - Amtlich
1989 - Rauhe Bilder
1991 - Lieben und Lügen
1992 - Lachen in Reserve
1994 - Katz und Maus
1999 - Live zu zweit
2000 - Mensch bleiben
2003 - Die Welt ist schön
2007 - Zug um Zug
2008 - Beste Lage
2008 - Nah und wichtig

SQUEALER-ROCKS Links:

Klaus Lage - Beste Lage (CD-Review)
Klaus Lage - Nah und Wichtig (CD-Review)

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