Squealer-Rocks.de CD-Review
Disillusion - Gloria

Genre: Progressive Rock/Metal
Review vom: 20.10.2006
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Auf Genrefestlegungen, Klischees und Gewohnheiten hat das Leipziger Trio Schmidt/Barthel/ Maluschka, das seit dem Jahre 1994 zusammen unter dem Banner Disillusion musiziert und seit 2004 auch hochkarätige Alben veröffentlicht, noch nie einen großen Wert gelegt. So auch im Jahre 2006, in dem man mit dem elf songstarken Album GLORIA den äußerst geachteten Vorgänger BACK TO TIMES OF SPLENDOR (2004) gerne übertreffen möchte. Immerhin, bei einer von Pop bis Death Metal reichenden Spanne braucht man wenigstens keine Konkurrenz fürchten. Also, nichts wie rein ins verschachtelte und unbequeme Vergnügen!

Dieses Vergnügen gestaltet und zieht sich in die Länge wie ein Rittermahl mit allem Pipapo. Von allem gibt es nur das beste und das verbindet sich ausgiebigst zu einem einerseits schwergewichtigen, schwerverdaulichen, aber andererseits auch leichtfüßigen Gebräu edelster Klangsphären. Ob straighte Gitarrenattacken, Killerschlagzeugspiel, seichter Pop, paralysierende und in „gothischer“ Dunkelheit wandernde Melodien, Elektro-Frickeleien, Orchestral-Epen, Techno-Beats, munter eingängige Teilstücke, vertrackte und komplizierte Verknüpfungen, Grooves, schwebende und befreite, die Lasten ablegende Parts oder gar Death Metal Ausflüge, auf GLORIA weidet alles im fröhlichen Einklang, was sich auch nur irgendwie in den Stücken unterbringen lässt. Dies gilt nicht nur für das etwa 50-minütige GLORIA als Gesamtwerk, sondern ebenso für die, meist weit über der Vier-Minuten-Grenze bleibenden, krachenden und ausgeladenen Nummern, die geradezu von ihrer Vielschichtigkeit leben. Dieser Varietät passen sich unweigerlich auch Schmidts Stimmlagen an, die sowohl in rappigen als auch in düsteren, sterilen, sanften oder wilden Gefilden beheimatet sind – um nur einige wenige Gestalten seines nahezu grenzenlos erscheinenden Repertoires zu nennen.

Das zu technoide „Aerophobic“, welches als einziges zu viel des Guten ist, kompensiert die Band a.) mit einer, wie man es von Metal Blade Veröffentlichungen nicht anders kennt, exzellenten Produktion und b.) mit stimmigen, von einer außergewöhnlichen, bedeckten, aber deutlich spürbaren Atmosphäre umgebenen Kompositionen wie „The Black Sea“, „Dread It“ und „Avalanche“, den aufkommenden Stürmen in „Don't Go Any Further“ und „The Hole We Are In“, dem, in den Strophen an Headcrash verweisenden, Titeltrack, dem prägnanten Elektro Pop Song „Save The Past“ oder dem tief reingehenden und schwerelosen „Untiefen“, dem absoluten Highlight der Platte.

Fazit: Wer der Auffassung war, dass BACK TO TIMES OF SPLENDOR bereits alle Karten von Disillusion offen gelegt hat, wird mit der zweiten Langgrille eines besseren belehrt. So schnell haben Disillusion noch nicht alles gesagt, was es in der großen weiten Welt der progressiven Musik zu sagen gibt. Mit GLORIA toppen sich die drei selbst und zelebrieren eine Form des Progressive Rocks, die der Grunddefinition gleichkommt: Progression, progressiv = Fortschritt, etwas Neues kreieren. Genau das tun Disillusion.
Man darf gespannt sein, wie lange es dauern wird, bis der erste Disillusion Klon aus dem Boden gestampft wird. Solange dem nicht so ist, mache ich zu diesem Schmaus ein gepflegtes Pils auf... oder doch eine Flasche Spätburgunder?

VÖ: 20. Oktober 2006

Tracklist:
1. The Black Sea
2. Dread It
3. Don't Go Any Further
4. Avalanche
5. Gloria
6. Aerophobic
7. The Hole We Are In
8. Save The Past
9. Lava
10. Too Many Broken Cease Fires
11. Untiefen

Anspieltipps: Dread It, The Hole We Are In, Save The Past, Untiefen

Band Line-Up:
Schmidt – Gesang, Gitarre
Barthel – Gitarre
Maluschka – Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2001 – Three Neuron Kings (Demo)
2002 – The Porter (Demo)
2004 – Back To Times Of Splendor
2006 – Gloria

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Disillusion - Gloria (CD-Review)

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